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Krankenversicherung und Gold im Mittelpunkt

Zur Eindämmung der Kosten im Gesundheitswesen ist noch keine Lösung in Sicht. Keystone

Die Revision der Krankenversicherung und die Verteilung des "Goldschatzes" sind die herausragenden Themen der Herbstsession.

Die Sitzung der beiden Parlamentskammern beginnt am Montag im Bundeshaus in Bern und dauert drei Wochen.

Ein erstes Paket zur KVG-Revision ist in beiden Räten traktandiert. Das “Tempo Couchepin” wurde bereits in den Kommissionen gedrosselt: Die Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Kassen und Ärzten soll erst in einem zweiten Paket behandelt werden, was eine Verlängerung des heutigen Ärzte-Zulassungsstopps nötig macht.

Kinder gratis?

Besonders umstritten ist das System der Prämienverbilligung. Die definitiven Kommissionsanträge stehen noch aus. Statt des von den Kantonen bekämpften “Sozialziels”, das die Prämienbelastung der Haushalte landesweit auf 2 bis 12% des Einkommens begrenzt, prüft die Ständerats-Kommission die Übernahme der Kinderprämien für Familien bis zu einem bestimmten Einkommen durch den Bund.

Einer Erhöhung des Patienten-Selbstbehalts von 10 auf 20% hat die gleiche Kommission zugestimmt. Die Nationalrats-Kommission hat diesen Punkt auf die nächste Etappe vertagt.

Kaum bestritten sind die Verlängerung des Risikoausgleichs unter den Kassen, die Übergangs-Regelungen zur Spital- und Pflegefinanzierung und die Einführung einer Versichertenkarte.

Goldsegen für Kantone statt AHV

Im Ständerat wird das Gold die Zungen lösen. Die Kommission geht auf Konfrontation zum Nationalrat, der die Zinsen von jährlich rund 500 Millionen auf dem Verkaufserlös der 1300 Tonnen überschüssiger Nationalbank-Goldreserven während 30 Jahren zu zwei Dritteln der Altersvorsorge AHV und zu einem Drittel den Kantonen zuweisen will.

Sie schlägt vor, die rund 20 Milliarden zu zwei Dritteln den Kantonen und zu einem Drittel dem Bund auszuschütten, was dem Schlüssel für die ordentlichen SNB-Reingewinne entspricht.

Der Bundesrat will das Gleiche nur mit den Zinsen tun und wie der Nationalrat die Substanz des Goldschatzes erhalten. Dazu wäre eine Verfassungsänderung nötig.

Auch bei den Gewinnen der Nationalbank will die Ständerats-Kommission den Besitzstand der Kantone wahren. Sie bekämpft die linke Volksinitative, welche die jährlich rund 3 Milliarden bis auf eine fixe Milliarde für die Kantone ausschliesslich der AHV reservieren möchte.

Nichts wissen will sie aber auch vom Gegenvorschlag des Nationalrates für eine hälftige Aufteilung auf Kantone und AHV.

Rüstungsprogramm gestutzt

Vorbei sind die Zeiten, in denen Rüstungsprogramme vom Parlament problemlos durchgewinkt wurden. Die Sicherheitspolitische Kommission beantragt dem Ständerat, den Kauf von 12 Geniepanzern warten zu lassen, bis Klarheit über die Armeeaufträge besteht.

Das RP 04 magert so um 129 auf 518 Millionen ab. Die ebenfalls umstrittenen neuen Transportflugzeuge sollen auf dem Einkaufszettel bleiben.

Den Vortritt hat der Ständerat bei der Teilrevision des Tierschutzgesetzes. Dieses gilt – von der Kommission noch etwas verschärft – als valabler Gegenvorschlag zur Volksinitative “Tierschutz Ja!”, die lückenhaft und vor allem wegen Importverboten (z.B. für Koscherfleisch) problematisch ist.

Fachhochschulen und Schweiz Tourismus

Der Nationalrat nimmt sich als zweite Kammer die Revision des Fachhochschulgesetzes mit der Integration der Bereiche Gesundheit, soziale Arbeit und Kunst vor.

Im Gegensatz zum Erstrat hält seine Kommission daran fest, dass Inhaber einer gymnasialen Matur das Praktikum bereits vor der Aufnahme des Studiums absolvieren müssen. Ansonsten sind nicht viele Differenzen zu erwarten.

Strittig ist, wie viel Bundesgeld Schweiz Tourismus erhalten soll. Der Ständerat hat – grosszügiger als der Bundesrat- für 2005 bis 2009 jährlich 46 statt 40 Millionen gesprochen.

Die Nationalratskommission dagegen erwartet ein umfassendes Konzept der Landeswerbung und will vorerst nur je 40 Millionen für drei Jahre bewilligen.

Bei der Zusammenarbeit mit den Ländern Osteuropas dürfte sich die grosse Kammer der kleinen anschliessen. Bevor der Schweizer Beitrag an die EU-Kohäsion geregelt ist und eine neue Finanzierungsgrundlage geschaffen wird, soll der auslaufende Rahmenkredit um zwei Jahre erstreckt und um 400 Millionen aufgestockt werden.

In zwei Jahren im Bünderland

Zweimal haben die Räte bisher “extra muros” getagt – 1993 in Genf und 2001 in Lugano. Wenn beide Kammern in dieser Session zustimmen, zügelt das Parlament für die Herbstsession 2006 auch noch ins romanische Sprachgebiet, nämlich nach Flims.

swissinfo und Agenturen

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