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Kultur-Abkommen zwischen Schweiz und Italien

Bundesrat Pascal Couchepin empfängt den italienischen Amtskollegen Francesco Rutelli.

Locarno steht derzeit nicht nur im Zeichen der Kultur, sondern auch der Politik. Bundesrat Pascal Couchepin hat am Samstag den italienischen Vizepremierminister Francesco Rutelli getroffen.

Die beiden Kulturminister haben zwei kulturelle Vereinbarungen in Kraft gesetzt betreffend Zugang zu staatlichen Kulturinstitutionen und Film-Koproduktionen. Gegen Abend traf Rutelli Micheline Calmy-Rey.

Buchstäblich umzingelt von Journalisten hat Francesco Rutelli, der italienische Kulturminister und Vizepräsident des Ministerrats, in Locarno einige Schritte auf der Piazza Grande gemacht.

Dies, bevor er sich mit seinem Schweizer Amtskollegen Pascal Couchepin zu einem lockeren und freundschaftlichen Treffen zusammensetzte.

“Die Piazza Grande? Einer der schönsten Plätze Europas”, sagte Rutelli auf die Frage von swissinfo. “Und ich bin besonders erfreut, hier zu sein.”

Nach dem Treffen betonte Couchepin, “die Schweiz und Italien haben die Zusammenarbeit im kulturellen Bereich verstärkt”. Er erwähnte namentlich das Abkommen über die Rückführung von Kulturgütern, das nächstens in Kraft gesetzt wird.

Rutelli: “Freundschaftsgeste”

Die neue “Vereinbarung über den Zugang zu den staatlichen Kulturinstitutionen” verschafft Schweizer Bürgern beim Eintritt in öffentliche Museen, Galerien, Ausgrabungsstätten oder ähnliche Einrichtungen in Italien dieselben Vergünstigungen wie EU-Bürgern, wie die beiden Minister nach dem Treffen erklärten.

Personen unter 18 und über 65 Jahren geniessen in den öffentlichen Kulturinstitutionen Italiens deshalb ab sofort freien Eintritt. Personen zwischen 18 und 25 Jahren bezahlen den halben Preis.

Zu den öffentlichen Kulturinstitutionen Italiens gehören über 100 archäologische und historische Museen sowie Kunstgalerien wie die Uffizien in Florenz, Ausgrabungsstätten wie Herculaneum oder Pompeji, Burgen und Kirchen wie das Castel del Monte sowie Parks wie der Giardino di Boboli in Florenz.

Rutelli nannte die Vereinbarung mit der Schweiz eine “Freundschaftsgeste”. Überhaupt bestünden zwischen der Schweiz und Italien “perfekte und beste Beziehungen”. In der Schweiz ist eine Differenzierung der Eintrittspreise in Museen nach dem Herkunftsland nicht üblich.

Film-Koproduktionsabkommen

Als zweite Vereinbarung haben die beiden Kulturminister, beide auch Vizepräsidenten ihrer Regierungen, ein neues Koproduktions-Abkommen im Bereich Film in Kraft gesetzt.

Das Abkommen intensiviere die Zusammenarbeit im Filmbereich zwischen der Schweiz und Italien, erklärten sie.

Die beiden neuen Vereinbarungen sind das Ergebnis eines Arbeitstreffens zwischen Couchepin und Rutelli im Oktober 2006 in Rom.

“Mit Couchepin sind die Verträge solid und wir können nun die Promotion der italienischen Sprache in der Schweiz intensivieren”, betonte Rutelli. “Hier in Locarno zu sein ist nicht nur eine Freundschaftsgeste, sondern auch ein Zeichen, dass es sehr gut um unsere Beziehungen steht.”

Gemeinsame Wurzeln mit Italien

Rutelli wies bei den Gesprächen aber auch auf offene Baustellen im Kulturbereich hin: “Wir möchten eine Zusammenarbeit anstrengen mit dem Ziel, die Leistungen grosser Tessiner in der weltweiten Architektur richtigzustellen. Diese werden in der Welt immer als Italiener wahrgenommen, doch den Anspruch auf sie haben die Schweiz und das Tessin.”

Später am Nachmittag traf der Italiener auch noch Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey. Laut ihrem Pressesprecher fand das Treffen in einem angenehmen und konstruktiven Klima statt. Thema waren die internationale Politik und Kosovo.

Die Piazza

Von swissinfo auf seinen Eindruck von Locarno angesprochen, sagte Rutelli lächelnd: “Die Piazza fasziniert mich. Denn sie ist ein Musterbeispiel des Mittelalters und der italienischen Renaissance. Ein Ort des Zusammenlabens, des Dialogs, der Begegnung, der Freundschaft, der Toleranz, des sozialen und zivilen Wohlstands.”

swissinfo, Françoise Gehring, Locarno
(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

Italien ist nach Deutschland und vor Frankreich der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz.
Von Januar bis November 2006 exportierte die Schweiz Güter im Umfang von 14,9 Mrd. Fr. nach Italien, hauptsächlich chemische und pharmazeutische Produkte, Maschinen und Elektrizität.
Italien exportierte im gleichen Zeitraum Güter im Umfang von 17,3 Mrd. Fr. in die Schweiz, namentlich pharmazeutische Produkte, Maschinen, Textilien und Kleidung, Landwirtschafts-Produkte sowie Lebensmittel.

Ein dichtes Vertragsnetz regelt die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Italien. Allein in den letzten paar Jahren traten mehrere wichtige Verträge in Kraft: Vertrag über die Kooperation der Polizei- und Zollbehörden (2000), Vertrag über die Rechtshilfe in Strafsachen (2003), Vertrag über die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit (2006).

Im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gründete der Kanton Tessin zusammen mit angrenzenden italienischen Provinzen 1995 die “Regio Insubrica”.

Wichtig für den kulturellen Austausch sind das Schweizer Institut in Rom (gegründet 1947), das “Centro culturale svizzero” in Mailand (1997), der “Spazio culturale svizzero” in Venedig (2002) und das “Centro di studi italiani” in Zürich (1950).

In der Schweiz entstanden zudem zahlreiche Sektionen der “Società Dante Alighieri”. 1986 wurde die schweizerisch-italienische beratende Kulturkommission (“Consulta”) geschaffen.

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