Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Für einen “glaubhaften” Schweizer Spitzensport

Die Schweizer Skilegende Bernhard Russi mit Nachwuchsathleten. Keystone

Nach einer Interpellation des Aargauer Ständerats Maximilian Reimann will die Schweizer Regierung in Sachen Spitzensport vorwärts machen.

Der Bundesrat anerkennt die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft und das Bild der Schweiz. Besonders wichtig sei die Nachwuchsförderung.

Anlass für Reimanns Interpellation war das eher unterdurchschnittliche Abschneiden der Schweizer Spitzensportler bei den Olympischen Spielen in Athen. Er sprach dabei von einem “Rückfall des schweizerischen Spitzensportes ins internationale Mittelmass”.

Trend nach unten stoppen

Der Ständerat der Schweizerischen Volkspartei (SVP) bezeichnete die Missstände als “offensichtlich”. Er erinnerte daran, dass die Schweizer Delegation ihre Ziele nur teilweise erreicht hatte. So sei die Erfolgsbilanz der Schweiz schlechter als die von Ländern wie beispielsweise Ungarn, Norwegen, Schweden, Griechenland oder Österreich.

“Ich wollte vom Bundesrat wissen, ob der Schweizer Spitzensport in der Weltrangliste zurückgefallen ist. Und ob er Vorschläge hat, wie man diesen Trend nach unten stoppen kann”, sagte Reimann gegenüber swissinfo.

Konkret verlangte Reimann von der Regierung Auskunft in verschiedenen Punkten. So beispielsweise zur Frage, ob die Sparpolitik des Bundes bei der Förderung des Jugendsportes die künftige Erfolgsbilanz des Spitzensportes noch weiter beeinträchtigen könnte.

Bundesrat gibt Ball weiter

Reimann hat die Antwort des Bundesrates letzte Woche erhalten. Die Regierung betonte die zunehmende gesellschaftliche Bedeutung des Sports, die “sicher einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Image eines Landes” habe.

Doch sie erinnerte daran: “Spitzensportliche Erfolge stehen gemäss aktuellem gesellschaftlichem Verständnis in der Schweiz nicht primär in der Verantwortung des Staates, sondern der nationalen Sportverbände.”

Der Bundesrat sei daher gewillt, die im sportpolitischen Konzept für 2003 bis 2006 vorgesehenen Förderungsmassnahmen weiterhin zu unterstützen.

“Ich bin weitgehend zufrieden mit der Antwort des Bundesrats”, erklärte Reimann. “Er sprach sich ganz klar für verstärkte Nachwuchsförderung und Beihilfe zu nationalen Sportstätten aus. Und das alles mit den bestehenden Mitteln.”

Für Sportminister Samuel Schmid, der sich am letzten Wochenende anlässlich des traditionellen “Magglinger-Tages” äusserte, ist das seit zwei Jahren umgesetzte Sportkonzept des Bundesrates auf gutem Weg.

Zusammen mit dem Dachverband Swiss Olympic, der Eidgenössischen Sportkommission, den Kantonen und der Schweizer Sporthilfe sei es gelungen, klare Ziele gemeinsam anzustreben, die Kräfte zu bündeln und damit Synergien zu schaffen.

Strukturwechsel?

Doch geht dieses Konzept wirklich weiter, als nur die Anzahl der “Bewegungsmuffel” in der Schweiz zu reduzieren? Genügen die 10 Mio. Franken pro Jahr, um 5000 sportliche Hoffnungsträgerinnen und –träger in den geplanten Talentschmieden auszubilden?

Fakt ist, dass der Schweizer Spitzensport finanziell nicht auf Rosen gebettet ist. Marco Blatter, Direktor von Swiss Olympic, der Dachorganisation des Schweizer Sports, bestätigt dies zum Teil.

“Im Vergleich zu den umliegenden Ländern stellt die Schweiz dem Spitzensport genügend Geld zur Verfügung. Das Problem liegt vermutlich bei der Verteilung.”

In der Schweiz überweist die Dachorganisation vom Geld, welches sie erhält, nur um die 20 Mio. Franken an den Spitzensport. Der Rest wird an die Kantone aisgeschüttet, die ihrerseits verschiedenste kantonale Sportverbände subventionieren.

Die Verbände müssen sich danach um Sponsoren kümmern. Und nur die Grössten schaffen es, schwarze Zahlen zu schreiben.

“Wenn wir dem Schweizer Spitzensport wirklich einen Ruck geben wollen, müssten wir zweifellos das ganze System der Sportförderung im Land in Frage stellen”, schliesst Blatter.

swissinfo, Matthias Froidevaux
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

Die Schweiz hatte in Athen fünf Medaillen gewonnen, weniger als erwartet:
– Gold: Marcel Fischer (Fechten)
– Silber: Bruno Risi/Franco Marvulli (Rad)
– Bronze: Karin Thürig (Rad Zeitfahren); Patrick Heuscher/Stefan Kobel (Beach-Volleyball); Sven Riederer (Triathlon)

Die Ständeräte haben die Diskussion letzte Woche zum Anlass genommen, um diverse sportliche Missstände zu erörtern. Sei es das Skisprungzentrum Einsiedeln oder Fragen um die Zürcher Stadien für die Fussball-EM 2008.

Ausserdem hat die Kleine Kammer mit 27 zu 4 Stimmen und gegen die Meinung des Bundesrates eine Motion von Rolf Büttiker angenommen, die den Dopingmissbrauch von Sportlerinnen und Sportlern bestrafen will.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft