«La Hunziker» als Schweizer Exportschlager

Das Schweizer Showgirl Michelle Hunziker ist in Italien zu einer der beliebtesten Moderatorinnen avanciert und trumpft im deutschen Fernsehen auf. In einem Theaterstück bringt sie nun mit 33 Jahren ihre eigene Lebensgeschichte auf die Theaterbühne.
Fragt man in Italien nach bekannten Schweizer Persönlichkeiten, wird man nur wenige Antworten erhalten.
In Italien weiss man kaum etwas über das nördliche Nachbarland, abgesehen von den üblichen Klischees mit Banken, Schokolade und Käse.
Die Frage «Sprechen Sie Schweizerisch?» hört man selbst in Mailand, nur wenige Kilometer von der Landesgrenze entfernt.
Doch ein Name wird mit Sicherheit fallen: TV-Star Michelle Hunziker, geboren in Lugano und aufgewachsen in Ostermundigen bei Bern. Seit ihrem 16. Lebensjahr lebt sie in Italien, kokettiert am Bildschirm als «Svizzerotta» aber bewusst mit ihrer Herkunft.
1998 stieg sie durch die Heirat mit Schmusesänger Eros Ramazzotti in die Promigesellschaft auf. Die Beziehung hielt zwar nicht lange, aber Michelle baute sich im Showbusiness eine eigene Karriere auf, die sich sehen lassen kann: «La Hunziker» – die Italiener sagen «Unziker» – moderiert seit Jahren Unterhaltungssendungen mit hohen Einschaltquoten in der Prime time.
Im Olymp der Moderation
So etwa die TV-Sendungen «Paperissima Sprint » und «Striscia la notizia» auf Canale 5, einem Sender aus dem Hause Mediaset von Ministerpräsident Silvio Berlusconi.
Die Sendung beschäftigt sich ironisch-lustig mit den Zuständen in Italien. Über die Sendung mag man streiten, ihr strahlendes Lachen und ihre bissig-ironischen Kommentare kommen auf alle Fälle gut an.
Das ist beachtlich für ein Land, in dem die schönsten Frauen am Fernsehen vor allem als wenig bekleidete Statistinnen («Veline») sprachlos lächelnd in Erscheinung treten.
Auch Hunziker war am Anfang ihrer Karriere nur für ihr Äusseres gefragt. Für ein Werbefoto der Dessous-Firma Roberta Intimo, auf der sie nur mit einem Tanga zu sehen war, erhielt sie 1995 den Titel «Italiens schönster Po».
Doch schon bald moderierte sie Shows. Und landete dank ihrer Mehrsprachigkeit auch im deutschen Fernsehen. Auf RTL moderierte sie zwei Mal mit Carsten Spengemann die Casting- Show «Deutschland sucht den Superstar».
Seit gut einem Jahr moderiert sie an der Seite von Thomas Gottschalk im ZDF die samstägliche Fernsehshow «Wetten, dass…?» als Wettansagerin. Dabei erweist sie sich als natürliche Sympathieträgerin für die Schweiz.
In Italien schaffte sie es mittlerweile gar in den Olymp der Moderation: 2007 stand sie im Schlagerfestival San Remo an der Seite von Urgestein Pippo Baudo. Und durfte nicht nur lächeln, sondern auch reden. Eine grosse Ehre.
Mit ihren hohen Absätzen trete sie eigentlich recht unschweizerisch auf, schrieb der Zürcher Tages-Anzeiger. Und doch vermittle sie Swissness. «Das ist eine kulturelle Leistung. Man müsste sie dafür auszeichnen», hiess es in diesem Artikel.
Nicht nur Begeisterung
Erfolg scheint Michelle Hunziker als Moderatorin vor allem ausserhalb ihrer eigenen Heimat zu haben. In der Schweiz hatte sie wenige Engagements. Wenig erfolgreich war 1999 beispielsweise ihre Leitung der Show «Cinderella» des mittlerweile eingegangenen Privatsenders TV3.
Auch ihr Auftritt in «Wetten, dass….?» findet in der Schweiz nicht nur positive Aufnahme. Dies zeigen diverse Zuschriften an die Pendlerzeitung 20 Minuten, wo ihr Dauerlachen und Geplapper bei einigen Lesern gar nicht gut ankommen: «Es gibt doch nichts Schlimmeres als Michelle Hunziker zu sehen und vor allem zu hören», war nach der letzten Sendung von «Wetten dass…?» zu lesen.
Dies dürfte auch daran liegen, dass Hunziker in der deutschen Sprache nicht so sattelfest und schlagfertig ist wie im Italienischen. Was sie im Italienischen beherrscht, wirkt im Deutschen tendenziell aufgesetzt, albern und übertrieben. Auch bei Einwürfen in Mundart merkt man, dass sie ihr Berndeutsch eigentlich ad acta gelegt hat.
Erfolg für Ein-Frau-Show
Als Bestätigung dieser These könnte ihr Theaterstück «Mi scappa da ridere» (Ich muss einfach lachen) herhalten, mit dem die Blonde seit Mitte Oktober in Italien auf Tournee ist.
In diesem Stück erzählt sie ihre eigene Lebensgeschichte mit viel Selbstironie. Fast zwei Stunden dauert die Ein-Frau-Show, in der sie singt, tanzt, viel plaudert und natürlich lacht.
Michelle Hunziker erweist sich dabei weder als grossartige Schauspielerin noch als glänzende Tänzerin oder Sängerin. Eher mittelmässig. Doch mit einer natürlichen Sympathie und Ausstrahlung nimmt sie das Publikum für sich ein.
Die Zuschauer in Lugano, dem einzigen Spielort ausserhalb Italiens, reagierten jedenfalls begeistert. Kaum denkbar, dass diese Show auf Deutsch den gleichen Erfolg hätte.
Ob sie sich vorstellen könne, wieder in der Schweiz zu leben, fragte man sie in Zusammenhang mit der Aufführung in Lugano. «Momentan nicht», sagte sie, «aber sage niemals nie: Wenn ich etwas älter werde, bekomme ich vielleicht Lust, in der Natur zu leben und zu meinen Wurzeln zurückzukehren.»
Am 24. Januar 1977 in Sorengo bei Lugano als Tochter einer Niederländerin und eines Schweizers geboren.
Schon während ihrer Kindheit zog die Familie in die Deutschschweiz und lebte unter anderem in der Berner Gemeinde Ostermundigen.
Ihr Sprachtalent war schon auf der Schule bekannt, Hunziker spricht fünf Sprachen: Italienisch, Französisch, Deutsch (Schweizerdeutsch), Englisch und Niederländisch.
1993 zog Michelle mit ihrer Mutter nach Bologna und arbeitete zuerst als Model, bevor sie als Moderatorin Karriere machte.
1998 heiratete sie den italienischen Sänger Eros Ramazzotti, 2002 trennte sich das Paar, das inzwischen geschieden ist.
Die gemeinsame Tochter Aurora wurde 1997 in Lugano (Kanton Tessin) geboren. Hunziker lebt mit heute mit ihr in Mailand.

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