Schweiz bewilligt US-Überflüge

Die USA dürfen die Schweiz für Hilfsgüter-Transporte überfliegen. Das EDA und das VBS erteilten eine entsprechende Grundsatzbewilligung.
«Die Bewilligung erfolgte bereits am letzten Wochenende», bestätigte Muriel Berset Kohen, Pressesprecherin des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), einen Bericht der «Berner Zeitung» vom Samstag.
Die grundsätzliche Überflugsbewilligung konnte laut Berset Kohen erteilt werden, obschon sich die Operation nicht auf ein Mandat respektive die Autorisierung des UNO-Sicherheitsrates stützt. «Für humanitäre Überflüge ist weder rechtlich noch politisch ein UNO-Mandat nötig», sagte Berset Kohen.
Die Bewilligung unterliege aber bestimmten Bedingungen: So müssten die Flugzeuge unbewaffnet sein und dürften keine Waffen und weiteres Kriegsmaterial an Bord haben. Es dürften auch keine Personen transportiert werden, die an laufenden Militäraktionen beteiligt seien.
Zwei Flüge haben schon stattgefunden
Für jeden Flug müsse zudem noch eine konkrete Bewilligung erteilt werden. Diese erfolgt durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), nach Absprache mit dem EDA und dem Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
Seit der Erteilung der Bewilligung haben zwei der drei geplanten Überflüge stattgefunden. Der erste Übeflug scheiterte an Kommunikations-Problemen. Die US-Piloten und das BAZL hatten nicht den gleichen Verständigungscode genutzt. Inzwischen seien diese Probleme ausgeräumt.
Bundesratsparteien reagieren unterschiedlich
Die SP kritisiert die Grundsatzbewilligung für Hilfsflüge über die Schweiz in einem Communiqué vom Samstag. Sie verlangt vom Bundesrat, noch einmal auf seinen Entscheid zurückzukommen. Die SP findet es «unverständlich», dass die Landesregierung die Parteien nicht über diesen Beschluss informiert hat.
Auch die SVP lehnt die Überflüge ab. «Dass es sich um humanitäre Hilfe handelt, ändert nichts daran, dass die Überflüge die schweizerische Neutralität unterhöhlen und uns unglaubwürdig machen», sagte SVP-Sprecher Yves Bichsel. Die amerikanischen Flugzeuge könnten die Schweiz überdies umfliegen.
Aus Sicht der FDP spricht nichts gegen Überflüge für Hilfsgütertransporte. Die Schweiz habe schon früher Überflugsrechte für humanitäre Zwecke genehmigt, sagte FDP-Sprecherin Barbara Perriard. «Etwas irritiert» sei man indes, dass der Bundesrat im Rahmen der Von-Wattenwyl-Gespräche nicht orientiert habe.
Die CVP war am Samstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Auch im Golfkrieg nur humanitäre Flüge
Was ausländische Militärmaschinen betrifft, erlaubt die Schweiz seit Ende des Kalten Krieges den Überflug, wenn sie für eine UNO-Mission im Einsatz waren. Zuvor hatte sie aus neutralitäts-politischen Überlegungen solche Transitrechte verweigert.
Laut Haager Abkommen von 1907 dürfen Neutrale im Kriegsfalle den Kriegführenden keine Transitrechte für Truppen oder Material durch (oder über) ihr Territorium erlauben.
Im Golfkrieg 1990/91 weigerte sich die Schweiz, den Alliierten ihren Luftraum für militärische Überflüge zur Verfügung zu stellen – nur humanitäre Flüge waren erlaubt.
1993 differenzierte die Schweizer Regierung ihre Haltung. Im Aussenpolitischen Bericht und im Neutralitäts-Bericht hielt sie fest, dass die Unterstützung von UNO-Operationen gegen einen Rechtsbrecher nicht gegen das Neutralitätsrecht verstosse.
Friedensunterstützende Einsätze erlaubt
Sie erlaubte ausländischen Streitkräften die Inanspruchnahme ihres Hoheitsgebietes für friedens-unterstützende Einsätze, sofern sich die Operation auf ein Mandat respektive die Autorisierung des UNO-Sicherheitsrates stützen kann.
So durften im Bosnien-Konflikt 1995 Militärtransporter und Awacs-Überwachungs-Flugzeuge für die Schutztruppe IFOR/SFOR die Schweiz überfliegen.
Im Kosovo-Krieg 1999 lehnte die Schweiz dagegen das Begehren der Nato für den Transit militärischer Güter durch respektive über ihr Territorium ab, da damals kein UNO-Sicherheitsratsmandat für die Nato-Operation gegen Jugoslawien bestand.
Als nach Kriegsende die KFOR-Truppe mit einem Mandat der UNO in Kosovo stationiert wurde, erlaubte die Schweiz den Transit militärischer Güter für diese Truppe über ihr Territorium.
swissinfo und Agenturen

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