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Schweiz und Chile streiten um Flüchtling

Patricio Ortiz Montenegro mit Chilefahne und FPMR-Emblem. Keystone

Die Bestätigung der vorläufigen Aufnahme für einen ehemaligen Wiederstandskämpfer hat zu Spannungen zwischen Chile und der Schweiz geführt.

Der Schweizer Botschafter in Santiago, André Regli, wurde ins chilenische Aussenministerium zitiert.

Der chilenische Aussenminister Ignacio Walker bestätigte am Dienstagabend, er werde ein offizielles Beschwerdeschreiben nach Bern schicken. Walker zitierte den Schweizer Botschafter in Santiago, André Regli, zu sich.

Ein Mitarbeiter des chilenischen Aussenministeriums sagte am Mittwoch, dass noch kein Datum für das Protestschreiben feststehe. Ein Rückruf des Botschafters, wie im Jahre 2002 auf Grund der selben Affäre, werde aber zur Zeit nicht in Betracht gezogen.

Langer Prozess

Die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) hatte Ende Juni die vorläufige Aufnahme von Patricio Ortiz Montenegro, einem ehemaligen Mitglied der “Patriotischen Front Manuel Rodriguez” (FPMR) bestätigt, wie Magnus Hoffmann, Sprecher der ARK, sagte.

Dagegen habe sie sein Gesuch auf politisches Asyl erneut abgelehnt. Mitte Juli sei der Entscheid dann an die Parteien weitergeleitet worden, sagte Hoffmann. “Aus unserer Sicht ist die Angelegenheit beendet”, fügte er an.

Der Entscheid der ARK fiel damit erst nach sieben Jahren – ein ungewöhnlich langer Prozess. “Normalerweise beträgt die Dauer eines Beschwerdeverfahrens lediglich ein Jahr”, sagte Dominique Boillat, Sprecher des Bundesamts für Migration (BFM).

Flucht aus Staatssicherheitsgefängnis

Patricio Ortiz Montenegro war am 20. Juni 1995 in Chile von einem Militärgericht wegen Körperverletzung mit Todesfolge auf Beschwerde hin zu 10 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Ende 1996 war er aus einem Gefängnis ausgebrochen und im Juli 1997 in die Schweiz gelangt, wo er ein Asylgesuch einreichte. Aufgrund eines Auslieferungsersuchens der Republik Chile wurde er am 4. September 1997 in Auslieferungshaft genommen.

1998 wurde ihm vom heutigen BFM die vorläufige Aufnahme gewährt. Die Schweiz lehnte eine Auslieferung an Chile ab, weil befürchtet wurde, er könnte in seinem Land misshandelt werden.

Gewaltentrennung

Den jetzigen Entscheid der ARK hatte Chile bereits am Dienstag als “bedauerlich” bezeichnet. “Aber es ist ein Entscheid eines anderen Staates, den wir respektieren müssen”, sagte der Innenminister Francisco Vidal.

Dennoch hatte der Regierungssprecher, Osvaldo Puccio, angekündigt, Chile werde versuchen, die Schweiz auf diplomatischem Weg dazu zu bringen, ihren Entscheid nochmals zu überdenken.

Gemäss Boillat ist es aufgrund der Gewaltentrennung “sowohl für die Regierung, als auch für das BFM schwierig, Druck auf die Entscheidung einer unabhängigen Richterkommission auszuüben”. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wollte Puccios Absicht am Mittwoch nicht kommentieren.

swissinfo und Agenturen

Chile hat den Schweizer Botschafter in Santiago ins Aussenministerium zitiert.

Dabei geht es um den ehemaligen chilenischen Widerstandkämpfer Patricio Ortiz Montenegro, der in der Schweiz vorläufig Aufenthalt, aber kein Asyl erhalten hat.

Chile ist jedoch der Ansicht, die Schweiz habe Montenegro den Status eines Flüchtlings eingeräumt.

Montenegro war Mitglied der kommunistischen chilenischen Frente Patriotica Manuel Rodriguez FPMR, die gegen das Pinochet-Regime kämpfte.

1995 wurde er von einem Militärgericht wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt und floh später aus der Haft in die Schweiz.

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