Sicherheit im Trendsport – «Safety in Adventures»
Seit dem Canyoning-Unglück im Saxetbach hat sich in Sachen Sicherheit im Risiko-Sport nur wenig getan. Alles basiert zurzeit auf Freiwilligkeit.
Nach dem schweren Unglück mit 21 Toten im Sommer 1999 stand die ganze Risiko-Sport-Branche unter Schock und fürchtete um ihre Zukunft. Viele Schweizer waren erstaunt, dass Canyoning-Guides keine Lizenz oder Ausbildung wie zum Beispiel Bergführer benötigen.
Von verschiedenen Seiten wurde der Ruf laut nach mehr Sicherheit, nach einem gesetzlichen Rahmen für Trend-Sportarten wie River-Rafting, Canyoning oder Bungee-Jumping oder gar nach einem Verbot dieser Sportarten.
Seit dem Unglück im Saxetbach kam es zu weiteren Risiko-Sport-Unfällen: Im Sommer 2000 starb ein Amerikaner beim Bungy-Jumping, und zwei Jugendlichen wurden beim River-Rafting getötet.
Unfälle, die laut Urs Baumgartner vom Bundesamt für Sport hätten verhindert werden können. «Die Guides waren sich der Bedingungen – wie beispielsweise Wasserstand – zu wenig bewusst», sagte Baumgartner gegenüber swissinfo. «Wenn ein Führer eine Tour absagt, verdient er nichts. Das war auch in Wilderswil bei Interlaken der Fall.»
Richtlinien, Gesetze
Das Bundesamt für Sport hat im letzten Jahr freiwillige Richtlinien eingeführt. Dabei geht es unter anderem um Qualifikationen, welche Guides erfüllen müssen und um Sicherheits-Massnahmen, die Organisatoren von Touren einhalten müssen.
Auch in den eidgenössischen Räten sind Bestrebungen im Gang, einen gesetzlichen Rahmen zu erarbeiten. So wurde eine entsprechende parlamentarische Initiative des Walliser CVP-Nationalrats Jean-Michel Cina gutgeheissen.
«Ein Gesetz ist auch eine Lösung. Wir können mit Gesetzen leben», sagt Peter Draganits von der Trekking Team AG in Tegna, Tessin. Seiner Meinung nach dauert es aber zu lange, bis Gesetze umgesetzt werden.
Ziel: eine gesamtschweizerische Regelung
Am Montag beginnt der Prozess gegen acht Verantwortliche von Adventure World, der Firma, welche die verhängnisvolle Tour in den Saxetbach durchgeführt hatte. Kurz vor Prozessbeginn ist nun eine erste Zertifizierungs-Runde für Trend-Sportanbieter im Kanton Bern angelaufen.
Das so genannte «Berner Modell» versteht sich nicht nur als Lösung für den Kanton Bern, es soll vielmehr Pioniercharakter für die ganze Schweiz haben. Eine Expertengruppe bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der öffentlichen Hand, Versicherungen, Schweiz Tourismus und Trendsport-Anbietern entwickelten gemeinsam ein Sicherheitskonzept.
Anbieter, welche die Zertifizierungs-Normen erfüllen, erhalten das Label «Safety in Adventures». Damit soll die Sicherheit im Trendsport in den nächsten Jahren merklich verbessert und unseriöse Anbieter vertrieben werden. Bereits haben sich 15 Unternehmen für die Zertifizierung angemeldet.
Ende eines Booms?
Seit den tragischen Ereignissen im Saxetbach gingen die Einnahmen im Trend-Sport-Business rund 50% zurück. Allerdings nicht in der Region Interlaken: Gemäss Benno Küng, Marketing-Chef bei Interlaken Tourismus, «boomt das Canyoning».
Der Mitinhaber des Tessiner Trekking Teams erklärt dazu gegenüber swissinfo: «Interlaken hat ein sehr gutes Marketing. Schlussendlich landen alle englisch-sprechenden Leute, seien sie aus Australien oder Amerika, in Interlaken.»
Möglich ist auch, dass die jungen Rucksack-Touristen aus Übersee, die jeden Sommer Interlaken bevölkern, nichts vom Unfall gehört haben. Oder sie scheren sich um die Risiken und suchen den ultimativen «Kick» suchen.
Gaby Ochsenbein
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