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Tränen, Verdruss und Vorwürfe

Enttäuschte Fans im Basler Sankt Jakob-Park. Keystone

Zwei Jahre verkündeten ihre Funktionäre das hohe Ziel der Nati: Europameister oder mindestens Viertelfinal. Mit dem 1:2 gegen die Türkei ist der Traum nach nur zwei Spielen am Ende. Die Schweizer Presse kommentiert den Schiffbruch.

«Die Schweiz ersäuft» titelt der Westschweizer «Le Matin» und stellt die Frage, ob überhaupt hätte gespielt werden sollen. Dies deshalb, weil in der ersten Halbzeit starker Regen den Basler St. Jakob-Park in ein «nautisches Schlachtfeld» verwandelt habe.

Doch der Schiedsrichter habe richtig entschieden, es sei gespielt worden, «so lange der Ball rollte». Gerollt ist er, geendet hat die Partie laut «Le Matin» in einer «Sintflut».

«Ganz bitteres Ende» titelt die «Berner Zeitung» und ortet die Gründe für das Versagen. Gegen Tschechien habe die Nati verloren, obschon sie das bessere Team gewesen sei und gegen die Türkei sei es ihr nicht gelungen, auf die «packende Steigerung der Türken» nach der Pause zu reagieren.

Dazu komme, dass «zu viel» an dieser Euro für die Schweiz nicht gestimmt habe: Captain und Torjäger Alex Frei verletzt, Tranquillo Barnetta, die zweitwichtigste Teamstütze, nicht in Bestform. Kurzum: «Die Euro 2008 ist aus Schweizer Sicht kein Sommermärchen, sondern ein tränen- und regenreicher Anlass.»

Zweifel an Kuhn

«Wir sind Europameister der ‹Pechvögel'» konstatiert der «Blick» und gibt die Stimmung der Nation kurz und treffend wieder: «Jubeln, Leiden, Weinen». Jubel nach dem 0:1, Leiden mit 1:1 bis ans Spielende und Weinen nach dem 1:2 in den letzten Sekunden des Nachspiels.

Das Schlimmste sei eingetroffen, schreibt die Lausanner «24 Heures». Doch wäre es falsch, nun die Wahrheit zu verschleiern, stellt der Kommentator fest und fragt: «Haben die Verantwortlichen des Fussballverbandes nun den Mut, einzugestehen, dass sie sich getäuscht haben, als sie nach der WM 2006 an Trainer Köbi Kuhn festhielten?»

Kuhn habe sein Ziel nicht erreicht. «Es reicht nicht, seine Ambitionen auf allen Dächern lauthals zu verkünden, um sich als bessere Mannschaft wiederzufinden.»

Nun sei eine gewisse Bescheidenheit angebracht. 1996, 2004 und 2008 habe die Schweiz an der Euro teilgenommen, «gewonnen hat sie keinen einzigen Match», bilanziert «24 Heures».

Trost und Verschwörung

Nun habe man am Sonntag Gelegenheit, sich mit einem guten Spiel gegen Portugal «in Würde zu verabschieden», schreibt der Berner «Bund» und freut sich: «Der mit Emotionen aufgeladene Match ist fair geblieben, auf dem Spielfeld wie im Publikum.»

Der Zürcher «Tages Anzeiger» stellt fest, der «Gastgeber ist am Fest nur noch Gast». Das Ende sei bitter und typisch «für die Schweizer, gegen die sich an diesem Turnier alles verschworen hatte».

Der Traum «Europameister» sei schon früh geplatzt. Da sei es ein kleiner Trost, «dass die Schweizer zweimal mit Herz aufgetreten sind».

Köbi Kuhn, «erfolgreich wie kein anderer Nationaltrainer», hätte einen andern Abschied verdient. «Das Ende ist vor allem für ihn bitter.»

swissinfo, Andreas Keiser

«Ein ganzes Land liegt in Tränen», schreibt «Spiegel Online». Die Schweiz sei vom Pech verfolgt gewesen mit all den verletzten Spielen. Der Mittwochabend habe tiefe Spuren in den Gesichtern der Zuschauer hinterlassen. «Viele blieben noch lange fassungslos sitzen, während der einsame Johan Vonlanthen unten auf dem Rasen seine Tränen fließen liess.»

«Welt Online»: «Bei der Wasserschlacht von Basel hat die Türkei die Träume der Eidgenossen von einem Wunder bei der EM 2008 mit einem Last-Minute-Treffer zunichte gemacht.»

Die Türkei war in der Qualifikation für die Euro 2008 hinter EM-Titelverteidiger Griechenland Gruppenzweite.

Wie die Schweiz bestritt die Türkei ihre erste Europameisterschaft 1996 in England. Nach vier Spielen war für beide Schluss. Die Türken allerdings waren bereits vier Jahre später in Belgien und Holland wieder dabei.

Sie schafften in der Gruppe mit Italien, Schweden und Belgien den Einzug in die Viertelfinals, wo sie gegen Portugal mit 0:2 ausschieden.

Die Türkei war an zwei WM-Endrunden dabei: 1954 in der Schweiz und 2002 in Japan und Südkorea, wo sie Dritte wurde.

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