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Linke und Grüne gegen neue AKW

Das AKW in Mühleberg darf nicht von einem neuen AKW abgelöst werden, fordern die AKW-Gegner. Keystone

Die Atomkraftwerke in Mühleberg und Beznau dürfen nicht durch Neue ersetzt werden, fordern AKW-Gegner.

Ihr Argument: Der Bedarf könne durch erhöhte Stromeffizienz und erneuerbare Energien sichergestellt werden.

Im Oktober hatten die Bernische Kraftwerke AG (BKW) mit ihren Zukunftsplänen für Wirbel gesorgt: Wenn in 20 bis 25 Jahren das jetzige Atomkraftwerk (AKW) Mühleberg stillgelegt werden müsse, werde der Bau eines neuen Atomkraftwerks nötig. Sonst drohe ein Energie-Engpass, so das Unternehmen.

Jetzt haben sich die Atomkraftgegner zu Wort gemeldet: “Die alte Leier” – so wiesen sie die BKW-Forderung am Montag an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern ab.

Untaugliche Schreckensszenarien

Bereits Ende der achtziger Jahre hätten die “Strombarone” düsterste Zukunftsaussichten gemalt, sollte das geplante AKW Kaiseraugst nicht gebaut werden. Die Schreckensszenarien hätten sich in Luft aufgelöst, erklärte Geri Müller, Nationalrat der Grünen und Präsident der Schweizerischen Energiestiftung (SES).

Die alten AKW Mühleberg und Beznau könnten durch bessere Stromeffizienz und erneuerbare Energien “locker ersetzt werden”, so die gemeinsame Position der SES, der Sozialdemokratischen Partei (SP) des Kantons Bern, der Grünen Schweiz und des WWF Schweiz.

Beides, sowohl der BKW-Vorstoss als auch die Replik der AKW-Gegner, kommen nicht zufällig, denn in der kommenden Woche wird das Berner Kantonsparlament über die künftige Energiestrategie beraten. Und der Ausgang dieser Debatte werde Signalwirkung auf die übrige Schweiz haben, sind sich Beobachter einig.

AKW problemlos ersetzen

Dereinst solle Energie erneuerbaren Ressourcen wie Wind, Sonne und Wärmekraftkopplung die Produktion der stillgelegten AKW decken. Durch das rückwärtsgewandte Festhalten an der Atomenergie gerate die Schweiz im internationalen Kontext zunehmend ins Hintertreffen, warnte SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner.

Abgesehen von Ländern wie Iran, Pakistan, Indien oder Nordkorea, die Atombomben bauten, sind laut Rechsteiner weit und breit keine Einsteiger in neue Atomprojekte auszumachen. Einzige Ausnahme sei Finnland.

Angriff auf Kantonsregierung

Die Nachfrage im BKW-Versorgungsgebiet werde von heute 6,7 auf rund 8,5 Mrd. Kilowattstunden bis 2030 steigen, hatte BKW- Direktionspräsident Kurt Rohrbach im Oktober die Strategie begründet. Laut eigener Rechnung muss die BKW bis 2030 rund 600 Megawatt neue Leistung bereitstellen.

Vor diesem Hintergrund stehe für die BKW zunächst die Verlängerung der Betriebsbewilligung für Mühleberg von 2012 bis ca. 2030 im Vordergrund.

Dass die BKW an der Option Kernenergie festhalten will, ist nicht weiter erstaunlich. Brisant ist hingegen, dass das Unternehmen mehrheitlich dem Kanton Bern gehört, dessen Regierungsrat ein Ausstieg aus der Kernenergie befürwortet.

Mit dem Festhalten an der Atom-Option stellt sich die BKW gegen die Berner Regierung. Denn diese hatte sich im August gegen weitere AKW ausgesprochen: Nach der Stillegung von Mühleberg soll der Strom für den Bedarf ab 2034 nur noch aus erneuerbaren Energiequellen produziert werden, so die Vorstellung der Kantonsregierung.

In der Übergangszeit möchte sich der Regierungsrat, je nach Szenario, unter anderem mit der Stromproduktion aus Erdgas behelfen.

Schützenhilfe erhält die BKW von der bürgerlichen Mehrheit der vorberatenden Kommission. Sie will die Rückweisung der Energiestrategie der Kantonsregierung beantragen.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz sind vier AKW mit insgesamt fünf Reaktoren in Betrieb.
Sie produzieren 40% des schweizerischen Strombedarfs.
Die Bewilligung zum Betrieb des AKW Mühleberg im Kanton Bern läuft 2012 aus.
Ein zehnjähriges Moratorium zum Bau neuer AKW wurde vergangenes Jahr an der Urne abgelehnt.

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