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Schmusesänger auf Erfolgskurs

Paolo Meneguzzi bei seinem Auftritt am Musikfestival Sanremo am 1. Mai 2008. Keystone

Paolo Meneguzzi vertritt die Schweiz diese Woche am Eurovision Song Contest in Belgrad. Die Karriere des Tessiner Sängers begann in Südamerika. Inzwischen ist er in der Südschweiz und Italien ein Star. Vom Wettbewerb erhofft er sich den europäischen Durchbruch.

Paolo Meneguzzi war bis vor kurzem in der deutschsprachigen Schweiz noch kaum bekannt. Erst seit der Nomination für den Eurovision Song Contest 2008 in Belgrad ist man auf ihn aufmerksam geworden. Der 31-jährige Tessiner soll die DJ-Bobo-Schmach der Schweiz vom letztjährigen Wettbewerb in Helsinki wettmachen.

Die Hoffnungen beruhen auf dem Lied “Era stupendo” (Es war wunderbar). Er spricht von “Hass, Elend und der Armut” in der Welt, um dann von unbeschwerten Kindheitstagen zu träumen.

Meneguzzi ist das Glück nicht in den Schoss gefallen. Er hat lange und hart für seine Musikkarriere gearbeitet. Begonnen hat er schon als Kind bei Gesangswettbewerben im Pfarrgemeindesaal von Stabio (Tessin), wo er aufwuchs.

Gitarre vom Grossvater

Mit acht Jahren schenkte ihm der Grossvater die erste Gitarre. Als Jugendlicher teilte er seine Freizeit für seine beiden Hobbys auf: Musik und Fussball. Denn auch auf dem Rasen war er talentiert. Für Chiasso spielte er in der ersten Liga.

Eros Ramazzotti war sein Idol. Und der Wunsch nach einer Musikkarriere stark. Aber die Eltern wollten, dass er “etwas Vernünftiges” macht. So absolvierte er die Handelsschule und stieg bei einer Grossbank in Chiasso ein.

Seine Erinnerungen an die Bank sind nicht die besten, wie Meneguzzi kürzlich in einem ausführlichen Interview der Zeitschrift “Illustrazione Ticinese” anvertraute: “Sie haben mir immer gesagt: Hör auf zu träumen und denk an die Arbeit!”

Als er die Banklehre abbrach, um sich ganz der Musik zu widmen, fühlte er sich selber entlastet, doch seinem Vater Gomez Meneguzzi gefiel dies gar nicht.

Über Chile nach Italien

1995 und 1996 bewarb er sich erstmals für eine Teilnahme in Sanremo, dem wichtigsten italienischen Schlagerfestival. Ohne Erfolg. So schickte er einen Song – “Arià, Ariò” – an das Festival Viña del Mar in Chile.

Und mit diesem Lied gewann er dort nicht nur den Wettbewerb, sondern setzte auch den Grundstein für seine professionelle Musikkarriere. Der Song wurde ein Hit und Meneguzzi in ganz Südamerika bekannt. Seine ersten vier CDs erschienen denn auch dort.

Paolo, der eigentlich Pablo heisst, nahm auf Wunsch der Produzenten auch seinen “Künstlernamen” an: “Da es in Südamerika so viele Pablos gibt, wollte die Plattenfirma den Namen Paolo.”

2001 durfte er dann erstmals in Sanremo auftreten. Und war seither fünf Mal dort. 2007 landete er mit “Musica” auf dem sechsten Platz. Der Hit hielt sich fünf Wochen lang an der Spitze der offiziellen Charts.

Dieses Jahr kam er mit “Grande” erneut auf den sechsten Rang. Bisher wurde Meneguzzi für seine Musik weltweit mit sieben Gold- und sieben Platin-Awards ausgezeichnet.

Blick nach Norden

Jetzt ist der Sänger stolz, für die Schweiz auf der Bühne stehen zu dürfen. Aber er verbindet mit dem Auftritt in Belgrad auch persönliche Ambitionen: “Ich bin in Nordeuropa nicht so bekannt und hoffe, meinen potenziellen Zuhörerkreis ausweiten zu können”, sagte er im Vorfeld des Belgrad-Auftritts.

Trotz seines Erfolgs steht Paolo Meneguzzi mit beiden Beinen auf dem Boden. Fast scheint es, als sei ihm der Hokuspokus des Showbusiness sogar peinlich. Er ist freundlich und zuvorkommend, legt Wert auf Diskretion und Anonymität.

Er sei nicht religiös, aber gläubig und bete jeden Abend. Seit kurzem hat er eine Wohnung in Lugano. Häufig hält er sich aber in Pollegio (bei Biasca) in den Tonstudios seines Produzenten auf.

Überzeugter Single

Er singt von Liebe und tiefen Gefühlen. Nur die eigene grosse Liebe ist bisher noch nicht in seinem Leben aufgetaucht. An Beziehungen und interessierten Frauen mangelt es nicht. Doch Paolo ist überzeugter Single – er will sich (noch) nicht fest binden.

Daran ist vielleicht auch die unglückliche Ehe seiner Eltern schuld, wie er meint. Die Eltern liessen sich scheiden, als Paolo 16 war. “Zu spät – denn sie sind nur wegen mir zusammengeblieben”, sagt er.

Die enge Beziehung zu den Eltern ist geblieben. Seiner Mutter Loredana hat er mit “Lei è” im Jahr 2003 sogar ein eigenes Album gewidmet. La Mama, sagt er, sei bisher die wichtigste Frau in seinem Leben. Und der Vater ist einer seiner treuesten Fans.

swissinfo, Gerhard Lob, Lugano

1977: Geboren am 6. Dezember in Mendrisio

1996: Erster Platz mit dem Lied “Aria, Ariò” am Viña del Mar International Song Festival in Chile.

2001: Erster Auftritt am italienischen Schlagerfestival in Sanremo (siebter Platz mit “Ed io non ci sto più”).

2002: Mit der Single “In nome dell’amore” landet er einen ersten grossen Verkaufserfolg in Italien.

2004/2005: Erneute Auftritte in Sanremo (“Guardami negli occhi” und “Non capiva che l’amavo”).

2007: Erscheint die CD “Musica”, die zu seinem bisher bestverkauften Album wird.

2007/2008: Erneute Auftritte in Sanremo (mit “Musica” und “Grande”).

2008: Vertreter für die Schweiz mit “Era stupendo” beim Eurovision Song Contest in Belgrad.

Am 20. und 22. Mai finden die beiden Halbfinals mit je 19 Teilnehmerländern statt. Meneguzzi singt in der zweiten Staffel am Donnerstag.

Pro Halbfinal qualifizieren sich zehn Lieder für den Final vom Samstag, 24.Mai. Dazu kommen die Beiträge aus Serbien (Sieger des letzten Jahres) sowie Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Spanien als grösste ESC-Geldgeber.

Der letzte Schweizer Sieg liegt 20 Jahre zurück: 1988 gewann Céline Dion für die Schweiz in Dublin mit “Ne partez pas sans moi”.

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