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Auch Italien hat seine Vertreter:innen in den Auslandschweizer-Rat gewählt

Wahlzettel wird eingeworfen
An der Wahl nahmen Vertreter:innen von Schweizer Klubs und Verbänden in Italien teil. swissinfo.ch

Die sechs «italienischen» Vertreter:innen im Auslandschweizer-Rat für die Legislaturperiode 2025-2029 sind nun bekannt. Im Gegensatz zu anderen Ländern wurde in Italien jedoch eine indirekte Wahl durchgeführt.

Das Ziel von Swiss Community, der Plattform der Auslandschweizer-Organisation (ASO), ist klar – und wurde kürzlich von Ariane Rustichelli, der scheidenden Direktorin der Interessenvertretung der Fünften Schweiz, in Le TempsExterner Link erneut betont.

«Die Bestrebungen sind klar: In vier Jahren sollen die 120 Delegierten und die Delegierten des Auslandschweizer-Rats direkt auf elektronischem Weg [von allen Mitgliedern der Diaspora] gewählt werden, was dem Rat eine unbestreitbare demokratische Legitimität und eine stärkere Stimme verleihen würde.»

Dieser Schritt wird auch vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) befürwortet, das zwar kein Mitspracherecht hat, sich aber in der jüngsten Vergangenheit mehrfach für ein repräsentativeres Wahlsystem ausgesprochen hat.

Im vergangenen Juli hat der Auslandschweizer-Rat – auch «Parlament» der Fünften Schweiz genannt – eine epochale Wende vollzogen und im Hinblick auf die in den letzten Monaten durchgeführten Wahlen ein Pilotprojekt gebilligt.

Ein Teil der 120 Delegierten aus dem Ausland (47, um genau zu sein) wird in direkter Wahl gewählt und nicht mehr von den Vorständen der Schweizer Clubs und/oder der nationalen Dachverbände bestimmt.

Konkret können in 13 Wahlkreisen alle bei einer diplomatischen Vertretung registrierten Schweizerinnen und Schweizer mittels elektronischer Abstimmung ihre bevorzugten Kandidat:innen wählen.

Die Konsularische Direktion des EDA unterstützte das Projekt mit der Bereitstellung der IT-Infrastruktur und einem Zuschuss von 40’000 Franken.

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In Italien wurden die Vertreter:innen der Schweizer Diaspora jedoch erneut von der Versammlung des Collegamento svizzeroExterner Link, dem Dachverband aller privaten Schweizer Institutionen auf der Halbinsel, gewählt.

Die Delegierten der 61 Schweizer Institutionen, die dem Collegamento angehören, haben am Samstag, 10. Mai, in Lecce fünf der sechs bisherigen Mitglieder wiedergewählt: Daniel Schmid, Nicolò Solimano und Gianfranco Definti für die Region 2 (Lombardei, Emilia-Romagna, Venetien Trentino-Südtirol, Friaul-Julisch Venetien), Regula Hilfiker für die Region 1 (Piemont, Aostatal und Ligurien) und Fabio Trebbi für die Region 3 (Toskana, Latium, Umbrien, Marken, Abruzzen, Sardinien).

Neu in der italienischen Delegation des CSE ist Valeria Paduano, Präsidentin des Schweizer Kreises Palermo und Westsizilien, die für die Region 4 gewählt wurde, zu der auch die anderen Regionen Süditaliens gehören.

Ein Kongress im 86. Jahr seines Bestehens

Die 1936 gegründete Collegamento svizzero ist in Italien der Dachverband der zahlreichen Schweizer Clubs, Gruppen und Vereine, die über den ganzen Stiefel verteilt sind.

Jedes Jahr, in der Regel im Mai, organisiert sie über einen angeschlossenen Club einen Kongress. In diesem Jahr fand die Veranstaltung in Lecce statt, und zwar bereits zum 86 Mal. Rund 120 Personen nahmen daran teil.

Zu den Gästen gehörten neben mehreren Vertreter:innen der Schweizer Behörden auch Professor Alessandro Trivilini und sein Team, die Herausforderungen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz und Sicherheit vorstellten, Salvatori Tommasi, der über Griko, die altgriechische Sprache des Salento, sprach, und Paolo Tavolaro, der das Barock von Lecce vorstellte.

Am Rande des Kongresses wählte die Generalversammlung des Collegamento auch einen neuen Präsidenten an seine Spitze. Alberto Fossati, wohnhaft in Mailand und Präsident der Società Svizzera di Beneficienza, trat die Nachfolge von Irène Beutler-Fauguel an, die ihr Amt 14 Jahre lang ununterbrochen ausgeübt hatte.

Ein Thema auch in Italien

Auch in Italien wurde vor einem Jahr auf dem Kongress in Perugia über die Einführung eines Direktwahlsystems diskutiert. Damals zog man es jedoch vor, wie gewohnt weiterzumachen.

«Das System ist in der Tat nicht ganz demokratisch, denn manchmal wird man aus den verschiedenen Komitees, die es in den verschiedenen Ländern gibt, gewählt», bemerkt Gianfranco Definti, Vizepräsident der Collegamento svizzero und seit 2009 Mitglied des Auslandschweizer-Rats sowie seit 2017 Mitglied des ASO-Vorstands.

In Italien ist die Situation jedoch etwas anders als in anderen Ländern, vor allem dank der Gazzetta SvizzeraExterner Link, einer Publikation, das sich speziell an die in Italien lebende Schweizer Gemeinschaft richtet.

Die gedruckte Ausgabe erscheint zehnmal pro Jahr. Die normale Auflage beträgt 23’000 Exemplare, aber zweimal im Jahr, im April und Oktober, wird sie an etwa 35’000 Haushalte verteilt (in Italien leben mehr als 52’000 Schweizerinnen und Schweizer).

>>> Alle Zahlen zur Schweizer Diaspora:

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«In der letzten Oktoberausgabe wurden drei Seiten veröffentlicht, auf denen erklärt wurde, wer für diese Wahlen kandidieren kann, einschliesslich eines Formulars, das bei Interesse zugeschickt werden konnte», erklärt Definti.

«Alle hatten die Möglichkeit, zu kandidieren»

Einer der Aspekte, der hervorgehoben wurde, war die Zugehörigkeit zu einem Schweizerverein, eine unabdingbare Voraussetzung für eine Kandidatur. Damit wollte man vermeiden, dass es Kandidat:innen gibt, die keinen Bezug zur Schweizer Gemeinschaft in Italien haben.

Diese Voraussetzung ist auch in den Leitlinien enthalten, die der Auslandschweizer-Rat für das Direktwahl-Pilotprojekt ausgearbeitet hat. In diesem Fall beschränkt sie sich jedoch auf eine allgemeinere Formulierung: Kandidieren kann jeder, der «Kontakte zur Schweizer Gemeinschaft in der vertretenen Region unterhält».

Die Abstimmung läuft.
Die Abstimmung läuft. swissinfo.ch

«In Italien hatten alle die Möglichkeit, zu kandidieren», so Definti. «Es stimmt, dass man dann nicht vom ‹Volk› gewählt wird, wenn man das so sagen kann, sondern von den Delegierten der verschiedenen Verbände. Ich glaube aber nicht, dass man von undemokratischen Wahlen sprechen kann».

Angesichts der Signale aus Bern und der Unterstützung des EDA durch seine diplomatischen Vertretungen und seine Online-Wahlinfrastruktur ist es wahrscheinlich, dass dieses System früher oder später verschwinden wird.

«Ich bin überzeugt, dass es in Zukunft überall Direktwahlen geben wird», sagt der «italienische» Vertreter im Auslandschweizer-Rat.

Werden Direktwahlen das Interesse der Diaspora wecken?

Dem Auslandschweizer-Rat eine möglichst breite demokratische Basis zu geben, ist sicherlich ein erstrebenswertes Ziel.

Eine Frage bleibt jedoch: Wird ein Direktwahlsystem das Interesse der Schweizer Diaspora wecken können?

Der Anstoss zur Reform kam von den jüngeren Mitgliedern des Rats. Der Grund dafür ist ganz einfach: Die meisten der heutigen Generation von Ausgewanderten sind nicht mehr in einem Schweizer Club oder Verein aktiv.

Auch die Schweizer Vereine in Italien sind mit einem Rückgang der Mitgliederzahlen konfrontiert. Vielen Vereinen bereitet der Gang in die Zukunft Mühe. Einerseits, weil sich die Migration verändert hat und das Bedürfnis zurückgegangen ist, sich unter Mitgliedern der gleichen nationalen Gemeinschaft zu treffen.

Andererseits ist es für die Vereine schwierig, mit Ausgewanderten in Kontakt zu treten, da die Schweizer Konsularbehörden aus Datenschutzgründen keine Kontaktdaten zur Verfügung stellen. «Unsere Landsleute zu erreichen und mit ihnen in Kontakt zu treten, ist eines unserer Hauptprobleme», bemerkt Gianfranco Definti, ehemaliger Leiter des Schweizer Zentrums in Mailand.

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Werden Direktwahlen auch dieser wachsenden Gruppe von Personen, die im Ausland leben, aber nicht in einem Schweizerverein mitmachen, die Möglichkeit geben, sich zu beteiligen?

«Das System der indirekten Wahlen wird früher oder später verschwinden», fährt Definti fort. «Ich bin jedoch gespannt, wie die Ergebnisse dieses Pilotprojekts aussehen werden.

Der Versuch, eine breitere Basis der im Ausland lebenden Bevölkerung miteinzubeziehen, aber dann mit wenigen Kandidat:innen und einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung zu enden, könnte keine gute Visitenkarte für einen Auslandschweizer-Rat sein, von dem man sich mehr Repräsentativität wünscht.

Dies ist die Befürchtung, die Gianfranco Definti zwischen den Zeilen zum Ausdruck bringt. In Italien gab es trotz der Informationen in der «Schweizer Revue» nur sieben Nominierungen, sechs davon von Personen, die bereits Mitglied der CSE waren.

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Erste ermutigende Anzeichen

Eine Bilanz kann erst ab dem 12. Mai gezogen werden, wenn die Wahlen in den Bezirken, die an dem Experiment teilgenommen haben, abgeschlossen sind.

Der Präsident von Swiss Community, Filippo Lombardi, der in Lecce an der Jahresversammlung der Schweizer Gemeinschaft teilnahm, zog jedoch eine erste positive Bilanz. «Nach den ersten verfügbaren Daten verzeichnen wir eine Beteiligung zwischen 4 und 12%», betonte er.

In Deutschland zum Beispiel, wo Ende 2024 mehr als 100’000 Menschen mit Schweizer Pass leben, hatten am Samstag 4’160 Personen abgestimmtExterner Link. Erfreulich ist dort aber vor allem eine andere Tatsache: Für die acht verfügbaren Sitze kandidierten 28 Personen, ein Rekord.

«Viele mögen denken, dass dies sehr niedrige Zahlen sind, in Wirklichkeit sind sie enorm», sagt Lombardi. Einerseits, so der ehemalige Ständerat und heutige Stadtrat von Lugano, müsse man diese Prozentzahlen in einem grösseren Zusammenhang sehen.

Der Anteil wird nämlich in Bezug auf alle Schweizerinnen und Schweizer berechnet, die in den Ländern leben, die am Pilotprojekt teilgenommen haben. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass nur ein Teil dieser Gemeinschaft an der Teilnahme am demokratischen Leben in der Schweiz interessiert ist.

Von den mehr als 800’000 Schweizerinnen und Schweizern, die im Ausland leben, ist nur ein Bruchteil – rund 200’000 – als Stimmberechtigte registriert.

Andererseits ging es nicht darum, den neuen Bewohner des Weissen Hauses zu wählen, wenn man diesen Vergleich anstellen darf, sondern Vertreter eines Gremiums, das für die Diaspora zwar wichtig ist, aber keine wirklichen Befugnisse hat.

«Dies ist ein wichtiger Fortschritt in Bezug auf die Repräsentativität im Vergleich zur aktuellen Situation», betonte der Präsident von Swiss Community weiter

Schliesslich gibt es noch einen weiteren Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist: «Es ist eine fantastische Möglichkeit, die Schweizer Gemeinschaft im Ausland einzubeziehen; dieses System der Direktwahlen schafft eine Dynamik, von der alle, vor allem die Vereine und Clubs, profitieren können.»

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Übertragung aus dem Italienischen mit der Hilfe von Deepl: Janine Gloor

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