
Heute in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Tränen der Freude, Tränen der Enttäuschung und die eine oder andere Träne wegen der Zwiebeln am heutigen Zibelemärit in Bern.
Lassen Sie uns gemeinsam die gestrigen eidgenössischen Abstimmungen und die zahlreichen lokalen Wahlen Revue passieren. Wie haben die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer abgestimmt? Wie hat die Presse reagiert? Warum stiessen die Abstimmungen in Basel auf grosses internationales Interesse? Und zurück nach Bern: Warum ist die Stadt seit gestern die linkste der Schweiz?
Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame Lektüre!
Herzliche Grüsse aus Bern

Die Schweizer Diaspora sagte Ja zum Autobahnausbau und zur Verschärfung der Untermiete.
Die Umfragen im Vorfeld der Abstimmungen haben es bereits vorausgesagt, gestern hat es sich bestätigt. Die Fünfte Schweiz hat sich klar für den Autobahnausbau ausgesprochen. Während in der Schweiz nur 47,3% den Ausbauschritt 2023 der Nationalstrassen unterstützt haben, befürworteten 57,3% der Auslandschweizer:innen die Vorlage.
Mein Kollege Balz Rigendinger wunderte sich bereits nach den ersten Umfragen im Oktober darüber: Auslandschweizer:innen zeigen im Regelfall ein deutlich ökologischer geprägtes Abstimmungsverhalten als die Stimmbevölkerung im Inland. Diesmal ist es anders, warum? Meine Kollegin Pauline Turuban ist dem nachgegangen.
Auch die Verschärfung der Untermiete haben die Schweizer:innen im Ausland mit 53,6% unterstützt, während die Vorlage im Inland nur eine Zustimmung von 48,4% erhalten hat. Bei der Abstimmung über die Vorlage über den Eigenbedarf einer Mietsache sowie über die Gesundheitsreform (Einheitliche Finanzierung der Leistungen) stimmte die Fünfte Schweiz wie der Rest der Schweiz.
- Hier finden Sie die Analyse meiner Kollegin Pauline Turuban.
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Ist die Autobahnvorlage an der Skepsis gegenüber der Zuwanderung gescheitert? Oder sind die Frauen für das Nein verantwortlich? Einige Erkenntnisse am Tag nach der Abstimmung.
Die Bürgerlichen erleben beim Autobahnausbau ein Debakel – wer ist schuld daran? Einige machen die Schweizerische Volkspartei (SVP) dafür verantwortlich. So ärgert sich die FDP: «Die ideologisierte Linke erhält zunehmend Schützenhilfe von der SVP», schreibt die Partei in einer Medienmitteilung. Die Skepsis gegenüber der Zuwanderung dürfte bei der Abstimmung eine wichtige Rolle gespielt haben.
Dieser Meinung ist auch Verkehrsminister Albert Rösti. «Die Referendumsnehmer:innen haben aus der Vorlage eine Prinzipienfrage gemacht. Dies hat sich kumuliert mit Leuten auf dem Land, die wachstumskritisch eingestellt sind», sagte der Bundesrat gegenüber SRF. Rösti ist der grosse Verlierer des Abstimmungswochenendes: Der SVP-Bundesrat hatte sich stark für die Vorlage zum Autobahnausbau eingesetzt.
Als Gewinnerin geht laut Nachbefragungen die weibliche Stimmbevölkerung hervor. Diese Kluft zwischen den Geschlechtern dürfte noch für Diskussionsstoff sorgen, ist der Tages-Anzeiger überzeugt: Vier nationale Vorlagen standen gestern zur Abstimmung – viermal waren Frauen und Männer unterschiedlicher Meinung. Dies zeigt eine Nachbefragung von 13’215 Personen, die das Institut Leewas im Auftrag von Tamedia und 20 Minuten durchgeführt hat. Wäre es nach den Männern gegangen, wäre das Nationalstrassennetz ausgebaut worden, schreibt die Zeitung.
- Das Interview mit Politologin Martina Mousson von gfs.bern: «Der Bundesrat steckt im Teufelskreis der Niederlagen»
- Die sieben Lehren aus dem Nein zur Abstimmung über den Autobahnausbau.
- Und die Nachbefragung der Abstimmungen im Tages-AnzeigerExterner Link.

Wie reagiert die Presse im In- und Ausland?
Die Westschweizer Presse sieht in der Ablehnung der Autobahnausbauprojekte eine klare Botschaft für den Klimaschutz und gegen das Wachstum. Während die Deutschschweizer Medien vor allem das Scheitern der SVP und ihres Verkehrsministers thematisieren.
La Liberté deutet das Nein als klare Botschaft für den Klimaschutz. Die Schweiz solle mehr in den öffentlichen Verkehr investieren, statt auf den Autobahnausbau zu setzen, um dem Klimawandel zu begegnen. Le Temps interpretiert das Nein dagegen als Ausdruck der Angst vor Wachstum und Migration. Es wird befürchtet, dass dieser Trend auch künftige Initiativen, wie die SVP-Initiative „Keine Schweiz mit zehn Millionen Menschen“, beeinflussen könnte.
Der Tages-Anzeiger wertet das Nein als schwere Niederlage für Verkehrsminister Rösti. Blick.ch sieht in der Ablehnung eine «unheilige Allianz» zwischen Links und Rechts: «Linke Kreise stimmten Nein, weil sie das Klima schützen wollen. Weil sie kein Land zubetonieren wollen. Und rechts stimmten SVPler gegen die Vorlage: Weil Bauern kein Land opfern wollen. Weil Wählerinnen und Wähler der Volkspartei überzeugt sind, dass man die Autobahnen auch entlasten kann, wenn die Zuwanderung beschränkt wird.»
Das Resultat beim Autobahnausbau erstaunt gemäss Blick.ch auch das Ausland. Für die Süddeutsche Zeitung sei das Ergebnis «überraschend», genau so der österreichische Standard. Er schreibt: «Für Fahrer aus Deutschland, Österreich, Frankreich oder Luxemburg ändert sich in der Schweiz nichts – sie müssen weiter mit Staus und stockendem Verkehr auf den meist zweispurigen Autobahnen Helvetiens kämpfen.»
- Die Presseschau von RTSExterner Link (auf Französisch).
- Blick.ch zu den Reaktionen im AuslandExterner Link.

Die Wahlen in der Stadt Bern und der Eurovision Song Contest in Basel sorgen für grosse Aufmerksamkeit.
Nicht eine eidgenössische Vorlage hat international am meisten Beachtung gefunden. Nein, es war die Abstimmung der Basler Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über den Kredit für die Durchführung des Eurovision Song Contest.
Es liegt zwar in der Natur der Sache, dass dies über die Landesgrenzen hinaus viele Menschen interessiert. Das Medienecho ist dennoch erstaunlich: Selbst Down Under berichtete man: «Schweizer Stadt stimmt für Millionen für Eurovision im nächsten Jahr», The Times of India schrieb «Basler Stimmbürger bewilligen 40 Millionen Dollar Kredit für ESC» und Bloomberg titelte «Eurovision kann in Basel stattfinden, da Abstimmung gegen ‹blasphemische› Veranstaltung scheitert».
Im Inland sorgt die Stadt Bern für Schlagzeilen. So ist sie mit ihrem neu gewählten Gemeinderat nun offiziell die linkste Stadt der Schweiz. Die fünf Mitglieder setzen sich wie folgt zusammen: Marieke Kruit, SP – sie kandidiert auch für das Stadtpräsidium – Ursina Anderegg, GB (Grünes Bündnis), Nationalrat Matthias Aebischer, SP, der amtierende Stadtpräsident Alec von Graffenried, GFL, und Melanie Mettler, GLP. Die GLP-Politikerin ist damit die «rechteste» Politikerin in der Berner Exekutive. Die Wahl um das Stadtpräsidium ist noch nicht entschieden – es könnte zu einem zweiten Wahlgang kommen. Dem amtierenden Stapi droht die Abwahl.
- Die Schlagzeile aus der Australischen PresseExterner Link.
- Die Berichterstattung zu den Wahlen in der Stadt Bern finden Sie hierExterner Link.

Die Schweiz im Bild
Wir bleiben in Bern. An diesem Montag im November herrscht in den Berner Gassen Ausnahmezustand: Es ist Zibelemärit. Der traditionelle Anlass zieht jedes Jahr Tausende von Besuchern an. Zwiebelzöpfe, Konfetti und Zuckerzwiebeln – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
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