Uran-Munition gefährlicher als vermutet?
Die Uran-Munition aus dem Kosovo könnte Spuren von Plutonium enthalten. Dieses könnte für die Leukämie-Erkrankungen von Soldaten verantwortlich sein. Ebenfalls wurde bekannt, dass auch in der Schweiz mit Uran-Munition umfangreiche Versuchsreihen durchgeführt worden waren.
Die Uran-Munition, die im Kosovo eingesetzt wurde, könnte geringe Restmengen von Plutonium enthalten haben. Grundlage zu dieser neuen Vermutung ist die Äusserung eines Mitarbeiter des AC-Laboratoriums Spiez von vergangener Woche in der Sendung Rundschau vom Schweizer Fernsehen DRS: Das Labor habe in Uran-Munition aus dem Kosovo das Uran-Isotop 236 gefunden. Dieses kommt in der Natur nicht vor.
Der ETH-Chemiker und Journalist Richard Brogle ging dieser Äusserung nach. Sein Fazit in einem Artikel in "ETH Life" vom Dienstag (16.01.): Bei der Energieproduktion im Atomkraftwerk entsteht in Uran-Brennstäben Plutonium. Dieses wird bei der Wiederaufbereitung abgetrennt. Allerdings sei es ein "offenes Geheimnis", dass im chemischen Trennprozess Plutonium-Reste zurückbleiben. So könnte es sein, dass Uran-Munition tatsächlich Spuren von Plutonium enthält. Beim Einsatz dieser Munition entsteht Uran- aber allenfalls auch Plutoniumstaub.
Bei Einatmung gefährlich
Plutonium-Staub ist für Mensch und Tier gefährlich, wenn er eingeatmet wird. In derselben Menge eingeatmtet wie Uran-Staub, ist er sehr viel gesundheitsschädigender als dieser. Das sagte Christian Wernli, Spezialist beim Paul Scherrer Institut (PSI). Seiner Meinung nach bestehe keine spezielle Gefährdung für Menschen, die dem Staub ausgesetzt gewesen seien. "Es ist schwer vorstellbar, dass Plutonium in der gesamten Risikobetrachtung relevant ist", sagte er gegenüber swissinfo.
Uran-Munition auch in der Schweiz
Ob allenfalls auch Plutonium-Staub bei Schiessversuchen in der Schweiz freigesetzt wurde, ist noch unklar. Klar ist hingegen, dass auch in der Schweiz Uran-Munition verschossen wurde. Die Munitionsfabrik in Thun, die dem damaligen Eidgenössischem Militärdepartement (EMD) unterstand, hatte Anfang der 80er-Jahre einen zweitägigen Versuch durchgeführt. Dabei sollen 16 uranhaltige Munitionsteile verschossen worden sein.
Grössere Testserien durchgeführt hat der Waffenkonzern Oerlikon-Contraves. Jahrelang wurde auf dem Schiessgelände Ochsenboden Panzermunition mit abgereichertem Uran verschossen. Tausende von Schüssen sollen dabei abgefeuert worden sein, berichtete der Tagesanzeiger. Ausserdem sollen die Abfälle alles anders als sachgerecht entsorgt worden sein: Sie wurden in einer Erdgrube verlocht.
Der Konzern will die Geschehnisse abklären.
Philippe Kropf

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