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Von der kleinen “Swiss Lady” zum grossen “Quincy”

Pepe Lienhard wird den Gala-Abend für Quincy Jones dirigieren. swissinfo.ch

Der Schweizer Musiker Pepe Lienhard wird am Gala-Abend des Montreux Jazz Festivals vom 14. Juli das Orchester dirigieren. An der Gala zu Ehren des 75. Geburtstags von Quincy Jones machen viele Stars mit.

Herbie Hancock, Mick Hucknall, Al Jarreau, Chaka Khan, Angélique Kidjo, James Morrison, Nana Mouskouri, Petula Clark, Paolo Nutini, Joe Sample, Curtis Stigers… das sind nur ein paar der berühmten Namen, die Quincy Jones am Festival die Ehre erweisen.

Die amerikanische Jazzlegende ist der “Riviera” des Genfersees treu geblieben. Zu Beginn der 90er-Jahre war er Ko-Produzent von mehreren Ausgaben des Montreux Jazz Festivals, und seitdem ist er dort jeweils im Juli nicht selten anzutreffen.

Pepe Lienhard hat an dem Abend die Musikalische Leitung. Claude Nobs, der Gründer und Leiter des Festivals, hat durchblicken lassen, dass es ein langer Abend werden wird – ausnahmsweise mit zwei Pausen.

swissinfo: Was bedeutet Ihnen der Name “Quincy Jones”?

Pepe Lienhard: Er hatte den grössten Einfluss auf mein musikalisches Leben. Mit 15 Jahren sah ich zum ersten Mal ein Konzert von ihm. Zu dieser Zeit hatte ich selber eine Dixieland-Band. Und als ich Quincy Jones sah, sagte ich mir: Das ist die Musik, die ich selber auch machen will.

Damals entstand der Traum von einer eigenen Big Band – den ich übrigens immer noch habe. In Montreux für Quincy Jones zu spielen, das heisst für mich “a dream comes true”, ein Traum wird wahr. Und es ist auch eine Ehre für mich.

swissinfo: Haben Sie auch ein wenig Angst gehabt vor der Vorstellung, den Vorschlag zu akzeptieren?

P.L.: Nein! Ich bin vorbereitet. Ich habe alle CDs von Quincy, ich habe viele seiner Stücke mit meiner Band gespielt. Schon in jungen Jahren habe ich einige seiner Arrangements umgeschrieben, ich kenne das Material wirklich gut.

Es wird dank der grossen Stars grossartig werden: Al Jarreau, Chaka Khan, grosse Namen, die ich bewundere. Ich habe schon mit Frank Sinatra gearbeitet und deshalb keine Angst vor Musikern dieses Niveaus…aber sie spornen mich an.

swissinfo: Sie leiten die “Swiss Army Big Band” …..erstaunlich!

P.L.: Es tönt ziemlich militärisch, dem Namen nach. Tatsächlich handelt es sich aber um junge Musiker, die besten übrigens, die damit ihren Militärdienst leisten: Sie machen den Wiederholungskurs in der Big Band mit mehreren Konzerten während eines Jahres. Es sind lauter Profis. Und sie spielen nicht Militärmärsche. Es ist wirklich ein gute, eine sehr gute Jazz-Band.

swissinfo: Welches sind konkret die Etappen dieses grossen Projekts?

P.L.: Die Arbeit hat schon begonnen. Wir haben mit Claude Nobs zwei Tage damit verbracht, in seiner riesigen CD-Sammlung die Stücke zu suchen, die wir spielen möchten.

Quincy hat eine unglaubliche Menge Kompositionen und Arrangements gemacht – fast zu viele. Deshalb haben wir eine Auswahl getroffen und die Liste an alle Stars verschickt, die an diesem Abend teilnehmen, damit sie bestimmen können, was sie machen wollen.

swissinfo: Haben Sie auch bei der Auswahl der Künstler mitgewirkt?

P.L.: Nein, das ist die Auswahl von Claude. Claude kennt alle. Alle sind begeistert, nach Montreux zu kommen, vor allem wenn es um Quincy geht.

Ich glaube, dass kein einziger Künstler “nein” oder “vielleicht” gesagt hat. Alle jene, die an dem Abend noch frei waren, haben sofort zugesagt. Quincy Jones, das ist der “Godfather” der amerikanischen Musik.

swissinfo: Wie werden sich die Proben abspielen?

P.L.: Mit der Big Band proben wir vier Tage in Bern. Zuerst zwei Tage allein, dann wird namentlich Greg Phillinganes zu uns stossen, ein Pianist, der schon oft mit Quincy gearbeitet hat. Die Big Band wird am 12. Juli mit unserem Repertoire ein Konzert geben. Ausserdem haben wir am 13. Juli und am Nachmittag des 14. Juli je eine Probe mit den Stars …ein sehr gedrängtes Programm.

Bis dahin ist noch viel zu tun. Zum Beispiel die Partituren der Arrangements suchen, weil nicht mehr alles existiert. Quincy Jones hat in New York, Philadelphia, Los Angeles gearbeitet, es wird nicht einfach sein, alles zu finden. Vermutlich werden wir Einiges neu schreiben müssen…und das bedeutet viel Arbeit.

swissinfo: In der Romandie denkt man beim Namen Pepe Lienhard immer noch an ihren Hit “Swiss Lady” aus dem Jahr 1977. Wie erklären Sie das?

P.L.: Zuerst ist da natürlich der “Röstigraben”. Ich kenne viele Jazz Musiker aus der Romandie, die in Zürich auftreten, ich fahre aber auch oft nach Genf, um mir bestimmte Orchester anzuhören….. unter uns haben wir keine Probleme, aber beim Publikum ist das etwas anderes.

Mein grösster Erfolg war tatsächlich die “Swiss Lady”, das die Schweiz am Eurovision Song Contest vertrat. In dem Stück kommt das Alphorn zum Einsatz, das war etwas Besonderes und blieb in Erinnerung.

Tatsächlich aber war es schon damals nicht typisch für mein Orchester: Wir spielten Jazz, Fusion. Wir erlaubten uns einen Gag für den Schlagerwettbewerb, und dann ist daraus ein europäischer Hit geworden. Deshalb erinnern sich alle daran, obwohl das Stück nie unsere Arbeit repräsentierte.

swissinfo: Ist es nicht frustrierend, mit einem Stück in Verbindung gebracht zu werden, das die eigentliche Arbeit gar nicht widerspiegelt?

P.L.: Die ersten Jahre nach dem Hit war es frustrierend, weil wir dieses Stück immer wieder spielen mussten. Das Stück ist zwar lustig aber musikalisch nicht sehr anspruchsvoll.

Später habe ich aber festgestellt, dass ich dem Lied sehr viel zu verdanken habe. Es hat mich in Deutschland populär gemacht und den Markt geöffnet. Deshalb bleibe ich ihm treu!

swissinfo: In Montreux wird das Publikum aber einem andern Pepe Lienhard begegnen..

P.L.: Das hoffe ich sehr.

Interview: Bernhard Léchot
(Übertragen aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

Montreux Jazz Festival vom 14. Juli
Gala-Abend «Quincy’s 75th Anniversary Celebration».
In Anwesenheit von Quincy Jones.

Pepe Lienhard ist 1939 in Lenzburg im Kanton Aargau geboren.

Seit 1969 ist er als Berufsmusiker tätig. Er ist der Komponist des Hits “Swiss Lady”, den er für den Eurovision Song Contest 1977 geschrieben hatte.

Er stand mit internationalen Stars wie Frank Sinatra, Sammy Davis jr, Joe Dassin oder Véronique Sanson auf der Bühne. Er leitet auch das Orchester von Udo Jürgens.

Pepe Lienhard ist seit der Gründung im Jahr 1995 Leiter der “Swiss Army Big Band”. In dieser Jazz Band spielen 20 junge, aber bereits erfahrene Musiker mit, die in diesem Orchester ihren Militärdienst leisten.

1933 in Chicago geboren. Nach der Ausbildung zum Trompeter, sang Quincy im Alter von 12 Jahren in einem Gospel-Quartett mit. Später studierte er am Berkley College of Music Boston.

Als Trompeter war er mit Lionel Hampton auf Tournee, in den 50er-Jahren mit Ray Charles, Count Basie und Duke Ellington.

1956 kam sein erstes Solo-Album “This is how I feel about jazz” heraus. Ein grosser Erfolg.

In Frankreich arbeitete er als künstlerischer Leiter für Barclay. Er machte Aufnahmen mit den französischen Stars wie Charles Anznavour, Jacques Brel und Henri Salvador oder der Amerikanerin Sarah Vaughan.

Seinen ersten Grammy erhielt er 1963 für das Arrangement von “I can’t stop loving you” von Count Basie. Aber sein grösster Erfolg war die Produktion des Albums “Thriller” von Michael Jackson im Jahr 1983.

Von 1991 bis 1993 war er an der Seite von Claude Nobs Ko-Produzent des Montreux Jazz Festivals.

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