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Wenn sich aggressive Rostgänse und Tigermücken ausbreiten

Die Rostgans aus Zentralasien bringt die heimischen Wasservögel, Schleiereulen und Turmfalken in Bedrängnis. Schweizerische Vogelwarte Sempach

Eindringende fremde Tierarten können eine Bedrohung für das heimische Ökosystem werden. Wenn die Grauhörnchen ins Tessin kommen, haben die Eichhörnchen schlechte Karten.

Aus China stammt die Tigermücke, die aber keine Krankheiten überträgt, wie zuerst vermutet wurde.

Neben “fremden” Fischen tummeln sich in heimischen Gewässern und Gebüschen vielerlei andere Einwanderer. Nicht alle sind willkommen.

Kleiner Einschub: Nicht überall willkommen sind auch Luchs, Wolf und Bär. Doch kann bei ihnen nicht von “fremd” gesprochen werden, denn sie gehörten bis zu ihrer Ausrottung zum festen Inventar der heimischen Tierwelt.

Doch wieder zu den “echten” Eindringlingen. Bei den Amphibien sind die südeuropäischen Seefrösche eine grosse Gefahr. Diese bilden mit den Kleinen Wasserfröschen und den Wasserfröschen einen Artenkomplex. Paart sich ein Seefrosch mit einem Kleinen Wasserfrosch, entstehen Wasserfrösche.

Nur Seefrösche

Vermehren sich wiederum die so gezeugten Wasserfrösche, entstehen nur Seefrösche. Der Kleine Wasserfrosch gerät so unter die Räder und stirbt aus. Zudem ist der Seefrosch unter allen der grösste und frisst die kleineren auf.

Ins Land gelangte er in den 60er- und 70er-Jahren zu kulinarischen Zwecken – seiner Schenkel wegen. Auch die Forschung führte ihn ein. Am Rhein steht zudem der riesige Ochsenfrosch quasi vor der Tür.

Bei den Reptilien bereiten die Schmuckschildkröten Kopfzerbrechen, wie es bei der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz weiter hiess.

Unbedachte Menschen setzen sie, sobald sie nicht mehr klein und niedlich sind, in irgendwelchen Biotopen aus. Sie haben keine natürlichen Feinde und überwintern.

Fremde Wasservögel problematisch

Bei den Vögeln ist die Lage weniger dramatisch. Entflogene Exoten haben wenig Überlebenschancen. Zwar wurden im Unterwallis schon Halsbandsittiche beim Brüten beobachtet. Sie bilden aber eine Ausnahme.

Anders ist es bei Wasservögeln: Entwichene Zierenten und Gänse aus anderen Kontinenten können den Einheimischen die Reviere streitig machen, unbekannte Krankheiten übertragen und zur Bastardisierung beitragen.

Abschuss als Ultima Ratio

Die Rostgans, von der laut Vogelwarte Sempach bereits rund 300 Exemplare ansässig sind, macht nicht nur anderen Wasservögeln das Revier streitig, sondern vertreibt auch die raren Schleiereulen und Turmfalken von ihren Brutplätzen, denn sie nistet wie diese auch in Höhlen.

Das aggressive Tier wird sogar gelegentlich beim Ertränken von Küken anderer Wasservögel beobachtet. Nehmen solche aus der Gefangenschaft entwichene Populationen ein gewisses Ausmass an, muss der Wildhüter ausrücken und sie abschiessen.

Insgesamt wurden nach Beobachtungen des Schweizer Tierschutzes (STS) über 120 exotische Vogelarten auf freier Schweizer Wildbahn gesichtet. Die Vogelwarte Sempach bereitet derzeit eine Publikation zu dem Thema vor.

Grauhörnchen vor dem Eindringen

Faunafremde Säugetiere gelangen ebenfalls immer wieder in die Schweiz. Viele von ihnen leben im Verborgenen, und so weiss niemand genau, was sich hierzulande herumtreibt. Bekannt sind eingewanderte Waschbären und Bisamratten, die einst aus Pelztierzuchten entkamen.

Ihre Zahl ist laut der schweizerischen Dokumentationsstelle für Wildforschung an der Universität Zürich unbekannt. Ebenso wenig ist bekannt, welche Schäden sie verursachen und welche anderen Tiere sie verdrängen. Gewiss indes ist: Sie sind da und werden gelegentlich überfahren oder gesehen.

Fundort Strasse

Auch durch ein überfahrenes Exemplar nachgewiesen ist der Marderhund aus dem asiatischen Raum. Das Tier ist in Nordeuropa verbreitet und dringt auch in die Schweiz ein.

Etabliert hat sich im Raum Schaffhausen/Zürich ein aus Deutschland eingewanderter Bestand von Sika-Hirschen, auch sie ursprünglich in Asien daheim. Diese Hirsche werden bejagt, ihre Population ist unter Kontrolle.

Im Tessin droht der Grenzübertritt der Grauhörnchen. Da die italienischen Behörden wegen Einsprachen der Tierschützer jahrelang nichts gegen die Invasion der Nager tun konnten, explodierte die Population und verdrängte dort die Eichhörnchen. Mit steigender Zahl ist ihr Ausschwärmen ins nördliche Nachbarland voraussehbar.

Tigermücke auch schon da

Nicht einmal die kleinsten Lebewesen machen vor der Grenze halt. Im Tessin wurde 2003 erstmals die Tigermücke nachgewiesen. Entlang von Strassen im Südtessin wurden einige Brutstätten entdeckt. Wahrscheinlich wurde das Insekt mit schmerzhaftem Stich durch Autos oder Lastwagen von Italien her in die Schweiz eingeschleppt.

Die Tigermücke stammt aus China und wurde von dort in Altpneus nach Italien gebracht, denn es legt seine Eier gern in Wasserlachen, die sich etwa noch in Pneus finden. Dass die Mücke Krankheiten auf Menschen übertragen könnte, bestätigte sich nicht.

swissinfo und Agenturen

Fremde Tierarten sind eine Gefahr für das heimische Ökosystem.
Die Arten können zuwandern, eingeschleppt oder ausgesetzt worden sein.
Beispiele: Seefrosch, Schmuckschildkröte, Rostgans, Waschbär, Bisamratte, Marderhund, Sika-Hirsch, Tigermücke.
Das Grauhörnchen wird bald im Tessin auftauchen.

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