ASO-Präsident Deutschland: Darum tritt Albert Küng zurück
Nach zwei Jahren im Amt gibt Albert Küng seinen Rücktritt bekannt. Mit ihm verliert die ASO einen dynamischen Leader, der die Organisation nach vorne brachte.
Albert Küng, Sie treten als Präsident der Auslandschweizer-Organisation Deutschland zurück. Warum?
Der Tag hat auch in Bayern nur 24 Stunden. Ich machte es gerne, aber ich mache Dinge auch gerne zu 100 Prozent. Es zeichnete sich im März ab, dass der Gesamtkontext meiner Engagements eine Reduktion verlangte. Es ist ja nicht nur dieses Präsidium. Ich bin auch Vorstandsmitglied in der Auslandschweizer-Organisation und Mitglied in der Stiftung Auslandschweizerplatz. Das fällt jetzt alles weg.
Was war denn der Aufwand?
Ein bis zwei Arbeitstage pro Woche. Die regelmässigen Meetings mit Vor- und Nachbereitung erfordern das.
Ist das Präsidium also ein Job, der sich nur für Pensionäre und Teilzeitler:innen eignet?
Nein, man kann es erledigen, je nach Rahmenbedingungen.
Was war Ihnen wichtig, als Sie antraten?
Erstens natürlich, die Sache der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland bekannter zu machen. Und dies nicht nur in Deutschland. Auch viele Inlandschweizerinnen und -schweizer sind sich kaum richtig bewusst, dass 800’000 Schweizer Staatsangehörige im Ausland leben. Zweitens wollte ich das Netzwerk in Deutschland ausbauen. Dies unter Berücksichtigung der bestehenden Vereinsstrukturen, aber vor allem über diese hinaus. In die Hände gespielt hat uns dabei die Digitalisierung.
«Es ist klar, man muss Vernetzung über die Vereinsstrukturen hinaus betreiben.»
Die bestehenden Vereine sind Multiplikatoren. Aber von den 100’000 Schweizer:innen in Deutschland sind nur rund 3000 in den 40 Vereinen organisiert. Es ist also klar, man muss Vernetzung über diese Vereinsstrukturen hinaus betreiben. Das ist übrigens auch der Gedanke bei der Entwicklung der Auslandschweizer-Organisation hin zu Swisscommunity. Die ASO in Bern geht ja auch in diese Richtung. Das, was wir unter Filippo Lombardi gestartet haben, das ist grossartig, aber es erfordert auch eine gewisse Zeit.
Wie nehmen Sie die Vereinslandschaft denn heute wahr?
Die Vereine haben das Thema wie alle andern auch: Wer hat Zeit? Wer rückt nach? Wer mag sich engagieren? Wir müssen uns also fragen, ob die Vereinsstrukturen noch die Antwort auf die Fragen der Zukunft sind. Und wir müssen den Gedanken der Vernetzung von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland stärker in die Fläche bringen.
Wir haben mit unseren Bemühungen tatsächlich mehr Interesse ausserhalb der Vereine wecken können. Statuten und Ämter, da haben viele keine Lust mehr drauf. Aber mit 800’000 Gleichgesinnten solide vernetzt zu sein, das ist attraktiv.
Wie hat sich die Mitgliederschaft entwickelt?
Seit ich 2021 ins Amt kam, haben wir leider wieder zwei Vereine verloren, das schmerzt. Sehr positiv aber ist: Ausserhalb der Vereine ist das Interesse gestiegen. Es gab einen Zuwachs an Direktmitgliedern, das sind Swisscommunity-Mitglieder, die nicht einem Verein zugehören. Diese Entwicklung gibt der Strategie, die ich in die Organisation einbrachte, also recht.
Was ist gelöst, welche Herausforderungen bleiben noch?
Bei Digitalisierung und Flächenwirkung haben wir die Türen aufgestossen, da bin ich zufrieden. Wir haben in zwei Jahren auch sechs Vereine ins Internet gebracht, digitale Formate eingeführt, da haben wir richtig Fahrt aufgenommen. Zu tun bleibt, dass wir die alten Strukturen in die digitalisierte Welt bringen müssen.
«Es gibt viele Schweizer:innen, die eine EU-Staatsbürgerschaft möchten. Sie haben erkannt, es könnte sich etwas verändern.»
Ist es eine Generationenfrage?
Nein, definitiv nicht. Alle sehen, die Sache der Schweizer:innen ist wichtig, unabhängig vom Alter. Nehmen Sie das Thema EU, da merken es die Jungen zuerst, beim Studieren etwa, mit Erasmus und Horizon. Die Älteren aber sehen die Insel England und machen sich ihre Gedanken. Es gibt derzeit einen sehr grossen Anstieg an Einbürgerungsgesuchen auf beiden Seiten, also auch viele Schweizerinnen und Schweizer, die eine EU-Staatsbürgerschaft möchten. Sie haben erkannt, es könnte sich etwas verändern. Das wird noch steigen, davon bin ich überzeugt.
Wenn Sie die deutsche ASO-Landschaft mit andern vergleichen, gibt es etwas, das speziell ist?
Die ASO Deutschland hat nach diversen Wechseln schwere Zeiten hinter sich. Aber die Themen sind überall gleich. Ich war kürzlich in Holland und sah, da stellen sich die gleichen Fragen. Und dann sind 40 Vereine auch ziemlich viel, gerade wenn man alle zusammen bewegen will. Beim Thema Direktwahlen in den Auslandschweizerrat zum Beispiel wird die Grösse schnell einmal zum Hindernis. Eine kleinere Organisation ist tendenziell schneller und innovativer.
Wie geht es mit der ASO Deutschland nun weiter?
Wir haben eine äusserst stabile Struktur, über ganz Deutschland verteilt. Die Auslandschweizer-Organisation ist hier wirklich sauber aufgestellt und tragfähig. Das macht es mir einfacher, jetzt Platz zu machen.
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