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Härtere Verfolgung von Tierquälern

Tierschützer fordern mehr Rechte für und mehr Respekt vor Tieren. Keystone Archive

Die Stiftung für das Tier ortet grosse Mängel bei der Verfolgung von Tierquälereien. Sie fordert mehr Tieranwälte.

Die Polizei nehme Strafanzeigen vielfach nicht ernst, Verstösse gegen das Tierschutzgesetz würden nicht angezeigt, die Strafen seien zu mild, kritisiert die Stiftung.

Der Vollzug des Tierschutz-Strafrechts habe sich im Jahr 2004 deutlich verschlechtert, sagte Antoine F. Goetschel, Geschäftsleiter der Stiftung für das Tier im Recht, vor den Medien. Im vergangenen Jahr wurden beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVeT) 453 Strafentscheide in Tierschutzfällen gemeldet. Das sind 77 weniger als 2003.

Goetschel zeigte sich überzeugt, dass nicht die Anzahl der Fälle zurückgegangen ist, sondern «Tierquälereien letztes Jahr weniger ernsthaft behandelt wurden». Er kritisierte, dass den zuständigen Vollzugsinstanzen oft die nötige Fachkompetenz im Tierschutzrecht fehle. «Wir brauchen mehr kantonale Tieranwälte.»

Hohe Dunkelziffer

Ihre Forderungen stützt die Stiftung auf eine von ihr erstellte Analsyse der Schweizer Vollzugspraxis im Tierschutz-Strafrecht der letzten zehn Jahre. Der Kanton Zürich – als einziger in der Schweiz seit 1992 mit einem Tieranwalt – meldete in dieser Zeit rund 1000 Straffälle, St. Gallen 495, Aargau 283, Bern 250 und Luzern 242.

Viele Kantone würden kaum oder sogar nie Fälle melden, sagte Gieri Bolliger, der Verantwortliche für die Studie. Es müsse davon ausgegangen werden, dass mindestens jeder dritte Tierschutzfall dem Bundesamt für Veterinärwesen pflichtwidrig nicht einmal gemeldet werde. «Wie gross die Dunkelziffer ist, wissen wir nicht.»

Strafen vielfach zu mild

Die Stiftung kritisiert überdies die Beurteilung von Delikten gegen das Tierschutzgesetz. «Die Strafen gegen Tierquäler sind viel zu mild, und der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen wird nicht ansatzweise ausgeschöpft», sagte Goetschel. In den letzten zwei Jahren lag die am häufigsten ausgesprochene Strafe bei 500 Franken.

«Fälle von Tierquälerei müssen endlich ernsthaft und fachkundig an die Hand genommen werden», so Goetschel. Untersuchungs- und Gerichtsinstanzen müssten den Mut zeigen, Strafen auszusprechen, die dem Leid der betroffenen Tiere wirklich gerecht würden. «Es braucht bessere kantonale Vollzugsstrukturen.»

Nachlässige Beweisführung

Mit der Serie von Tierquälereien in der Nordwestschweiz sieht sich die Stiftung in ihrer Arbeit bestätigt. Sie kritisiert jedoch die Beweisführung der Polizei in diesen Fällen. Die Tiere seien zum Teil geschlachtet worden, bevor sie untersucht wurden, sagte Goetschel.

Immerhin seien die Leute dadurch aufgerüttelt worden, und der Druck habe sich erhöht. «Erschütternd ist aber, dass in anderen Kantonen Tierquälerei weiterhin sehr lasch beurteilt wird.»

Alle erfassten Fälle im Netz

Auf ihrer Website hat die Stiftung alle seit 1982 beim BVET gemeldeten Tierschutz-Strafentscheide – rund 3500 – erfasst. Etwas mehr als die Hälfte betrifft landwirtschaftliche Nutztiere, rund ein Drittel Heimtiere. Bei ersteren sind es vor allem Rinder und Schweine, bei den Haustieren Hunde und Katzen.

Die Datenbank ist für jedermann zugänglich. Die einzelnen Fälle können mit dem Tatort, dem Straftatbestand und dem Urteil nachgeschlagen werden. «Wir hoffen, die Leute dadurch noch mehr sensibilisieren zu können», sagte Goetschel.

swissinfo und Agenturen

Auf ihrer Website hat die Stiftung alle seit 1982 beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) gemeldeten Tierschutz-Strafentscheide erfasst.

Das BVET hat 3500 Verurteilungen wegen Tierquälerei registriert.

Die Hälfte betrifft Nutztiere, rund ein Drittel Haustiere.

Seit Monaten werden verschiedene Schweizer Kantone mit einer Serie von Tierquälereien konfrontiert.

Seit Anfang Juni sind in der Nordwestschweiz und im Jurabogen rund 60 Tiere (Esel, Kühe, Schafe etc.) verstümmelt aufgefunden worden.

Diese Ereignisse haben in ländlichen Gebieten Betroffenheit ausgelöst. Es scheint allerdings, dass lediglich ein Drittel der Fälle auf einen oder mehrere Sadisten zurückgeführt werden kann. Bei den andern Fällen handelt es sich wahrscheinlich um natürliche Einwirkungen.

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