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Все меньше тишины в Швейцарии

Keystone

Lärm ist ein Nebenprodukt des modernen Lebens. Doch ist der Preis, den wir für zunehmende Mobilität und Entwicklung bezahlen, zu hoch? Urs Walker vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) erklärt im Interview, der richtige Kampf gegen den Lärm habe eben erst begonnen.

Schätzungsweise eine von sechs Personen in der Schweiz ist im Alltag schädlichem Lärm ausgesetzt, was etwa dem Durchschnitt in Europa entspricht.

Laut den Schweizer Behörden sind 1,3 der insgesamt 8 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz zu viel Lärm ausgesetzt.

Fortschritte in der Lärmverminderung wurden zwar erreicht, doch der Lärm bleibt immer noch eines der schwerwiegenden und unterschätzten Umweltprobleme unserer Zeit.

Laut Urs Walker, Chef der Abteilung Lärmbekämpfung im Bundesamt für Umwelt, wurden die meisten Probleme mit Industrielärm seit der Einführung von Lärm-Grenzwerten 2002 gelöst. Die grössten Lärmquellen seien heute die Strasse, die Schiene und der Luftverkehr.

Er ist der Meinung, es sei an der Zeit, dass man Frieden und Ruhe als wichtige Quellen unseres Lebens zu betrachten beginnt, ohne die wir nicht existieren können.

swissinfo.ch: Wir können die Zeit nicht zurückschrauben. Die zunehmende Mobilität ist eine Tatsache. Sollten wir den Lärm nicht einfach als Preis für den Fortschritt annehmen?

Urs Walker: Lärm wird oft als Nebenprodukt der Zivilisation angesehen, mit dem man einfach leben muss. Doch Lärm kann unserer Gesundheit schaden, wenn die Lautstärke zu lange zu hoch ist.

Lärm ist nicht etwas, woran man sich gewöhnt. Wir denken vielleicht, wir hätten uns daran gewöhnt, aber der Körper kann sich nicht daran gewöhnen. Der Organismus wird auf die Lärmbelastung reagieren. Daher denke ich, ist es falsch, hohe Lärmpegel als nötiges Übel zu akzeptieren. Wir müssen etwas dagegen tun.

swissinfo.ch: Ist es im Alltagsleben in der Schweiz überhaupt noch möglich, Frieden und Ruhe zu finden?

U.W.: Ich denke, es gibt immer noch stille Oasen in der Schweiz, besonders in den Wäldern und Bergen, doch es gibt immer weniger davon. Das heisst, es gibt immer mehr Lärm, der auch bis in die alpinen Bergtäler hinaufgelangt.

Stille ist ein unsichtbares Gut. Ohne Stille könnten wir überhaupt nicht existieren. Ich spreche nicht über die Totenstille in der Wüste, sondern über natürliche Umgebungsgeräusche aus der Landschaft, die für unser Wohlbefinden als Menschen wichtig sind. Wir brauchen so etwas nicht nur auf der Alpwiese, sondern auch in der Nähe unseres Wohn- und Arbeitsortes.

swissinfo.ch: Lärm ist zu einem gesellschaftlichen Problem geworden, das zu Konflikten und Gerichtsprozessen führt. Wie soll damit umgegangen werden?

U.W.: Das ist eine der grossen Herausforderungen der Zukunft. Ein Beispiel: Leute, die abends und am Wochenende in die Stadt in einen Nachtklub gehen, um zu feiern – und gleichzeitig möchten Anwohner schlafen. Es ist schwierig, diese unterschiedlichen Interessen zu überbrücken, doch wir müssen Lösungen finden.

Das andere Problem: die traditionell geteilten Werte, wann man still sein sollte und wann nicht, gelten nicht mehr. Junge und ältere Menschen entfernen sich in dieser Frage immer mehr voneinander.

swissinfo.ch: Was wurde in den letzten Jahren in Sachen Lärmschutz erreicht?

U.W.: Seit den 1980er-Jahren hat jedes Strassen- oder Eisenbahnprojekt den Lärmschutz automatisch mit einbezogen. Das heisst, der Lärmschutz wird für jede Baubewilligung in diesen Bereichen geprüft und umgesetzt.

Es gab ein nationales Programm im Umfang von 1,3 Milliarden Franken für Lärmschutz-Erneuerungen bei den Bahnen. Dieses Programm läuft weiter, gegenwärtig ist eine Vorlage im Parlament. Innerhalb dieses Programms haben wir in der Schweiz jeden Bahnwaggon mit leiseren Bremssystemen aufgerüstet.

Auf den Strassen ist auch viel geschehen, besonders mit Lärmschutz-Wänden, in den letzten Jahren aber auch mit Geschwindigkeits-Reduktionen und leiseren Strassenbelägen.

swissinfo.ch: Wo kann man in Zukunft Verbesserungen machen?

U.W.: Wir können viel tun. Auf technischer Seite müssen wir mit den grössten Lärmquellen anfangen – Fahrzeuge, Strassen und Eisenbahnen. Autos können leiser gemacht werden, Reifen auch. Wir haben dazu eine Informationskampagne geführt.

Als Konsument kann man auch ein Elektrofahrzeug kaufen, statt auf Benzin zu setzen. Und wir haben vor, wirtschaftliche Anreize zu bieten, damit Produzenten leisere Produkte durchsetzen und die Konsumenten diese auch kaufen.

Im Bausektor kann man Aspekte bereits in der Planung berücksichtigen: Wie die Gebäude platziert, wie die Räume aufgeteilt, welche Materialien ausgewählt werden. All dies hat einen grossen Einfluss auf die Ausbreitung von Schallwellen. Zufahrts- und Durchgangsstrassen sollten ebenfalls in die Planung integriert werden. Da gibt es ein grosses Potenzial zur Verminderung von Lärmkonflikten.

swissinfo.ch: Ist die Lärmbelästigung das grösste Umweltproblem in der Schweiz?

U.W.: Lärm ist ein weitverbreitetes Umweltproblem. Wir schätzen, dass etwa 1,3 Millionen Menschen in der Schweiz zu viel Lärm ausgesetzt sind. Doch ob es damit das grösste Umweltproblem ist, ist schwierig zu sagen. In überbauten Gebieten ist es ein besonders weitverbreitetes Problem, doch ich möchte es nicht gegenüber anderen Risiken und Problemen aufwiegen.

swissinfo.ch: Welche Konsequenzen hat Lärm auf die Gesundheit?

U.W.: Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser Frage. Die Konsequenzen lassen sich besonders in Problemen mit hohem Blutdruck sehen, der zu Herzinfarkten führen kann.

Ein anderes Problemfeld sind Schlafstörungen. Die neuere Forschung hat herausgefunden, dass Kinder, die in lärmbetroffenen Gegenden leben, eine Verzögerung in der kognitiven Entwicklung zeigen.

Wir haben mit den Methoden der Weltgesundheits-Organisation WHO auch ausgerechnet, wie viele behinderungsbereinigte Lebensjahre (disability adjusted life years) verloren gehen. In der Schweiz gehen wegen Lärmbelastung jedes Jahr 47’000 Lebensjahre verloren – gleich viele, wie wegen der Feinstoffbelastung der Luft.

Перевод с немецкого и адаптация: Надежда Капоне

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