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100. Todestag von Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche (1844-1900); undatierte Aufnahme. Keystone

Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche war nie Schweizer Bürger, obwohl er das zeitweise glaubte. Einige der wichtigsten Meilensteine seines Lebens lagen dennoch in der Schweiz. Heute Freitag (25.08.) vor genau 100 Jahren starb Nietzsche in Weimar.

“Der treue Schweizer” unterschrieb der Philosoph 1870 einen Brief. Danach reiste er zehn Jahre lang gutgläubig mit einem abgelaufenen Basler Reisepass durch Europa.

1877, nach seiner ersten Fahrt durch den Gotthart, rührte ihn der Dialekt eines Gepäckträgers derart, dass er bekannte, “viel lieber unter Deutschschweizern als unter Deutschen” zu leben.

Schweizer Fixpunkte

An der Basler Universität hatte Nietzsche von 1869-79 seine erste und einzige feste Stelle. In Tribschen bei Luzern verbrachte er die besten Zeiten mit Wagner. In Genf machte er den ersten von zwei missglückten Heiratsanträgen. St. Moritz war für ihn das “Land der Verheissung”, in Sils-Maria ging Zarathustra an ihm vorbei und inspirierte ihn zu seinem berühmtesten Werk.

Der Kreis schloss sich 1889, als an der Basler Nervenklinik “progressive Paralyse” diagnostiziert wurde. Nietzsche sollte bis zu seinem Tod in Weimar am 25. August 1900 nicht mehr aus der Umnachtung auftauchen.

Der Wunderknabe

“Noch nie habe ich einen jungen Menschen gekannt, der so früh schon so reif gewesen wäre”, mit Nietzsche “wäre Ihren Bedürfnissen unfehlbar in capitaler Weise entsprochen”: Mit diesen Worten empfahl 1869 der Leipziger Professor Friedrich Ritschl den Studenten Friedrich Nietzsche Wilhelm Vischer, dem Präsidenten des Basler Uni-Kuratels.

Dass der Wunderknabe noch nicht habilitiert sei, liege einzig daran, dass die obligatorischen fünf Jahre seit dem Abitur noch nicht abgelaufen seien, meinte Ritschl. So kam es, dass der Pastorensohn aus dem sächsischen Röcken halt ohne Habilitation, mit 24 Jahren Professor der klassischen Philologie in Basel wurde.

Nietzsche in Basel

Der junge Vollblutgelehrte war so recht nach dem Geschmack des Baslers Bildungsbürger-“Daig” und wurde fleissig eingeladen. Nach einigen Ausflügen aufs gesellschaftliche Parkett wendete sich der lebenslang Menschenscheue aber von den Basler “Pfahlbürgern” ab.

Dennoch fand er Freunde fürs Leben: Jakob Burckhardt etwa, für Nietzsche der einzige, der nicht “dem Niedergang der deutschen Cultur” verfallen war; der Musiker Heinrich Köselitz alias Peter Gast, der Nietzsche verehrte und seine unleserlichen Notizen ins Reine schrieb; Franz Overbeck schliesslich, der den Irregewordenen dereinst 1889 in Turin abholen sollte.

Reisen und Gebrechen

Neben den akademischen Pflichten und mit den 3’000 bis 4’000 Franken Jahresgehalt – die er auch noch nach der krankheitsbedingten Kündigung 1879 weiter bekam – konnte Nietzsche bequem leben, seine Studien betreiben und vor allem reisen.

Zwischen 1869-1872 verbrachte er viel Zeit bei Richard Wagner und Cosima in Tribschen und hatte dort zwei ständige Zimmer zur Verfügung.

Im Lande Zarathustras

Ab 1873 litt Nietzsche zunehmend an Migräne und Magenbeschwerden, 1879 musste er aus dem Lehramt ausscheiden. In der Folge pendelte er zwischen Deutschland, der Schweiz und Italien und fand schliesslich in den sieben Sommern 1881-88 in Sils-Maria die kreative Athmosphäre, die er brauchte.

Schon in seinem ersten Silser Sommer, während eines Spaziergangs am “See von Silvaplana, unweit Surlei”, kam ihm der Gedanke, der der Schlüssel werden sollte zu seinem bekanntesten Werk “Also sprach Zarathustra” und “Die ewige Wiederkehr des Gleichen”.

swissinfo und Agenturen

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