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ABB nach dem Turnaround

Setzt sich ehrgeizige Ziele: ABB-Chef Fred Kindle vor den Medien in Zürich. Keystone

Der Technologie-Konzern ABB hat sich hohe Ziele gesetzt. In den nächsten fünf Jahren will er sich auf Rendite statt Wachstum konzentrieren.

In einem Gespräch mit swissinfo erklärt Konzernchef Fred Kindle, wie das Unternehmen den Turnaround nach Jahren der Krise geschafft hat.

Exakt ein Jahr nach seiner Ernennung zum CEO der schwedisch-schweizerischen ABB präsentierte Fred Kindle am Dienstag seine Wachstums- und Gewinnziele bis 2009. Er kündigte unter anderem auch an, dass die Robotik-Abteilung von den USA nach China ausgegliedert werden soll.

Weil sich der Konzern künftig auf die globalen Wachstumsmärkte konzentrieren wolle, sei ein Stellenabbau in Europa nicht auszuschliessen, so Kindle weiter.

Obwohl der ABB-Hauptsitz in Zürich von den Restrukturierungen und Ausgliederungen kaum betroffen ist, schloss Kindle nicht aus, dass dort trotzdem einige Stellen gestrichen werden.

Nach drei von Verlusten geprägten Jahren schrieb die ABB im letzten Jahr erstmals wieder schwarze Zahlen, musste die Zahlen aber kurz darauf wegen Rückstellungen für den Asbest-Vergleich in den USA nach unten korrigieren. Für dieses Jahr erhofft sie sich einen Schlussstrich unter den langwierigen und kostspieligen Rechtsstreit in den USA.

Kindle führte den Konzern zuerst vier Monate lang in Zusammenarbeit mit Verwaltungsratspräsident Jürgen Dormann, der die ABB 2003 aus der grossen Krise geführt hatte. Erst im letzten Januar übernahm Kindle dann die alleinige Verantwortung über die operative Tätigkeit des Konzerns.

swissinfo: Ist die grosse Krise bei der ABB jetzt endgültig überwunden?

Fred Kindle: In den wichtigen Geschäftsbereichen sind wir über dem Berg. Ich bin zuversichtlich und habe ein gutes Gefühl für unsere Zukunft. Mit der ABB geht es jeden Tag aufwärts.

swissinfo: Wie wichtig ist China für die Zukunft von ABB?

FK: China mit seinem enormen Marktpotenzial hat zu Recht eine sehr starke Stellung. Deshalb widmen wir ihm grosse Aufmerksamkeit. Unsere globalen Möglichkeiten beschränken wir jedoch nicht alleine auf China. Wir haben auch eine brillante Performance in Indien und im Nahen Osten entwickeln wir uns dynamisch. Man kann daher sagen, dass der Fokus von ABB tatsächlich global ist.

swissinfo: Aber Sie wollen die Robotik-Abteilung nach China ausgliedern.

FK: Tatsache ist, dass die ABB sich der Realität des globalen Marktes stellen muss. Die Möglichkeit, unsere Geschäftsbereiche in Ländern mit tieferen Lohnkosten anzusiedeln, gibt uns einen Wettbewerbs-Vorteil. Das können wir nicht ignorieren und wir müssen aktiv sein. Mit unserem Erfolg in prosperierenden Ländern können wir zur Schaffung von Stellen in industrialisierten Ländern beitragen.

swissinfo: Ist der Asbest-Rechtsstreit in den USA bald beendet?

FK: Das Gericht berät zur Zeit noch über das endgültige Urteil. Wir haben im Asbest-Streit einige Überraschungen erlebt. Mit ähnlichen Problemen rechnen wir künftig nicht mehr. Vor dem abschliessenden Urteil können wir jedoch nicht ganz sicher vor neuen Überraschungen sein.

swissinfo: War es schwierig für Sie, aus dem Schatten des ehemaligen Konzernchefs und heutigen Verwaltungsratspräsidenten Jürgen Dormann zu treten?

FK: Die Arbeit mit Herrn Dormann war bisher sehr konstruktiv und positiv. Wir stecken beide in unterschiedlichen Phasen unserer Karrieren. Der Wechsel war daher sehr natürlich.

Dormann war Konzernchef während den Krisenjahren und ich hoffe, dass ich das Unternehmen noch während vielen Jahren leiten kann. In meiner bisherigen Karriere habe ich schon viele grosse Herausforderungen gemeistert. Zudem weiss ich genau, worum es bei der Leitung eines grossen Konzerns geht. Herausforderungen überraschen mich nicht, sie sind die Würze des Lebens.

swissinfo-interview: Matthew Allen in Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Nicole Aeby)

In den nächsten vier Jahren will ABB um jährlich über 5% wachsen und die Profitabilität verdoppeln.

Der neue Chef Kindle setzt mit neuer Organisation und Chefwechseln Zeichen.

Die alten mittelfristigen Ziele von 2002 bis 2005, die noch vom damaligen Konzernchef Jürgen Dormann gesetzt worden waren, hatten bis 2005 eine durchschnittliche Umsatzzunahme von 4% angepeilt.

Noch ambitionierter ist Konzernchef Kindle bei den anvisierten Margen. Der Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Verhältnis zum Umsatz soll bis 2009 auf über 10% zu liegen kommen.

Im Vergleich zur Marge von 5,8% nach dem ersten Halbjahr 2005 bedeutet dies nahezu eine Verdoppelung.

Das Margenziel für das laufende Jahr von 6,6 bis 7,1% wurde beibehalten.

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