Ein Autotheater zum fünfzigsten Geburtstag

Planetarium, Simulatoren, begehbare Flugzeuge, alte Eisenbahnen: Das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern wird 50 Jahre alt. Die quasi ur-schweizerische Insititution begeht ihr Jubiläum mit der Einweihung einer neuen Halle Strassenverkehr.
«Eigentlich hätten wir für die neue Halle gar keine Schilder gebraucht», sagt der Direktor des Verkehrshauses, Daniel Suter, «dass es in der neuen Halle um den Autoverkehr geht, sieht man auch so».
Die Wände der Halle sind mit grossen Verkehrsschildern bedeckt, nach Schweizer Art.
Die blauen sind Hinweisschilder für Hauptstrassen, die grünen für Autobahnen und die weissen zeigen in den Regionen, wo es lang geht.
Vor der Halle steht ein alter Migros-Verkaufswagen. Auch er gehört zur Verkehrsgeschichte der Schweiz.
Das Autotheater
In der Halle selber befindet sich auf der rechten Seite das so genannte Autotheater. Ein Theater ist es zwar nicht, eher ein von Robotern bedientes Gestell, bei dem die Fächer so gross sind, dass ganze Autos darin Platz haben.
Gezeigt werden 80 Fahrzeuge aus den Jahren von 1860 bis 2005. Welches Objekt der Roboter zur näheren Betrachtung holen soll, entscheiden die Besucher und Besucherinnen in einer kleinen Abstimmung unter den Anwesenden, per Knopfdruck.
Das Auto wird dann auf eine Drehscheibe gestellt und kann von allen Seiten betrachtet werden. Über jeden Wagen oder jedes Gefährt – auch Motorräder, Kutschen und Velos kommen im Regal vor,- wird gleichzeitig ein kleiner Film gezeigt.
Die untere Hälfte des Hochregallagers zeigt die wichtigsten Autokonstruktionen des 20. Jahrhunderts. Es seien die Kronjuwelen der Sammlung des Verkehrshauses und Meilensteine der Autogeschichte, so das Verkehrshaus.
Blick in die Zukunft
Das Autotheater sei ein Blick in die Vergangenheit des Individualverkehrs, sagt Direktor Suter. Das Verkehrsmuseum habe es aus seinem Fundus bestücken können. «Doch wir haben uns auch mit der Zukunft des motorisierten Verkehrs beschäftigt.»
Das Verkehrshaus hat in diesem Bereich mit den drei Autofabrikanten Toyota, BMW und Chevrolet zusammengearbeitet. «Was die Technik der Vergangenheit betrifft, sind wir vom Verkehrshaus bestens informiert», meint This Oberhänsli, Kurator der neuen Halle.
«Aber für die Techniken der Zukunft waren wir inhaltlich auf diejenigen angewiesen, die sie entwickeln.» Er verschweigt nicht, dass das Verkehrshaus auch über die finanziellen Beiträge der Autoindustrie froh war.
Die Zukunft besteht aus emissionsarmen Motoren. Auf einer Themeninsel zeigt der japanische Autohersteller, wie sein Hybridmotor funktionert, BMW will mit Fahrspass überzeugen und die Firma Chevrolet arbeitet an einem Elektroauto, das gänzlich auf Treibstoff aus fossilen Energien verzichtet.
«Diese Ausstellung ist für fünf Jahre geplant. Das heisst aber nicht, dass wir nichts daran ändern, wenn sich beim Entwicklungsstand der Motoren etwas ändert», sagt Oberhänsli.
Maus oder Wildschwein?
Die neue Halle bietet auch einen Test, welcher Typ Autofahrer oder Autofahrerin in einem schlummert. Danach wird man einem Tier zugeordnet. Vom Mäuschen bis zum Wildschwein sind alle Typen repräsentiert.
Diese Insel dient der Unfallverhütung. In den 1970er-Jahren sind in der Schweiz pro Jahr 1800 Personen im Strassenverkehr ums Leben gekommen. «Diese Zahl hat man drastisch reduzieren können, auf rund 380 pro Jahr», sagt Suter, «das sind aber immer noch zu viele».
Auf dieser Insel hat das Verkehrsmuseum auch einen neuen Crash-Test eingerichtet, bei dem Interessierte die Kräfte bei einem Autounfall selbst fühlen können. Mit 13,5 Stundenkilometern prallt ein Auto gegen ein Hindernis. Angegurtet überlebt man das ohne Verletzungen.
Suter hält allerdings fest: «Der Rücksitz ist im Moment ein gefährlicher Ort. Dort ist die Disziplin, Sicherheitsgurten zu tragen, am kleinsten.»
Draussen, vor der neuen Halle, hat das Verkehrshaus – ebenfalls zur Feier des 50. Geburtstags – einen neuen Verkehrsgarten eingerichtet. Er ist für Kinder ab zwei Jahren konzipiert.
«Aufgepasst», schmunzelt der Direktor, «hier ist vieles echt. Man kann sich sogar die Finger einklemmen.»
Eveline Kobler, Luzern, swissinfo.ch
Alfred Waldis, der «Vater» des Verkehrshauses, wird in diesem Jahr 90 Jahre alt.
Er baute seinerzeit das Museum auf – seit seiner Eröffnung das bestbesuchte der Schweiz. Als Direktor prägte er es bis 1979.
Auch heute noch ist das Interesse an «seinem» Museum ungebrochen. Vital wie eh, verfolgt er von Haus aus die Entwicklung des nahe gelegenen Verkehrshauses.
Die Nähe zum Verkehr wurde Waldis praktisch in die Wiege gelegt: Sein Vater war Steuermann bei der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV).
1937 trat Waldis als Stationslehrling in den Dienst der SBB. 1942 kam er in die Kreisdirektion Luzern. Schon damals zeigte Waldis Initiative.
So baute er etwa den Schuldienst der SBB auf. 1957 wurde er Direktor des geplanten Verkehrshauses.
Nach der Eröffnung realisierte er unter anderem das erste Planetarium der Schweiz (1969), die Halle Luft- und Raumfahrt (1972) und das Hans-Erni-Haus (1979).
Mit dem Maler Hans Erni, dessen Vater ebenfalls bei der Schifffahrtsgesellschaft arbeitete, verbindet ihn übrigens eine lange Freundschaft.
Und auch Erni feierte in diesem Jahr einen runden Geburtstag – er ist genau doppelt so alt wie das Verkehrshaus.

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