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Der Zeitmesser von Turin ist ein Schweizer

Für Francesco de Rose ist Turin 2006 die Krönung eines dreijährigen Projektes. swissinfo.ch

Swiss Timing ist der Zeitmesser in allen Disziplinen der Olympischen Spiele in Turin. swissinfo hat mit Projektleiter Francesco de Rose gesprochen.

Die im Berner Jura ansässige Swatch-Tochter arbeitet für die zur Swatch Holding gehörende Firma Omega, die in Turin als offizielle Zeitmesserin auftritt.

Das Projekt Turin 2006 von Swiss Timing wurde während drei Jahren vorbereitet. Die ersten operationellen Gespräche mit dem italienischen Organisationskomitee der Olympischen Winterspiele in Turin (TOROC) fanden parallel zur Zeitmessung an den Olympischen Sommerspielen in Athen (2004) statt.

Seitdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) Swiss Timing das Projektmandat erteilt hat, wurden 220 Tonnen technisches Material von der Schweiz ins italienische Piemont transportiert, darunter mehr als 100 Kilometer Glasfiber- und Telefonkabel.

Während den Spielen sind 208 Chronometer von Swiss Timing in Betrieb, sowohl in Turin wie auch in Sestriere, Bardonecchia, Cesana, Pinerolo, Pragelato und Sauze d’Oulx, den sieben Austragungsorten.

swissinfo hat Francesco de Rose getroffen – den Mann, der für dieses Grossprojekt verantwortlich ist.

swissinfo: Francesco de Rose, können Sie gut schlafen?

Francesco de Rose: Es gibt zwar Stress und Adrenalinstösse, aber schlafen kann ich trotzdem gut. Bei dieser Art von Projekt hängt alles davon ab, wie die Vorbereitung abgelaufen ist.

In den Tagen vor der Eröffnungszeremonie haben wir nochmals sämtliche Einrichtungen an allen Austragungsorten minutiös getestet. Alles klappte. Und das ist die entscheidende Phase.

swissinfo: Welches sind die grössten Herausforderungen für Sie während den Spielen?

F.d.R.: Beim ersten Einsatz stehen drei Jahre Projekt-Vorbereitung auf dem Spiel. Ich kann Ihnen versichern, die Spannung ist da und sie bleibt während den ersten Tagen der Spiele erhalten. Die ersten Tage sind äusserst wichtig, sie bestimmen den weiteren Verlauf der Spiele.

Alle Zeitmesser an Ort sind sehr erfahrene Leute. Sie sind sich an diese Art von Wettkämpfen und an den damit verbundenen Stress gewöhnt.

Auf Olympiade-Ebene können wir uns keine Fehler leisten. In unserem Job darf es keine solchen geben. Wir haben alle technologischen Mittel zur Verfügung, um Fehler zu vermeiden.

swissinfo: Haben Sie nicht gleichwohl manchmal Angst vor dem grossen Absturz?

F.d.R.: Wir schützen uns davor. Wir haben mehrere Zeitmessungssysteme, die völlig unabhängig voneinander funktionieren, zum Teil auch verschiedene Systeme.

Zudem wird bei gewissen Sportarten, gemäss deren Reglementen, die Zeit manuell gemessen.

swissinfo: Gibt es Sportarten, die für die Zeitmessung besonders schwierig sind?

F.d.R.: Ja. Rodeln zum Beispiel oder Langdistanz-Eisschnelllauf. In diesen beiden Disziplinen geht die Zeitmessung bis zu Tausendstels-Sekunden. Die Technologie muss also sehr ausgeklügelt sein.

swissinfo: Swiss Timing ist schon lange im Sport-Zeitmesssbusiness. Haben Sie den Eindruck, dass Ihnen die Athleten und die Sportverbände vertrauen?

F.d.R.: Wir kennen uns gegenseitig, das Vertrauen ist da. Aber wir müssen immer top sein. Deshalb entwickeln und testen wir andauernd neue Produkte.

swissinfo: Wie erleben Sie die Olympischen Spiele in Turin? Lediglich via Zeitmessung, oder haben Sie noch Zeit, die Spiele zu geniessen?

F.d.R.: Wenn alles aufgegleist ist und gut begonnen hat, dann kann ich auf technologischer Ebene konzentriert bleiben und gleichzeitig die Spiele geniessen. Ich bin ein Sportliebhaber und werde alle Austragungsorte besuchen. Ich verfolge stets auch die Resultate der Schweizer Sportlerinnen und Sportler.

swissinfo: Ihre ersten Olympischen Spiele waren jene in Atlanta. Haben sie eine bestimmte Erinnerung daran?

F.d.R.: Die Hitze! Aber auch andere Dinge wie die allgemeine Stimmung, unser Teamgeist, die kleinen alltäglichen Probleme…

swissinfo: Sie sind zum ersten Mal Leiter des Technologie-Projektes von Swiss Timing an den Olympischen Spielen. Sie werden es auch an den Olympiaden in Peking und Vancouver sein. War dieser Job Ihr Ziel?

F.d.R.: Die Dinge haben sich von selbst entwickelt. Für diesen Job, wie für viele andere, ist es am besten, wenn man vorher alle Etappen des Berufs durchlaufen hat. Nur so kann man das Projekt in seiner Gesamtheit im Griff haben.

Ich habe Zeitmessungen gemacht, ich habe immer bedeutendere Projekte betreut. Natürlich hatte ich immer Lust, am grössten Sportanlass der Welt für die Zeitmessung verantwortlich zu sein.

swissinfo: Sie kommen aus La Chaux-de-Fonds. Haben Sie angesichts der vielen internationalen Anlässe überhaupt noch Zeit, ab und zu in die Schweiz zurückzukommen?

F.d.R.: Ja. Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit in meiner Heimatregion im engsten Freundeskreis. Aber ich will unbedingt reisen, andere Horizonte entdecken, andere Mentalitäten kennen lernen.

Ich glaube, wenn die Leute mehr reisen würden, könnten sie sich gegenseitig besser kennen lernen und damit besser akzeptieren.

swissinfo-Interview: Mathias Froidevaux, Sestriere
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)

Francesco de Rose aus La Chaux-de-Fonds ist 41 Jahre alt. Er spricht fünf Sprachen, Französisch, Italienisch, Spanisch, Englisch und Deutsch.

Der Elektrotechniker de Rose machte später eine Ausbildung in Informatik und Projekt-Management.

Er arbeitet seit 17 Jahren bei der Swatch Group. Die Olympischen Spiele in Turin sind seine ersten als Technologie-Projektleiter. Er wird diesen Job auch an den Spielen in Peking (2008) und Vancouver (2010) ausführen.

Swiss Timing, 1972 gegründet, ist die auf Zeitmessung spezialisierte Service-Firma von Omega, die ihrerseits zur Swatch Group-Holding gehört. Swiss Timing ist in Corgémont, im Berner Jura, ansässig und beschäftigt über 100 Personen.

Swiss Timing ist eine Tochter der Swatch Group, des grössten Uhrenkonzerns der Welt, und ist Weltleader im Bereich Sport-Zeitmessung. Vor Beginn der Olympischen Spiele in Turin kündigte Swiss Timing den Wiederkauf der im gleichen Bereich tätigen deutschen Firma Wige Data an.

Die Wettkämpfe in Turin sind die 22. Olympischen Spiele der Firma Omega. Nach Turin hat Swiss Timing vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) auch das Mandat als offizieller Zeitmesser für die Spiele in Peking (2008) und Vancouver (2010) erhalten.

Laut Swatch Group-Konzernchef Nicolas Hayek jr. sieht das Auftragsverhältnis zwischen seinem Unternehmen und dem IOC vor, dass die Firma Omega für ihren Auftritt als offizieller Zeitmesser bezahlen muss; die Arbeit von Swiss Timing wird ihr vom IOC aber vergütet. Alles in allem gibt die Swatch Group ungefähr 10 Mio. Franken aus, profitiert aber vom weltweiten Marketingeffekt.

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