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Die unbekannten Facetten des Bündner Künstlers

Das Centre Pompidou zeigt auch bisher unbekannte Werke des Bündner Künstlers. (Centre Pompidou)

Alberto Giacometti - wie ihn nur wenige kennen. Diesen Anspruch erhebt das Centre Pompidou mit seiner Ausstellung "Das Atelier von Alberto Giacometti".

Erstmals werden mehr als 600 Werke gezeigt, von ersten Gipsentwürfen, den ersten Gemälden des 15-jährigen Bündner Künstlers über Fotografien und Zeichnungen bis hin zum Kronleuchter.

Viele der Exponate, zum grössten Teil Leihgaben der Stiftung Alberto und Annette Giacometti, wurden bisher nur selten der Öffentlichkeit gezeigt.

Dazu zählen die Wandmalereien aus seinen drei Ateliers in Paris, Stampa und Maloja.

Der Titel der Ausstellung spiegelt den Wunsch der Kuratoren wider, jeden Aspekt der Arbeit des 1901 in Stampa, Kanton Graubünden, geborenen Künstlers zu zeigen. Denn Atelier wird hier als Laboratorium verstanden, als ein Ort der Schöpfung und des Experimentierens.

Früh- und Spätwerk

So befinden sich unter den rund 200 Skulpturen, 60 Gemälden, 70 Zeichnungen und 190 Fotografien bisher nie gezeigte Entwürfe und Versuche. Die Gegenüberstellung der im Laufe der Jahre angefertigten Büsten und Köpfe seines Bruders Diego erlaubt es, die Unterschiede zwischen seinem Früh- und Spätwerk zu erkennen.

Während die ersten Werke noch von surrealistischen und sich suchenden Formen geprägt sind, entwickelte Giacometti mit den Jahren eine eigene Körpersprache, deren wichtigstes Stilmittel der Aspekt des Unvollendeten ist.

Nachkonstruiertes Atelier

Die Ausstellung, die bis zum 11. Februar 2008 zu sehen ist, taucht den Besucher zunächst in das familiäre Umfeld des Künstlers ein: Ein Porträt als Kleinkind von seinem Vater Giovanni Giacometti und später als Jugendlicher weisen darauf hin, dass Alberto aus einer Künstlerfamilie stammt. Sein Vater führte ihn schon sehr früh in die Kunst der Bildhauerei ein.

So modellierte er als knapp 15-Jähriger bereits sein erstes Werk, einen Kopfentwurf seines Bruders.

Das zum Teil nachkonstruierte Pariser Atelier in der Rue Hippolyte-Maindron gibt einen Eindruck davon, wie Giacometti von 1926 bis zu seinem Tod im Jahr 1966 lebte und arbeitete.

Gelungener Überblick

Neben einer Staffelei, auf der eines seiner typischen Strichbündel-Porträts steht, sind mehrere Sockelstudien zu sehen. Denn für Giacometti war der Sockel fester Bestandteil des Kunstwerks.

Besonders beeindruckend wirken seine lebensgrossen, in die Vertikale wachsenden Figuren von “Homme qui marche”.

Die Präsentation der Werke führt den Besucher von Nischen mit Fotografien und Videos, die den Künstler bei der Arbeit zeigen, in grosse Räume, in denen er zwischen den schwerelosen Figuren, Köpfen und Gemälden schlendern kann. Ein gelungener Überblick zu Giacomettis Erfahrung von Grösse und Raum, Masse und Leere.

swissinfo und Sabine Glaubitz, dpa

Er wurde am 10.10.1901 in Borgonovo ob Stampa im Bergell geboren und starb am 11.1.1966 an Lungen- und Herzversagen in Chur.

Sein Vater Giovanni war ein spätimpressionistischer Landschaftsmaler und Grafiker. Auch sein Vetter Augusto war Maler.

Alberto Giacometti studierte 1919 an der Kunstakademie und der Kunstgewerbeschule in Genf.

Früh begann Alberto Giacometti, Skulpturen mit imaginären und symbolischem Charakter zu schaffen. 1930 schloss er sich dem Surrealismus an.

1935 brach er mit dem Surrealismus und sein persönlicher Stil gelangte zur vollen Entfaltung. Die ausgezehrten Formen seiner überlangen Figuren entmaterialisierten sich zusehends und brachten in eindringlich expressionistischer Form das Gefühl von Verlassenheit und Einsamkeit zum Ausdruck.

Nach dem 2. Weltkrieg zeichnete Alberto Giacometti auf neuartige Weise überhöhte Strichfiguren. Über diese Zeichnungen gelangte er zu einem neuen Stil für seine Plastiken.

Alberto Giacometti erhielt den Carnegie Award für Plastik und den Grossen Preis für Plastik der Biennale von Venedig im Jahre 1962. Mehrere retrospektive Ausstellungen waren ihm gewidmet.

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