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Dino-Spuren im Jura bald zugänglich

Die Baustelle des Autobahn-Anschlusses mit der Fährtenplatte im Vordergrund. swissinfo.ch

Im Kanton Jura werden beim Bau der Autobahn immer mehr Spuren von Dinosauriern entdeckt. Die Menge ist weltweit einmalig.

Eine der international bedeutendsten Fundstellen wird nun bald zugänglich gemacht. Zu ihrem Schutz soll eine Brücke um 40 Meter verlängert werden.

“Nicht nur ein offenes Buch, sondern eine Art Enzyklopädie der Geschichte vor 152 Millionen Jahren an diesem Ort”, nennt Wolfgang Hug, Leiter der Sektion Paläontologie des Kantons Jura, die Fundstelle.

Wir stehen bei Chevenez auf der Baustelle für einen Halbanschluss an die neue Autobahn A16, die so genannte Transjurane, und sehen uns die dort gefundenen Dinosaurier-Spuren an.

Gefunden wurden sie auf einer horizontal liegenden Kalkplatte. “Wir haben hier eine einmalige Fundstelle, mit einer Platte, die zirka 300 Quadratmeter gross ist”, sagt Hug.

Spuren im Sand

Diese Spuren stehen in Verbindung mit der damaligen Umwelt-Situation im Jura: Ein sehr flacher und breiter Strand, den die Saurier benutzten, um den dichten Busch zu umgehen. Die Fusstapfen wurden daraufhin von Schlamm bedeckt und für die Ewigkeit konserviert.

An insgesamt sechs Stellen haben die Paläontologen diverse Saurierspuren entdeckt. Die Gesamtheit aller Fundstellen, die in 14 Kalkstein-Schichten (so genannten Horizonten) Spuren aufweisen, ist weltweit einmalig.

Gegraben wurde erst auf den Baustellen der Autobahn. Seit 2002 haben die Forscher bereits auf 2000 Quadratmetern Dino-Spuren gefunden. Doch neben den Baustellen warten vermutlich noch zehntausende weitere Fährten auf ihre Entdeckung.

Sie stammen von Sauropoden und Theropoden, die vor 152 Millionen Jahren über den Strand gingen.

Sauropoden sind grosse, vierfüssige Pflanzenfresser bis 30m Länge, Theropoden dreizehige Fleischfresser, die bis 6m gross wurden.

Brücke wird verlängert

Die Forscher arbeiten im Auftrag des Kantons Jura, ein Novum in der Schweiz.

“Wir sitzen nicht nur irgendwo in einer kleinen Grube und graben da ein paar Schichten aus”, betont Hug, “sondern wir haben eine grosse Infrastruktur, die ebenfalls finanziert ist, damit diese Grabungen wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen.”

Weitere Unterstützung kommt vom Bundesamt für Strassen (ASTRA). Dieses hat kürzlich in Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Amt für Brücken und Strassen des Kantons Jura eine wichtige Entscheidung getroffen: Die Platte, auf der wir stehen, soll geschützt werden.

Da diese direkt auf der Linie des Autobahn-Halbanschlusses Richtung Boncourt bei Chevenez liegt, wird dafür eine Brücke um ca. 40 Meter verlängert und so die Zerstörung dieser Fundstelle verhindert. Die Verlängerung wird zwischen 200’000 und 300’000 Franken kosten.

Kein Disneyland

Gegenwärtig diskutiert der Kanton eine Erschliessung dieser Fundstelle für zukünftige Besuchsmöglichkeiten. Im Verlauf des Jahres 2006 soll sie laut Hug als erste offiziell zugänglich gemacht werden.

Zu diesem Zweck hat der Kanton die Firma Urbaplan beauftragt, ein Besucherkonzept auszuarbeiten.

“Dieses Büro ist schon sehr aktiv, hat bereits eine erste Untersuchung durchgeführt”, sagt Hug.

Klar sei bereits jetzt, “dass wir hier kein Disneyland, sondern ein wissenschaftlich fundiertes Projekt erstellen wollen, in welchem auch parallel zur Entwicklung dieses Museums weiterhin paläontologische Grabungen durchgeführt werden”.

Geplant sei bereits ein Besuchs-Event während drei bis vier Tagen im Oktober, eine erste Testphase. Das Interesse wird gross sein. Vor einem Jahr hatten die Forscher eine Fundstelle während etwas mehr als einem Monat geöffnet. Über 30’000 Menschen besuchten damals die Ausgrabungen.

Wissenschaftliche Drehscheibe

Vorgesehen ist ebenfalls, die Funde in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes eintragen zu lassen. Eine grosse Chance für den Tourismus des Kantons Jura.

Doch auch eine Chance für die Wissenschaft: Bereits heute arbeitet das Team um Hug mit anerkannten Spezialisten aus aller Welt zusammen. Das langfristige Ziel ist laut dem Forscher denn auch, “dass wir hier wissenschaftlich eine Art Drehscheibe entstehen lassen”.

swissinfo, Christian Raaflaub, Chevenez

Die Saurier-Spuren im Jura sind rund 152 Millionen Jahre alt.
Sie stammen von Sauropoden (Pflanzenfresser) und Theropoden (Fleischfresser).
Insgesamt wurden an 6 Stellen Spuren gefunden.
Sie sind jeweils in 14 Kalkschichten (so genannten Horizonten) zu finden.
Im Oktober soll eine Fundstelle während 3-4 Tagen öffentlich zugänglich sein, ab 2006 dann durchgehend.

Im Kanton Jura wurden bei Vorgrabungen zum Bau der Autobahn A16 zahlreiche Saurierspuren auf Kalksteinplatten gefunden.

Deren Zahl ist weltweit einmalig, wenn man davon ausgeht, dass die Spuren wohl auch ausserhalb der Baustellen weiterführen.

Nun wird eine erste Platte durch die Verlängerung einer Brücke geschützt und bald schon dem Publikum zugänglich gemacht.

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