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Und die Schweizer Stimmbürger schufen die AHV-Rentner

Der Künstler Hans Erni gestaltete 1947 die Abstimmungsplakate, die für ein die Einführung der AHV warben.
Politische Kunst: Der Schweizer Maler Hans Erni gestaltete die Plakate, die 1947 die Stimmbürger zu einem Ja zur Einführung der AHV aufriefen. Hans Erni

Eine der wichtigsten Abstimmungen in der direkten Demokratie Schweiz jährt sich zum 70. Mal: Am 6. Juli 1947 sagten die Stimmbürger klar Ja zum AHV-Gesetz. Es war dies die Geburtsstunde der Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Lange Jahre das Paradepferd, ist diese heute zum Sorgenkind der Schweizerischen Sozialpolitik mutiert.

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Ein halbes Jahr nach dem klaren Volksentscheid war es soweit: Der Postbote klingelte an der Haustüre, zückte seinen grossen Geldbeutel und klaubte Noten und Münzen hervor. Zwischen 40 bis 125 Franken legte der Mann in Uniform in die furchigen Hände von ergrauten Männern und Frauen. Damit schuf er einen neue Menschentypus: den AHV-Bezüger*.

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Ab dem 1. Januar 1948 erhielt, wer das 65. Altersjahr erreicht und somit genug gearbeitet hatte, einen Teil des früheren Gehaltes ausbezahlt – jetzt in Form eines Versicherungsbeitrags. Finanziert wird die Sozialversicherung bis heute durch Beiträge, die den Arbeitgebern und den Arbeitende anteilsmässig vom ausbezahlten respektive erhaltenen Lohn abgezogen werden.

Düstere Vergangenheit, düstere Zukunft

Die Geburt der AHV fällt in eine Zeit, die alles andere als eine Sternstunde der Demokratie war – jene des Vollmachtenregimes des Bundesrates. Während des Zweiten Weltkrieges regierte dieser das Land mit unumschränkter Macht, konnte er doch per Notverordnung gewissermassen nach Belieben Gesetze erlassen oder kippen. Das Parlament war weitgehend ausgeschaltet, das Volk erst recht.

Dies hinderte die AHV aber nicht daran, zu einem Meilenstein in der Schweizerischen Politik zu avancieren.

Grossbaustelle der Schweizer Politik

Seit einigen Jahren verdüstern sich aber die Perspektiven: Ohne grundlegende Reform droht der Altersversicherung der Kollaps. Der Grund sind Veränderungen in der Struktur der Bevölkerung: Während die Zahl der Rentner steigt, sinkt jene der arbeitenden Beitragszahlenden.

Ein erster Schritt zur mittelfristigen Sicherung der AHV findet im September 2017 statt: Dann befinden die Schweizerinnen und Schweizer an der Urne über das Reformpaket mit dem Titel Altersvorsorge 2020. In Zentrum steht die Erhöhung des Rentenalters für Frauen von 64 auf 65 Jahre. Auch wenn sich an diesem Abstimmungssonntag ein 70-jähriger Kreis schliessen wird: Auf 80% dürften weder die Befürworter noch die Gegner der Reform kommen.

*In einigen Schweizer Kantonen gab es schon vor 1947 obligatorische Altersversicherungen: Glarus (seit 1916), Appenzell Ausserrhoden (1925) und Basel-Stadt (1932). Neuenburg (1898) und Waadt (1907) hatten freiwillige Rentenversicherungen.


Der Autor auf Twitter: @RenatKuenziExterner Link


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