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Filmfestival Freiburg: Der Süden füllt die Leinwand aus

Martial Knaebel, scheidender Direktor des internationalen Film-Festivals Freiburg. (Bild: FIFF) Festival International de Films de Fribourg

Am Sonntag eröffnet das 21. Internationale Film-Festival Freiburg (FITT). Für den seit 15 Jahren amtierenden Direktor Martial Knaebel ist es die letzte Ausgabe.

Um die Festivalpreise bewerben sich 13 Filme. Das Programm umfasst Themenkreise wie die taiwanesische “Neue Welle” und einen weiten Blick ins Leben in den Riesenstädten.

Während der tschadische Film “Daratt” (Trockenzeit) das Freiburger Film-Festival (FIFF) eröffnet, bereitet sich ein gelassen wirkender Martial Knaebel auf seine letzte Ausgabe vor. Vom Gelingen auch dieses Anlasses ist er jetzt schon überzeugt.

Sein für den Juni vorgesehener Rücktritt dürfte deshalb vor einem positivem Ausweis erfolgen. Vor allem dank der Auswahl der diesjährigen Filme, auf die er sehr stolz ist.

13 Filme kandidieren diesmal für den “Regard d’Or”, wie der FIFF-Preis heisst. Das Kino des Südens lässt diesmal Einblick in drei Themenkreise zu: In das südafrikanische und taiwanesische Filmschaffen sowie in “Bilder des Lebens in städtischen Metropolen”.

Zudem sollen die Filme aus Malaysia und den Philippinen die Dynamik des asiatischen Kinos bestätigen.

swissinfo: Zu Beginn war das Festival geprägt vom Engagement jener Leute, die sich mit der Dritten Welt auseinandersetzen. Ist dies heute noch der Fall?

Martial Knaebel: Tatsächlich war damals die Dritt-Welt-Bewegung sehr aktiv. Doch gewisse Filmschaffende hatten nur wenig Sympathien dafür. Ich werde nie vergessen, wie Sarah Maldoror, eine Regisseurin aus Guadaloupe, lauthals protestierte, als sie die Worte “Dritte Welt” auf dem Festival-Transparent erblickte.

So wurde die Bezeichnung “Internationales Filmfestival Freiburg” gewählt. Denn der “Dritte-Welt”-Akzent wies einen Ghetto-Aspekt auf. Überdies wollten wir zeigen, dass andere filmische Ausdrucksweisen es ermöglichen, auch die hiesige Welt besser zu verstehen.

swissinfo: Weltweit wird das Kino vom Industriemodell dominiert. Bollywood illustriert das. Beunruhigt sie das?

M.K.: Es besteht immer eine Tendenz, aus Bequemlichkeit oder Kulturmangel nach kommerziellen Filmen Ausschau zu halten, auch in Indien oder Korea. Einige Verleiher geben sich jedoch weiterhin die Mühe einer etwas intelligenteren Filmdistribution.

In all diesen Ländern finden sich, wie in Europa, auch Autorenfilme. Es geht um das filmische Werk von Leuten, deren Mission es ist, über ihr Land und ihre Kultur zu erzählen. Für solche Leute muss man sich einsetzen.

swissinfo: Übernehmen Sie die Formel von Nicolas Bideau, dem ‘Monsieur Cinéma Suisse’, der “populäre und qualitativ gute” Schweizer Filme anstrebt?

M.K.: Kommt darauf an, wie man es auslegt. Soll damit das Qualitäts-Kino populärer gemacht und entsprechend beworben werden, finde ich die Formel gut. Soll jedoch so genannten Mainstream-Filmen einfach noch etwas Qualität angefügt werden, bin ich mir nicht sicher, ob das etwas hergibt.

swissinfo: Ihre Filmauswahl fällt im allgemeinen ziemlich …intellektuell aus.

M.K.: Ich verstehe das als Kompliment! Oft genug verdummt ja das Fernsehen seine Filmprogrammgestaltung unter dem Vorwand, dem Publikum zu entsprechen. Kämen die Verantwortlichen für das TV-Filmprogramm nach Freiburg, sähen sie, dass auch intelligente Filme ein Publikum haben.

Was mich betrifft, entscheide ich mich für Filme, die Sinn machen und in denen die Filmschaffenden sich selbst einbringen.

swissinfo: Welches ist Ihre beste Erinnerung während Ihrer mehr als 15 Jahre dauernden Festivalszeit?

M.K.: Ein ganz starker Moment war die Vorstellung des Argentiniers Fernando Solanas. Sein Dokumentarfilm “Mémoire d’un saccage” (Erinnerung an eine Plünderung) handelte von den Jahren unter Präsident Menem.

In Erinnerung bleiben werden mir auch alle freundschaftlichen Begegnungen mit den Regisseurinnen und Regisseuren.

swissinfo, Carole Wälti
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle)

Für den diesjährigen Festival-Wettbewerb sind 13 Filme selektioniert.

Unter diesen Spielfilmen sind 7 Erstaufführungen, und 4 wurden von Frauen gemacht.

Nur zwei Filme stammen aus demselben Land (Malaysia).

Die anderen kommen aus Brasilien, Iran, den Philippinen, Argentinien, Japan, Tunesien, China, Belgien, Israel, Algerien oder Thailand.

Weitere 14 Filme werden ausser Wettbewerb gezeigt.

Das Filmprogramm wird von drei Themen bestimmt: Eines zur “Neuen Welle” in Taiwan, ein weiteres über das sudafrikanische Kino und ein drittes über die Riesenstädte.

Das Festival dauert vom 18. bis zum 25. März.
Es gibt acht Preise, wobei der wichtigste der “Regard d’Or” ist.
Die Preisvergabe findet am 24. März statt.
Gezeigt werden die Filme in Freiburg, Bulle, Murten und Düdingen.
Budget: 1,5 Mio. Franken

Martial Knaebel ist in Strassburg geboren.

Er bildete sich in Chemie aus und lehrte in Ostafrika und der Zentralafrikanischen Republik.

In die Schweiz kam er 1978. Zuerst arbeitete er als Sozialarbeiter in der NGO E-Changer’

1986 begann seine Zusammenarbeit mit dem Freiburger Filmfestival, dessen Direktion er 1992 übernahm.

Er wirkte auch mit bei der Gründung von Trigon Films, einem schweizerischen Verleiher für Filme aus dem Süden.

2006 erhielt er den koreanischen Kinopreis als Anerkennung dafür, das koreanische Filmschaffen weltweit bekannt gemacht zu haben.

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