Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Die Schweiz ist nicht die UBS!

Die Schweiz sei nicht mit der UBS gleichzusetzen. Diesen Appell richteten Schweizer Parlamentarier in Begleitung von Martin Naville, Präsident der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer, bei ihrem Besuch in Washington an die USA.

Es kann sein, dass später einmal von einem “vor” und einem “nach UBS” gesprochen werde in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA.

Die Delegation von acht Schweizer Parlamentariern, unter ihnen Ständerat Peter Briner und Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz, hatte ihren zweitägigen Besuch ungefähr einen Monat vor Beginn des Debakels der Schweizer Grossbank UBS in den USA organisiert.

Am Freitag nahm die Delegation an einer lebhaften Debatte mit dem Chefredaktor der Washington Post teil. Sie stand unter dem Titel “Die Schweizer Präsenz in den USA: Mehr als nur Schokolade”.

Der Titel der Debatte wirkte etwas anachronistisch, und tatsächlich mussten sich die Delegierten und Martin Naville alle Mühe geben, zu unterstreichen, dass die Schweiz mehr sei als nur die UBS.

Nicht besessen von Steuerflucht

“Die Schweiz ist weder nur Schokolade, noch nur die Affäre UBS”, betonte Naville an einer Pressekonferenz am Donnerstagabend. “Es gibt viele weitere Aspekte, beispielsweise die Tatsache, dass die Schweiz und die USA eine wichtige wirtschaftliche Partnerschaft pflegen.”

Meier-Schatz war deutlicher in ihrem Kommentar: Indem sie unterstrich, dass die Kongressmitglieder, die man getroffen habe, nicht besessen seien vom Thema der reichen Kunden und ihrer durch die UBS ermöglichten Steuerflucht.

“Wie erklärten ihnen, dass wir schockiert waren über den politischen Druck, der in dieser Sache ausgeübt wurde”, präzisierte sie. “Wir haben ihnen auch gesagt, dass wenn der UBS etwas geschehen sollte, die USA massive Probleme erhalten würden, weil die UBS zehnmal Lehman Brothers entspricht.”

Kein Kommentar

Zum Rücktritt von Marcel Rohner als UBS-Chef und dem neuen Boss Oswald Grübel wollten weder Meier-Schatz noch Briner einen Kommentar abgeben.

Handelskammer-Chef Naville zeigte sich aber wenig enthusiastisch: “Es ist schwierig zu sagen, ob es besser wird als mit Rohner oder nicht”, erklärte er. Er vermutete aber, dass Grübel der “am besten geeignete Experte sei, um die Kontrolle über dieses Schiff zu übernehmen”.

Darüber hinaus bekämpfte die Delegation die Idee, wonach die Schweiz ein Steuerparadies sei. Ein Bild, das sich so stark in den amerikanischen Köpfen festgesetzt hat, dass Barack Obama in seiner Zeit als Senator ein Gesetzesprojekt unterstützte, um die Schweiz auf eine “schwarze Liste” der Steuerparadiese zu setzen.

“Da gab es ein paar Probleme”, kommentierte Amy Klobuchar, Demokratische Senatorin aus Minnesota, die Diskussionen um Steuerflucht in der Sendung 10vor10 des Schweizer Fernsehens DRS:

“Wir wollen natürlich, dass die Leute in den USA ihre Steuern bezahlen, und daran müssen wir arbeiten, das ist sehr wichtig. Aber ich werde die Kollegen immer daran erinnern, dass die Schweiz ein Freund unseres Landes ist. Wir haben in der Vergangenheit zusammen gearbeitet und werden es auch in Zukunft tun.”

Weg von der schwarzen Liste

“Die Schweiz ist kein Inselchen, sie ist eingebunden im internationalen Bankensystem und sie wehrt sich dagegen, auf einer Liste zu stehen, auf die sie durch die USA gebracht worden ist”, betonte Lucrezia Meier-Schatz.

“Es ist nötig, dass unsere Regierung alles daran setzt, um die Schweiz von dieser Liste zu löschen”, ergänzte sie. Ständerat Briner bemerkte, dass “alle, die in der Schweiz leben, wissen, dass sie kein Steuerparadies ist.”

Trotz dem dunklen Schatten, den die Affäre UBS wirft, konnte die Delegation mit ihren amerikanischen Partnern zahlreiche weitere Dossiers ansprechen.

Von der weltweiten Finanzkrise über die Schliessung des Gefängnisses in Guantanamo bis zur Erderwärmung und dem Kampf gegen den Terrorismus.

Für Tammy Baldwin, Demokratische Abgeordnete aus Wisconsin und Ko-Präsidentin des “Friends of Switzerland Caucus” war es ein Anliegen, “dass wir einen Kontakt von Mensch zu Mensch haben, einen offenen Dialog, und dass wir uns die Prioritäten unserer beiden Nationen näher bringen”.

Andere Eisen im Feuer

Laut Peter Briner zeigten sich die USA sehr am Schweizer Krankenversicherungs-System interessiert. Sie wollen mit Obama endlich ihr Gesundheitssystem für 47 Millionen Amerikaner reformieren, die bisher von medizinischer Versorgung ausgeschlossen sind.

Sie hätten laut Meier-Schatz auch von sich aus die Notwendigkeit angesprochen, die Diskussionen über ein Freihandels-Abkommen zwischen den beiden Ländern wieder anzukurbeln. Diese waren vor zwei Jahren gescheitert.

“Es ist momentan eine einfache Absichtserklärung, weil die USA derzeit andere Eisen im Feuer haben und weil unsere Gesprächspartner betont hatten, dass die USA den Multilateralismus dem Bilateralismus vorziehen würden”, sagte Meier-Schatz.

swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

Mehr

Mehr

Krankenversicherung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Seit 1996 das Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) in Kraft ist, muss sich jede in der Schweiz wohnhafte Person obligatorisch bei einer Krankenkasse für die Krankenpflege versichern. Die Kassen werden privatwirtschaftlich geführt. Die Versicherten sind in der Wahl des Krankenversicherers frei. Dieser muss einen Versicherten annehmen, unabhängig von dessen Alter und Gesundheitszustand. Die Tarife sind je nach Kanton…

Mehr Krankenversicherung

Der Konflikt zwischen der UBS und den USA sei kein Anngriff auf das Bankgeheimnis, versicherten amerikanische Abgeordnete am Donnerstag ihren Schweizer Gesprächspartnern.

Laut ihnen handelt es sich lediglich darum, Amerikaner zu finden, die ihr Land um Steuereinnahmen betrogen haben.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft