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Hans-Rudolf Merz verteidigt UBS-Deal mit den USA

Keystone

Finanzminister Hans-Rudolf Merz rechtfertigt zwar das Vorgehen der Schweizer Finanzmarktbehörde, bezeichnet die Einigung der UBS mit den US-Justizbehörden ohne Abschluss des Amtshilfeverfahrens dennoch als problematisch.

Der Bundespräsident rechtfertigte am Donnerstag das Vorgehen der Finanzmarktaufsicht (Finma) vor den Medien in Bern mit dem Verweis auf volkswirtschaftliche Interessen, die mit einer drohenden Anzeige gegen die UBS in den USA auf dem Spiel gestanden hätten.

Die Finma als Aufsichtsbehörde veranlasste am Mittwoch die UBS mittels einer Weisung, die vertraulichen Bankdaten weiterzuleiten.

Ein entsprechendes Verfahren der US-Behörden wäre laut dem Vorsteher des Finanzdepartements für die UBS nämlich existenzbedrohend gewesen.

Er schilderte, wie die amerikanischen Behörden im vergangenen Dezember erstmals von einer Frist sprachen, weil sie das Amtshilfeverfahren nicht mehr länger abwarten wollten.

Der Bundesrat habe deshalb im Dezember die FINMA gebeten, alles zu unternehmen, damit die US-Justizbehörde kein Verfahren einleite.

18. Februar war Deadline

Zuletzt gab es laut Merz dann eine Ankündigung der US-Behörden, dass das Verfahren sofort ausgelöst werde, wenn bis am 18. Februar keine Einigung erzielt werde.

Merz betonte ausserdem, dass es sich bei den Fällen, die nun an die US-Justiz herausgegeben werden, um Steuerbetrug nach amerikanischem und schweizerischem Recht handle, den das Bankgeheimnis nicht schütze.

Der Bundespräsident rechtfertigte die Verfügung der Finma, Daten von UBS-Kunden an die amerikanische Justizbehörde herauszugeben, mit dem Verweis auf volkswirtschaftliche Interessen, die mit einer drohenden Anzeige gegen die Grossbank auf dem Spiel gestanden hätten.

Die Überlegungen der Finma seien akzeptabel. Aus Sicht des Finanzministers müsse aber die personelle Seite des Geschehens aufgearbeitet werden, wie er auf die Frage nach strafrechtlichen Konsequenzen für Verantwortliche der UBS sagte.

Festhalten am Bankgeheimmnis

Am Bankgeheimnis hält Merz weiterhin fest. Er versicherte vor den Medien in Bern, das Bankgeheimnis bleibe erhalten: “Es schützt die Privatsphäre, aber keinen Betrug.”

Der Finanzminister verwies bei entsprechenden Fragen darauf, dass der Bundesrat sich im vergangenen November bereit erklärt habe, mit der EU über eine Ausweitung der Zinsbesteuerung zu verhandeln, die die Alternative zur Aufhebung des Bankgeheimnisses sei.

Merz räumte ein: “Die Tatsache, dass das Amtshilfeverfahren nicht zu Ende geführt wurde, betrachte ich als problematisch.” Gerechtfertigt werde dies allein durch den Umstand, dass es sich bei den Vorgängen im US-Privatkundengeschäft der UBS um Steuerbetrug nach amerikanischem und schweizerischem Recht handle, den das Bankgeheimnis nicht schütze.

Merz wie UBS in der Kritik

Zahlreiche Partei- und Wirtschaftsexponenten äusserten Unverständnis über den Vorgang und Sorge um das Bankgeheimnis.

Toni Brunner, Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP) sprach von einem verheerenden Signal ans Ausland. Das Bankgeheimnis gehöre in die Bundesverfassung.

Dass Macht über Recht gestellt werde, sei besorgniserregend, sagte Fulvio Pelli, Präsident der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP). Christoph Darbellay, Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) warf Merz vor, zu spät gehandelt zu haben.

Für Christian Levrat, Sozialdemokratische Partei (SP), grenzt zwar das Verhalten der USA an Erpressung, doch gehöre die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung abgeschafft.

Das Finanzdepartement von Merz prüft nun, wie es mit dem Amtshilfeverfahren weitergeht, das die Eidgenössische Steuerverwaltung führt. Vor Bundesverwaltungsgericht sind zudem Beschwerden von UBS-Kunden hängig, die sich gegen die Herausgabe ihrer Daten wehren.

swissinfo und Agenturen

Weltweit sind laut Schätzungen der Nichtregierungs-Organisation Tax Justice Network in Steueroasen mehr als 11,5 Billionen Dollar angelegt.

In Offshore-Zentren gehaltene Anlagen entsprächen damit rund einem Drittel aller weltweit verfügbaren Vermögen.

Jährlich verlieren die USA durch Steueroasen laut Network etwa 100 Mrd. Dollar an Steuereinnahmen.

In Deutschland seien es 50 Mrd. Euro jährlich, in Frankreich 45 und in Grossbritannien zwischen 11 und 41 Mrd.

In den Entwicklungsländern insgesamt 800 Mrd. Dollar.

Schweizer Mitglieder von Tax Justice Network sind Alliance Sud, Erklärung von Bern und Attac Switzerland.

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