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Venezolanischer Ex-Minister hortete Geld in der Schweiz

Demonstration von Lehrpersonen in Caracas
Während sich Venezuela in einer schrecklichen Krise befindet (hier eine Demonstration von Lehrpersonen in Caracas am 29. November), führen einige seiner ehemaligen Führungsfiguren einen ausschweifenden Lebensstil in den Vereinigten Staaten, wobei ihr Geld auf Schweizer Banken liegt. Miguel Gutierrez / EPA / Keystone

Untersuchungen der US-Justiz betreffend Korruption konzentrieren sich immer mehr auf Mitglieder der "bolivarischen Bourgeoisie". Hochrangige Personen aus dem Umfeld des verstorbenen venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chavez werden der Veruntreuung von Staatsgeldern beschuldigt. Gelder sollen auch in die Schweiz geflossen sein.

Die so genannten “Bolibourgeois”, mächtige venezolanische Geschäftsleute, sollen mehr als eine Milliarde Dollar öffentlicher Gelder abgezweigt haben, um damit unter anderem ihren verschwenderischen Lebensstil in den Vereinigten Staaten zu finanzieren.

So bekannte sich etwa Alejandro Andrade, ein ehemaliger Leibwächter von Chavez, der 2007 zum Finanzminister ernannt wurde, am 19. November der Korruption schuldig. Der ehemalige venezolanische Minister, der in Florida eine Ranch mit Rennpferden besass, wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.

Die von Gotham City geprüften Gerichtsunterlagen zeigen, wie die “Bolibourgeois” auf Schweizer Banken vertrauten, um Gelder zu verstecken.

Allein Andrade besass 17 Konten bei neun Schweizer Banken, darunter HSBC, Julius Bär, Credit Suisse, Compagnie Bancaire Helvétique in Genf und PKB in Lugano.

Mit dem Schuldeingeständnis stimmte der ehemalige Minister zu, dass alle seine Konten gesperrt und ihr Inhalt an die amerikanischen Gerichte übertragen würde. Die beschlagnahmten Beträge wurden nicht bekanntgegeben.

Julius Bär
Julius Bär ist eine der Banken, wo Alejandro Andrade sein Vermögen deponierte, das er unter dem Chavez-Regime erworben hatte. Gian Ehrenzeller / Keystone

Der ehemalige Finanzminister gab zu, Dutzende von Millionen Dollar an Bestechungsgeldern angenommen zu haben. Im Gegenzug half er bei der Veruntreuung von mehr als einer Milliarde Dollar an öffentlichen Geldern durch eine Gruppe von Geschäftsleuten.

Darunter war auch der venezolanische Medienmagnat Raul Gorrin, der ebenfalls Schweizer Bankkonten bevorzugte. Der Besitzer der venezolanischen Mediengruppe Globovision überwies dem Minister Bestechungsgelder direkt von seinem persönlichen Konto bei HSBC Private Banking (Suisse) SA in Genf. Gorrin wurde am 20. November 2018 ebenfalls von der amerikanischen Justiz angeklagt.

Rennpferde, Yacht, Privatjets, Luxusuhren

Die Anklagen gegen Gorrin und Andrade zeigen, dass Medienmagnat Gorrin sich von seinem HSBC-Konto aus zudem um die tierärztliche Betreuung von Andrades Rennpferden– er besass deren 17 – und um die Kosten für drei Privatjets und eine Yacht kümmerte.

Der Ex-Minister der “bolivarischen Revolution” von Hugo Chavez war auch ein Fan von Schweizer Luxusuhren. Er besass deren 34, darunter acht Hublot, fünf Franck Muller und vier Audermars Piguet.

Gorrin soll dieses Muster der Korruption nach dem Abgang von Andrade fortgesetzt haben: Er bestach auch Ministerin Claudia Diaz, die diesen abgelöst hatte. Chavez hatte seine ehemalige Krankenschwester 2011 auf diesen Posten gehoben.

Gegen Diaz wurde in den USA ein Ermittlungsverfahren eröffnet, und es läuft ein Auslieferungsgesuch an Spanien, wo sie mit ihrem Mann lebt, auch er ein ehemaliger Leibwächter des verstorbenen Präsidenten.

Maduro nach Chavez

Die Untersuchungen des US-Justizministeriums beschränken sich nicht mehr nur auf die Mandatsträger von Chavez, sondern auch auf den derzeitigen Staatschef Nicolas Maduro.

Ende 2017 hatte Raul Gorrin US-Vizepräsident Mike Pence getroffen. Laut der Tageszeitung Miami Herald soll der Geschäftsmann versucht haben, über die Entmachtung von Maduro zu verhandeln. Dies im Gegenzug für eine Abweisung der amerikanischen Klagen gegen ihn und die “Bolibourgeois”. Wie es nun aussieht, waren diese Bemühungen nicht so erfolgreich wie erwartet.

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(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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