Amerikanische Lorbeeren für Schweizer Dichterin

Die Schweizer Autorin Christina Scheck hat mit 40 ihre ersten Gedichte publiziert - in Englisch. Und damit sofort Furore gemacht in Amerika.
Ihre Lyrik fokussiert und feiert die kleinen Dinge des Lebens – Abendstimmungen, Naturerlebnisse, Begegnungen.
Seit 2000 hagelt es nur so Preise für die Schweizerin Christina Scheck: Im August 2000 verleiht ihr die amerikanische International Society of Poets den «International Poet of Merit Award 2000». Dazu erhält sie auch zwei Mal den «Editors Choice Award» für hervorragende Leistungen als Dichterin». Zwei Gedichte erscheinen in der Poesie-CD-Reihe «Poetry in Motion», eine Selektion, welche von der International Library of Poetry als deren «Lieblingspoeten weltweit» juriert wurde.
Aber damit nicht genug: Die Schweizer Autorin, die mit ihren ersten Gedichten so grossen Erfolg erntete, fand mit ihrer Poesie auch 2001 Einlass in den Anthologieband «Best Poems and Poets of 2001». Im Jahr 2002 wird ihr nochmals der «Merit Award» verliehen und Christina Ursula Scheck, die «Swiss native», wird auch als «Best Poet of the Year» nominiert. Sogar im darauffolgenden Jahr 2003 erhält sie den «Merit Award» für ihr Gedicht «Honeysuckle on Ice», und qualifiziert sich so für den Yearly Grand Prize der International Society of Poets.
Ein kometenhafter Aufstieg und ein richtiges Feuerwerk an Preisen, welche die Schweizerin nie erwartet hätte – und schon gar nicht anstrebte. Denn zu schreiben angefangen hat sie eher «zufällig» und aus tragischem Anlass, erzählt die heute 49-jährige Autorin im Gespräch mit swissinfo.
Katharsis und Passion
Innerhalb des gleichen Jahres ereigneten sich viele schwere Schicksalschläge: Ihr zukünftiger Ehemann verunfallte kurz vor der Hochzeit tödlich. Drei Monate davor hatte sie ihre Mutter verloren, zu der sie eine innige und zugleich schwierige Beziehung hatte. Und im selben Jahr musste sie sich drei schweren Operationen unterziehen. «Ich fing an zu Schreiben als eine Art Katharsis, als Verarbeitung eines Trauerprozesses.»
Aus der Katharsis wurde eine Passion. «Zuerst war das ein purer Selbsterhaltungstrieb, dass man seelisch nicht vor die Hunde ging, weil man so litt und so einsam war. Danach ist es zu einer fast vergnüglichen Art geworden, sich mitzuteilen und auch seinen Humor auszuleben – oder sich selbstkritisch zu hinterfragen», erzählt Christina Scheck. Die vielen Preise sieht die Autorin weniger als Leistung, sondern vielmehr als Bestätigung, «dass das, was ich schreibe, ein Echo findet in der Welt.»
Erfolg in Nicht-Muttersprache
Christina Scheck schreibt in Englisch und sprengt so ein ungeschriebenes Gesetz: Dass man in einer Nicht-Muttersprache nicht publikationsreif schreiben kann, und schon gar nicht Poesie! Für Christina Scheck hat sich diese Frage nicht gestellt, denn das Englische ist für sie zwar in der persönlichen Herkunft eine «Fremdsprache», gleichzeitig wurde ihr das Englische aber zur Heimat, und zur Leibsprache.
Schon als sie nach der Schulzeit ein Jahr in England verbrachte, bemerkte sie, das ihr das Englische nahe – oder sogar näher stand. «Ich konnte meine Gefühle in Englisch besser ausdrücken als in der Sprache, die meine Eltern mich lehrten. Ich habe in Englisch gedacht, Englisch gesprochen, Englisch geträumt.» Sie habe auch bemerkt, dass man sie in England ganz anders empfand als in ihrer Heimat.
Immer wieder hat sie sich in englischsprachigen Ländern aufgehalten, studierte ein halbes Jahr Literatur in Irland und später an der University of Chapel Hill in North Carolina. Sie war in Kanada und Alaska. Auch in ihrer Arbeit in der Forschung an den Hochschulen in Zürich sei Englisch Arbeitssprache gewesen. Zudem habe sie ein sehr gutes, photographisches Gedächtnis, erläutert Christina Scheck das Aussergewöhnliche. Und: «Ich habe mich im Englischen immer sehr wohl gefühlt.»
Empathie in Poesie
Die Sprache, das Grossartige im Kleinen, die Natur sind die Leitmotive in ihrem Leben, die in ihrer Poesie zu einem Ganzen und zu einem Neuen finden. Dabei ist ihr die klassische Form der Gedichte ebenso wichtig wie der eigene Zugang. «Mich reizen die kleinen Dinge im Alltag, welche die normalen Leute nicht bemerken – und es durch meine Augen gesehen sehen und denken: Ah ja, das habe ich auch schon gesehen, das stimmt!»
Oft geht es in ihren Gedichten um Blumen oder Tiere, um Landschaften oder Begegnungen, denen sie feinfühlig begegnet – als Frau, als Poetin, als Kennerin der Natur und ihrer Schönheit jenseits eines Massengeschmacks. So zum Beispiel in ihrer Ode an eine «Asiatic Dayflower:
Blossoming quietly, just for one day. /
Often growing along a highway. /
But, always producing new flowers. /
Flowers not given to you by lovers, /
Yet, the petals so incredibly blue! /
Their color so unbelievably true! /
The careless would not event observe it, /
Why does this beauty of nature grow in every pit? /
(…)»
Ein wichtiges Element ist Christina Scheck auch der Humor – und oft gibt es in ihren Kontemplationen und in den Geschichten, die sie in Gedichtform erzählt, unerwartete, witzige Wendungen. Kurzum: Ihre Gedichte spenden Lebensfreude.
Schicksalsschläge
Und Gedichteschreiben hat sie am Leben erhalten: Nach dem tödlichen Unfall ihres Verlobten blieb die Schweizerin dennoch in Amerika und zog in den Süden der USA. Aber auch in South Carolina, wo ihr die Art der Menschen und die Lebensart sehr gefielen, blieb sie vor dem Unglück in dieser Zeit nicht gefeit. Sie wurde im Schlaf von einer giftigen Spinne gebissen – und schwebte tagelang in Lebensgefahr. Aber sie überlebte, und auch der Arzt war sehr erstaunt über ihren Lebenswillen.
Nach diesem Erlebnis und auch, weil sie keine Arbeitserlaubnis erhielt, kehrte sie in die Schweiz zurück. Hier schrieb sie weiter englische Poesie und gewann auch jenseits des Ozeans weiterhin amerikanische Preise. Auch aus England kam erstes Interesse: Im Frühling 2003 wurde sie von Noble House Publishers angefragt, ob sie eines ihrer Gedichte in einer Anthologie veröffentlichen dürften. «Martha» wird es sein, das im Gedichtband «Theater of the Mind» erscheinen wird.
Englisch oder Deutsch?
In der Schweiz ist die in Basel lebende Autorin bisher unbekannt. Das wird sich aber wohl bald ändern, wenn Ende dieses Jahres ein erster deutschsprachiger Gedichtband erscheint. Zwar weiss Christina Scheck noch nicht genau, ob auch das Deutsche ihre Gedichtsprache ist – beim ersten deutschsprachigen Verlag, dem sie ihre Werke vorgestellt hatte, waren ihre Gedichte aber auf Anhieb auf Interesse gestossen.
swissinfo, Anita Hugi
Christina Ursula Scheck ist in Schaffhausen aufgewachsen. Ihr Vater war Ingenieur. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte Christina Scheck in Brasilien im Amazonas-Gebiet, wo ihr Vater in einem Projekt der Schaffhauser Unternehmung Georg Fischer arbeitete.
Nach der Schulzeit lernte sie Buchhändlerin, wurde dann wissenschaftliche Bibliothekarin und absolvierte später ein Studium in Komplementärmedizin.
Die Autorin unternahm immer auch ausgedehnte Reisen durch West-Europa, auf Malta, nach Kroatien, Slovenien wie auch nach Russland – oft alleine und auf eigene Faust. In den 90er Jahren siedelte sie nach Amerika über. Sie und ihr amerikanischer Verlobter wollten heiraten. Kurz vor der Hochzeit stirbt er bei einem Verkehrsunfall.
Nach dem tödlichen Unfall fängt Christina Scheck an zu schreiben. Ein weiterer Auslöser war der Tod der Mutter, zu der Christina Scheck eine schwierige aber innige Beziehung pflegte – und die mit ihrer Affinität für Poesie und Geschichten in der jungen Christina die Lust an der Poesie eröffnete.
Christina Scheck kennt seit jungen Jahren mehrere Dutzend Gedichte auswendig. Das Schreiben war für sie nach mehreren schweren Schicksalsschlägen zuerst eine Art Katharsis.
2003 ist eine Gesamtausgabe ihrer bisherigen Gedichte erschienen: «In the World of Dixie», Christina Ursula Scheck, Watermark Press, Maryland

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