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Der Meister der knappen Worte wird 70

Peter Bichsel, bescheidener Jubilar. RDB

Peter Bichsel, der Schriftsteller mit dem Attribut "Weniger ist mehr", hat am 24. März seinen 70. Geburtstag gefeiert.

Er ist einer der wenigen lebenden Schweizer Autoren, deren Werk in deutschen Lehrplänen Einzug gehalten hat.

Nicht einmal 50 Seiten umfasst 1964 sein gefeierter Erstling “Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kenne lernen”. Doch damit gelang ihm bereits der Einzug in den Literatur-Olymp.

Die Sammlung von 21 Geschichten machte ihn schlagartig berühmt, weil sie einen ganz neuen Ton in die Literatur einführte: scheinbar simpel, aber voller strategisch präzis gesetzter Ambivalenzen und Zweideutigkeiten.

Kein Vielschreiber

Einen Vielschreiber darf man Peter Bichsel nicht nennen. In 40 Jahren hat er nur sieben schmale Bücher veröffentlicht. Oft sagte er, er habe eine gewisse Scheu davor, Bücher zu veröffentlichen.

Seine Protagonisten sind die kleinen Leute: Trinker, Angeber, Verlierer, Querköpfe. Und die kleinen Leute – unter ihnen findet er auch seine Leserschaft – liegen ihm am Herzen.

“Ein Schriftsteller ist immer ein Risiko für den Staat und die bestehende Gesellschaft”, hat er einmal geschrieben. “Aber noch mehr sind die Leser ein Risiko. Man wird nicht durch das Lesen staatstreu, das wird man nur durch Nicht-Lesen.”

Kolumnen für die Nicht-Leser

Sehr viele Nicht-Leser seiner Bücher hat Bichsel über seine Kolumnen in der Schweizer Illustrierten erreicht. Er verfasst jeweils hinterlistige Miniaturen, die belanglos einhaken, um dann ein grosses gesellschaftliches, politisches oder philosophisches Thema aus dem undurchsichtigen Alltagshaufen zu fischen.

Und so würdigt ihn die “Neue Zürcher Zeitung”: “Als einer der ersten Berufsschriftsteller” habe er sich mit der Textform einer Kolumne befasst und damit eine neue Gattung sozusagen “eingeläutet”.

In 30 Jahren verfasste er über 300 Kolumnen. Suhrkamp legt sie zu seinem Geburtstag gesammelt vor: 832 Seiten “Kolumnen, Kolumnen” die nur so tun, als seien sie nicht Literatur.

Vom Schulmeister zum Dichter

Nach dem Abschluss des Lehrerseminars in Solothurn veröffentlichte Bichsel erste Gedichte in der Avantgardezeitschrift “spirale”.

Bichsel betonte immer wieder, er sei aus Unvermögen Schriftsteller geworden. Er sei Linkshänder, ein schlechter Turner und ein unbegabter Musiker.

Sein glorioses “Milchmann”-Debüt brachte ihm 1964 eine Einladung in die renommierte Gruppe 47 und im Jahr darauf deren Preis.

1967 erschien “Die Jahreszeiten”, 1969 “Kindergeschichten”, 1985 “Der Busant”, 1993 “Zur Stadt Paris”, 1999 “Cherubin Hammer und Cherubin Hammer” und dazwischen immer wieder Kolumnen- und Essaysammlungen.

Bichsel erhielt unter anderem Preise von Stadt und Kanton Solothurn, Bern und Luzern und von der Schweizerischen Schillerstiftung.

Er wurde mit dem Johann-Peter-Hebel-Preis, dem Gottfried-Keller-Preis und den Stadtschreiberwürden von Bergen-Enkheim und Mainz ausgezeichnet.

Bescheidenheit

Peter Bichsel braucht weder Jubel, Trubel noch Heiterkeit. Auf seinen Wunsch findet am 1. April um 18.30 Uhr in der Zentralbibliothek Solothurn ein kleiner Festakt für jedermann statt.

Anwesend sein werden auch die Literaturkritikerin Beatrice von Matt und SP-Ständerat Ernst Leuenberger.

swissinfo und Agenturen

Peter Bichsel wurde am 24. März 1935 als Sohn eines Malermeisters in Luzern geboren und wuchs in Olten (SO) auf.

1956 heiratete er die Schauspielerin Therese Spörri, wurde Vater zweier Kinder und arbeitete als Primarlehrer in Lommiswil und Zuchwil.

1968 zog die Familie nach Bellach, Bichsel wurde Berufsschriftsteller.

1975-81 wirkte er als Berater des sozialdemokratischen Bundesrats Willi Ritschard.

Danach wirkte er mehrmals als Gastdozent in den USA.

Bichsel erhielt unter anderem Preise von Stadt und Kanton Solothurn, Bern und Luzern und von der Schweizerischen Schillerstiftung.

Er wurde mit dem Johann-Peter-Hebel-Preis, dem Gottfried-Keller-Preis und den Stadtschreiberwürden von Bergen-Enkheim und Mainz ausgezeichnet.

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