EDK-Präsidium kritisiert Zürcher Frühenglisch-Entscheid

Der Frühenglisch-Entscheid der Zürcher Regierung erzürnt den Präsidenten der Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK). Das Vorpreschen torpediere sachliche Diskussionen und bringe das ganze Konzept in Gefahr, sagte Hans Ulrich Stöckling der "NZZ".
Bei den meisten Erziehungsdirektoren – nicht nur den westschweizerischen – herrsche «völliges Unverständnis» über das unnötige Vorpreschen von Bildungsdirektor Ernst Buschor, sagte der St. Galler Regierungsrat in dem am Samstag (16.09.) veröffentlichten Interview.
Stöckling hatte gehofft, in der Novembersitzung der EDK einen Kompromiss der Kantone zu finden, indem der Umfang von Englisch und der zweiten Landessprache auf Primarschulebene verbindlich abgesprochen würde. Nun sei dieser Kompromiss gefährdet. Auch andere Kantone könnten jetzt vorpreschen, fürchtet Stöckling. So drohe der gesamtschweizerische EDK-Entscheid zur Farce zu werden.
Für Brunschwig arroganter Stil
Das Zürcher Vorhehen hat insbesondere auch die Romandie düpiert. Für die EDK-Vizepräsidentin, die Genfer Erziehungsdirektorin Martine Brunschwig-Graf, zeugt Buschors Entscheid «von Arroganz», wie sie gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung» erklärte.
Es sei immer klar gewesen, dass Zürich Frühenglisch vorziehe. Allerdings habe ihr Buschor versichert, dass er nicht vor der November-Sitzung der EDK entscheiden werde. Der Zeitpunkt und die Art und Weise seines Vorgehens seien taktlos gegenüber sämtlichen Schweizer Kantonen.
Grundsätzlich sei sie nicht gegen Frühenglisch, betonte Brunschwig. Vom pädagogischen Standpunkt her sei das Vorhaben Buschors verständlich. Er schätze die Situation jedoch zu kurzfristig ein und vernachlässige die politische Sicht. «Englisch darf nicht das Esperanto der Schweizer werden», warnte Brunschwig.
Buschor: Wichtige Debatte
Buschor selbst bedauerte in der «Samstags-Rundschau» von Radio DRS, dass die frühe Bekanntgabe des Zürcher Entscheids teilweise als schlechten Stil wahrgenommen worden sei.
Die öffentliche Debatte zum Thema Fremdsprachen sei aber wichtig. Entscheide dürften nicht der EDK alleine überlassen werden, erklärte der für seine Reformfreudigkeit bekannte Zürcher Bildungsdirektor. Frühenglisch entspreche klar dem Wunsch von Eltern und Schülern.
Im übrigen habe die Zürcher Regierung bereits am 15. Dezember 1999 erklärt, Frühenglisch einzuführen. Der Entscheid vom Donnerstag sei also lediglich eine Bekräftigung.
«Tigerfell Schweiz»
Er selbst wünsche auch kein «Tigerfell Schweiz» bei Sprachenfragen, erklärte Buschor weiter. Kein Kanton und keine Region könne andere aber zu einer einheitlichen Lösung zwingen. Er sei überzeugt, dass auch die Bildungsdirektoren der Inner- und der Ostschweiz wie Zürich entscheiden werden. Es werde also wohl «zwei Blöcke geben, die nicht ganz den Sprachgrenzen entlang gehen».
Die Zürcher Regierung hatte am Donnerstag bekannt gegeben, an den Schulen ab 2003 Englisch statt Französisch als erste Fremdsprache unterrichten zu lassen. Englisch soll ab der dritten, Französisch ab der fünften Klasse eingeführt werden.
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) bedauerte am Freitag, dass Zürich die erforderliche Sensibilität für den nationalen Zusammenhalt nicht aufbringe. Der Vorstand der EDK will am kommenden Donnerstag (21.09.) das weitere Vorgehen beraten.
swissinfo und Agenturen

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