Schulische Integration von Migranten-Kindern

Mit verschiedenen Massnahmen versuchen die Schulen, die Integration von Migrantenkindern zu fördern.
Nicht bewährt hat sich die Schaffung von Sonderklassen. Stattdessen setzt man in allen Landesteilen auf eine individuelle
Betreuung.
Einig sind sich die Behörden aller Kantone, dass die Sprache für die Integration das A und O darstellt. In der Deutschschweiz ist es an vielen Schulen untersagt, Dialekt zu sprechen. Damit wolllen die Verantwortlichen erreichen, dass die fremdsprachigen Kinder die Schriftsprache rascher lernen.
Zudem versuchen multikulturell geprägte Städte die Integration ausländischer Kinder mit einer Aufwertung von deren Muttersprache zu fördern. Dahinter steckt folgende Idee: Wer seine Muttersprache beherrscht, hat weniger Mühe, eine Fremdsprache zu lernen.
Deutschschweiz wertet Fremdsprachen auf
Der Kanton Zürich geht hier neue Wege. Er fördert Schulen gezielt, die einen Anteil von mehr als 40% an ausländischen Kindern haben und am Programm «Qualität in multikulturellen Schulen» (Quims) teilnehmen. Bisher werden 20 Schulen auf diese Weise unterstützt.
In Basel bieten zahlreiche Schulen zwei Stunden Fremdsprachenunterricht pro Woche für insgesamt 26 Nationalitäten an. An der Schule des Sankt-Johann-Quartiers sind Albanisch und Türkisch sogar im Stundenplan verankert.
Die Präsenz der entsprechenden Lehrkräfte an den Schulen hat zwei grosse Vorteile, sagt Silvia Bollhalder vom basel-städtischen Erziehungsdepartement: «Im Konfliktfall können sie als Vermittler auftreten, und auch bei Elterngesprächen können sie als Übersetzer eine grosse Hilfe sein.»
A propos Eltern: Seit einiger Zeit bieten die Basler Schulen auch den Müttern von ausländischen Kindern zu einem bescheidenen Preis Deutschunterricht an. Das Angebot stösst auf eine beachtliche Nachfrage: 600 Frauen haben bereits an den Kursen teilgenommen.
Übersetzer helfen welschen Lehrkräften
Dass die Mütter bei der Integration eine Schlüsselrolle spielen, hat der Kanton Jura schon früh erkannt. «Wir ermutigen die Eltern seit Jahren, Französischkurse zu besuchen», sagt Pierre-Alain Tièche vom jurassischen Erziehungsdepartement.
In den Kantonen Waadt, Genf und Freiburg stehen den Lehrkräften eine Reihe von Übersetzern zur Verfügung, um bei Bedarf besser auf die Bedürfnisse der ausländischen Familien eingehen zu können.
Respekt vor der Kultur und Religion der Migranten lautet das Motto, das sich die Lehrkräfte der Romandie auf die Fahne geschrieben haben. In einer Erklärung bekräftigen sie ihren Willen, andere Kulturen als Bereicherung zu betrachten.
Sowohl in der Deutschschweiz als auch in der Romandie werden ausländische Kinder nicht in Sonderklassen gesteckt. Als Paradebeispiel in Sachen Integration gilt das Städtchen Martigny im Kanton Wallis. Dort besuchen nicht nur ausländische, sondern auch körperlich und geistig behinderte Kinder den normalen Unterricht.
Tessin setzt auf frühe Einschulung
Eine ähnliche Philosophie herrscht auf der Alpensüdseite. Das Tessin kennt Probleme bei der Integration von ausländischen Kindern nur vom Hörensagen. Als Grund für das reibungslose Zusammenleben nennen die Behörden die frühe Einschulung.
Im Tessin werden die Kinder bereits im Alter von drei Jahren in den Kindergarten geschickt. Dies führt dazu, dass die meisten beim Eintritt in die Primarschule die italienische Sprache beherrschen. Falls dies nicht der Fall ist, gibt es während des Unterrichts individuelle Nachhilfe: Statt Singen, Basteln oder Turnen ist für die noch nicht sprachkundigen Kinder Italienisch angesagt.
«Unsere Philosophie ist es, die Schüler zu integrieren», sagt Diego Erba, der Vorsteher des Tessiner Schulamtes. Die Schaffung von Sonderklassen sei diesem Ziel nicht förderlich und folglich kein Thema.
swissinfo und Agenturen
Pisa-Studie 2003 der OECD:
Verglichen wurden u.a. auch die Schulleistungen von 15-jährigen Migrantenkindern aus 17 Staaten. Getestet wurden jene Länder, in deren Schulen mindestens 3% Ausländerkinder sitzen, die eine im jeweiligen Lande fremde Sprache sprechen.
In allen Ländern sind die Leistungen der Neuntklässler mit Migrationshintergrund schwächer als die der Landeskinder. Ausnahmen: Kanada und Hongkong, wo eingewanderte Schüler besser abschneiden als einheimische.
Die Schweiz gehört zusammen mit Belgien, Luxemburg und Deutschland zu jenen Ländern, in denen der Abstand zwischen Einheimischen und Eingewanderten (zumindest für die erste Generation) besonders gross ist.
Die Schweiz gehört zu den Ländern mit dem höchsten Ausländer-Anteil. 20% betrug er im Jahr 2004, das sind rund 1,5 Mio. Ausländerinnen und Ausländer
87% der ausländischen Bevölkerung kommen aus Europa, hauptsächlich aus Italien, Serbien und Montenegro, Portugal und Deutschland

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch