Johan Djourou

Der Verteidiger von Arsenal und der Schweizer Nationalmannschaft hat swissinfo zu einem Gespräch in seiner Wohnung in London getroffen. Ein warmherziger Empfang im Einklang mit seinen afrikanischen Wurzeln.
Johan Djourou, vor 21 Jahren in Abidjan in der Côte d’Ivoire geboren, ist in Genf aufgewachsen. Heute lebt der Profi-Fussballer in London.
Es ist ein grauer Dienstag im Februar, nichts Aussergewöhnliches für London. Die Temperaturen sind für die Jahreszeit mild, im Stadtzentrum tragen viele junge Frauen kurze Röcke, haben Stiefel gegen Pumps eingetauscht.
Auf der Fahrt mit der Piccadilly Line der Metro verändert sich das Bild von Station zu Station langsam. Immer mehr junge Immigranten, Kapuze hochgezogen, Kopfhörer im Ohr. Arnos Grove, tönt schliesslich eine metallische Stimme durch den Zug. Endstation.
Einige Kilometer weiter, in einem Apartmentkomplex in einer Parkanlage, öffnet uns Johan Djourou die Tür zu seiner Wohnung. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht, wie immer. Schwarze Hose, weisses T-Shirt, ganz entspannt nach dem täglichen Training.
Die Wohnung: Weite, von Licht durchflutete Räume, Holzböden, warme Farben. In der ganzen Wohnung verteilt finden sich Werke afrikanischer Künstler. Der weisse Plüschtiger, der mitten im Salon thront, stammt von einem Jahrmarkt.
Ein bisschen Afrika, überall und immer
«Auch wenn ich mich ganz als Schweizer fühle, die Leute, die mich kennen, wissen, dass Afrika in meinem Herzen einen grossen Platz einnimmt», sagt Johan. Und wirft seiner Freundin Emilie, die ihm vor kurzem nach London gefolgt ist, einen schelmischen Blick zu.
Ich brauche in meinem Alltag diese Farben, muss Afrika spüren. Ich höre sehr viel Musik aus Afrika, tanze viel und liebe es, afrikanisch zu essen. Mit den Händen, das erinnert mich daran, wie ich als kleiner Junge meinem Vater beim Essen zuschaute.»
Seine Lieblingsgerichte? Kochbananen oder Griessbrei mit Spinat, ein Rezept seiner Grossmutter. Aber auch die Gerichte der Frau seines Arsenal-Teamkollegen Kolo Touré, der wie Djourou aus Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) kommt. «Um Musik und DVDs aus Afrika kümmert sich Eboué (ein weiterer Defensivspieler Arsenals aus Côte d’Ivoire).»
Wenn er auf seine afrikanischen Wurzeln, sein Geburtsland zu sprechen kommt, wohin er so bald als möglich wieder einmal reisen will, spürt man bei dem Athleten die Emotionen. Verständlich.
«Meine biologische Mutter, mein kleiner Bruder und meine grosse Schwester leben immer noch dort. Als mein Vater mit mir in die Schweiz zog, war ich erst 17 Monate alt. Vor fünf Jahren habe ich meine ganze Familie in Abidjan sowie in Yamoussoukro und Bouaké besucht. Meine Adoptivmutter Danièle und mein Bruder Olivier hatten mich dabei begleitet. Die menschliche Wärme, die Fröhlichkeit, aber auch die Savanne, unbeschreiblich, verrückt.»
Sehr rasch, sehr erfolgreich
Verrückt! Das ist auch das Adjektiv, das am besten zum Werdegang des Fussballers Johan Djourou passt.
16 Jahre alt ist er, spielt in der 1. Liga von Etoile Carouge und besucht das Ausbildungszentrum des Schweizerischen Fussball-Verbandes in Payerne, als er von einem Späher Arsenals entdeckt wird. Nur wenige Monate später gehört er zu dem englischen Verein.
Der Wechsel in die neue Umgebung war nicht nur einfach. «Ich vermisste meine Familie, meine Freunde. Aber seit meiner frühsten Kindheit bin ich verrückt nach Fussball. Und als Arsenal sich für mich interessierte, wusste ich, wenn ich meinen Traum verwirklichen wollte, war dies DIE Gelegenheit, die ich einfach nutzen musste.»
Vier Jahre später hat er es nicht nur bei seinem Verein geschafft, sondern auch bei der Schweizer Nationalmannschaft, mit der er kurz vor der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland erstmals spielte.
«Das war am 1. März gegen Schottland, wir siegten 3 :1. Noch heute fühle ich ein Schaudern, wenn ich nur an diesen Moment denke. Das Nationaltrikot zu tragen, für sein Land zu spielen, das ist wirklich ein einzigartiges Gefühl.»
Das rote Trikot mit weissem Kreuz
Johan Djourou hat denn auch nie bedauert, dass er dem Druck seiner ivorischen Kollegen bei Arsenal und aus seinem persönlichen Umfeld nie nachgegeben hat, statt für die Schweiz im Nationaltrikot der «Elefanten» der Elfenbeinküste anzutreten.
«Ich musste nie eine Wahl treffen. Ich bin Schweizer, das war für mich keine Frage. Daran werden auch in der Presse veröffentlichte Angriffe wegen meiner Hautfarbe nichts ändern.»
Johan Djourou war bereits beim Weltmeisterschafts-Abenteuer in Deutschland mit von der Partie. Und im Juni reist er mit der Schweizer-Nati an die Euro 2008. Eine Veranstaltung, auf die er sich vorbereitet, ohne dass sie jedoch zu einer Fixation wird.
«Ich bin ja erst 21 Jahre alt und ich denke, das Beste kommt noch», sagt er zum Schluss.
swissinfo, Mathias Froidevaux, London
(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)
Geboren: 18. Januar 1987 in Abidjan (Côte d’Ivoire).
Position : Verteidiger (früher auch Mittelfeld).
Clubs: Carouge (1996-2003), seit 2004 bei Arsenal (dazwischen 2007 fast sechs Monate an Birmingham ausgeliehen), unter Vertrag bis 2012.
Schweizer Nationalmannschaft : Erstes Spiel am 1. März 2006 gegen Schottland (3 :1 Sieg), insgesamt 16 Einsätze bisher, 1 Tor (Ende 2007).
Bei der WM 2006 in Deutschland gehörte Johan Djourou zum Kader der Schweizer Nationalmannschaft.
Er ist der erste Schweizer Internationale, der eines der Ausbildungszentren des Schweizerischen Fussball-Verbandes besucht hat (Payerne).
Arsenal ist ein englischer Fussballclub, der 1886 von den Arbeitern der Rüstungsfabrik Royal Arsenal gegründet wurde. Deshalb werden die Arsenal-Spieler «Gunners» (Kanoniere) genannt.
Arsenal holte sich bisher 13 Meistertitel und 10 Cupsiegertitel. Auf europäischer Ebene gewann Arsenal 1994 den Cup der Cupsieger und 1970 den UEFA-Cup. 2006 verloren die «Gunners» im Champions League-Final gegen Barcelona mit 1:2.
Arsenal – zur Zeit Leader in der englischen Premier League – wird seit über zehn Jahren vom Franzosen Arsène Wenger trainiert. Er hat Philippe Senderos und Johan Djourou nach London geholt. Seit 2006 spielt Arsenal nicht mehr im Highbury Stadion, sondern im neuen Emirate Stadion, das 60’000 Zuschauer fasst.

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