Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Schweizer für Härte gegen Ausländer-Jugendgewalt

Fotos und Blumen erinnern am Tatort in Locarno an das Opfer. Keystone

Rund zwei Drittel von knapp 1000 befragten Schweizern sind dafür, junge Ausländer nach schweren Straftaten auszuweisen. Dies zeigt eine Umfrage von drei Schweizer Zeitungen.

Die Befragung erfolgte eine Woche, nachdem drei junge Männer mit ausländischen Wurzeln am Karneval in Locarno einen 22-jährigen Tessiner zu Tode geprügelt hatten.

Die Tat bewegt die Schweizer Öffentlichkeit: Am letzten Wochenende hatten drei Jugendliche am Karneval in Locarno einen jungen Mann verprügelt.

Das Opfer, ein 22-jähriger Tessiner, starb noch in der Nacht auf den 2. Februar an seinen Kopfverletzungen.

Die drei mutmasslichen Täter – sie sitzen in Untersuchungshaft – sind zwischen 19 und 21 Jahre alt. Zwei stammen aus Bosnien und einer aus Kroatien, wobei zwei einen Schweizer Pass haben.

Ginge es nach dem Willen einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung, müssten sie die Schweiz umgehend verlassen: 69% von knapp 1000 Befragten sprachen sich für eine sofortige Ausweisung ausländischer Jugendlicher nach schweren Straftaten aus. 26% waren dagegen, 5% äusserten sich nicht.

Für die im “SonntagsBlick”, “Le Matin Dimanche” und “Il Caffe” publizierte Umfrage hat das Institut Demoscope am 6. und 7. Februar 913 Personen ab 15 Jahren aus der ganzen Schweiz befragt.

Differenzierte Haltung

Die Zustimmung zur sofortigen Ausweisung fiel in der Deutschschweiz mit 72% höher aus als im Tessin (67%) und in der Romandie (60%).

Strafen allein genügt den Befragten aber nicht: 50% sprechen sich dafür aus, nicht nur zu strafen, sondern auch zu erziehen. Nur 23% sehen in härteren Strafen das Mittel gegen Jugendgewalt. 21% meinen, auch die Eltern müssten bestraft werden.

Mehrheit fühlt sich sicher

Eine Mehrheit sieht die öffentliche Sicherheit nicht in Gefahr. 59% sind der Meinung, dass die Polizei die öffentliche Sicherheit aufrechterhalten kann. 30% traut dies der Polizei nicht zu, 11% äusserten dazu keine Meinung.

Fast drei Viertel gehen abends ohne Unbehagen auf die Strasse. 51% der Befragten fühlen sich am Abend und in der Nacht draussen “ziemlich sicher”, 22% sogar “sehr sicher”. “Ziemlich unsicher” fühlen sich 21%, “sehr unsicher” 3%.

Die Frauen fühlen sich jedoch unsicherer: Während sich bei den Männern nur 12% ziemlich oder sehr unsicher fühlen, erreicht dieser Anteil bei den Frauen 34%.

Volksinitiative

Selber Opfer von Jugendgewalt wurden aber nur wenige. 4% der Befragten gaben an, je von einem Jugendlichen attackiert worden zu sein. Höher liegt der Anteil bei der Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen (9%) und bei den Männern (7%).

Für die Schweizerische Volkspartei (SVP) sind die Straftaten jugendlicher Ausländer zentrales Thema zur Wählermobilisierung. Die Partei lancierte eine Initiative, welche die Ausschaffung junger ausländischer Krimineller verlangt. Die SVP will das Begehren in diesem Frühjahr bei der Bundeskanzlei einreichen.

swissinfo und Agenturen

2005 wurden in der Schweiz laut Bundesamt für Statistik über 14’000 Jugendstrafurteile gegen Minderjährige gesprochen.
Davon betrafen 4000 ausländische Staatsangehörige.
1999, als die Statistik eingeführt wurde, zählte man 12’000 Urteile.
14% aller Urteile enthielten Gewaltstrafen, 45% Straftaten gegen das Vermögen und 36% Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Die Urteilsrate der ausländischen, minderjährigen Wohnbevölkerung ist rund doppelt so hoch wie diejenige der schweizerischen Minderjährigen (2 zu 1%).

Das höchste Schweizer Gericht hat am Donnerstag die Ausweisung eines 42-jährigen Bosniers auf Lebenszeit bestätigt. Der Mann hatte 2001 zwei Personen mit einem Messer schwer verletzt.

2005 hatte ein Luzerner Gericht den Täter zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus und Landesverweis für acht Jahre verurteilt.

2006 verfügte die Luzerner Migrationsbehörde für den Messerstecher einen Landesverweis auf unbestimmte Zeit.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft