The Swiss voice in the world since 1935

Schweizer Brückenbauer in Bagdad, Damaskus, Doha

Botschafter Martin Aeschbacher und Katars Stellvertretender Aussenminister Ali Alhajri empfangen in Doha eine Schweizerin, die Ende Februar nach fast einjähriger Geiselhaft in Yemen freigelassen wurde. Keystone

Wer als Diplomat in einem arabischen Land die lokale Sprache spricht, hat einen starken Trumpf zur Hand. Die Sprachkompetenz allein reicht aber nicht aus, alle Türen aufzustossen. Das hat Botschafter Martin Aeschbacher in vielen Ländern des Orients erfahren.

Fasziniert von der orientalischen Zivilisation hatte der Schweizer am Institut für Islamwissenschaften an der Universität Bern studiert und später in Damaskus und Aleppo Arabischkurse besucht.

Martin Aeschbacher hat in mehreren arabischen Ländern den Posten des Schweizer Botschafters belegt. Gaddafis Libyen sei für seine professionelle Arbeit ein komplexes Land gewesen, aber mit einer liebenswürdigen und gastfreundlichen Bevölkerung.

«Ich wurde mir den Schwierigkeiten bei einem offiziellen Empfang in einer anderen Botschaft bewusst. Unter den Gästen befanden sich lauter Diplomaten und Vertreter des Aussenministeriums. Dort habe ich erfahren, dass es für die libysche Bevölkerung schwierig war, mit diplomatischen Kreisen in Kontakt zu kommen.»

Ein grosses Problem sei die Konzentration der Macht in den Händen einer einzigen Person gewesen. Das habe beinahe zu einer Lähmung der staatlichen Institutionen geführt und die Kommunikation mit den Entscheidungsträgern sehr schwierig gemacht.

Mehr

Mehr

Szenen aus dem Berufsleben

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Fotografen der renommierten Agentur Magnum haben Momente aus dem Leben von Diplomaten festgehalten – vor und hinter der Bühne.

Mehr Szenen aus dem Berufsleben

Zahlreiche Begegnungen

Trotzdem ist es dem Schweizer Diplomaten mit der Zeit gelungen, Libyer aus allen Gesellschaftsschichten zu treffen. Seine Kenntnisse der arabischen Sprache seien dabei sehr wertvoll gewesen, sagt Aeschbacher.

Aber auch sein Durchhaltevermögen. Gelegenheit zu interessanten Begegnungen boten zum Beispiel die Mahlzeiten zum Iftar (das Abendessen, mit dem das tägliche Fasten während des Ramadan gebrochen wird), die von den arabischen Botschaften in Tripolis durchgeführt wurden. Dabei gelang es dem Schweizer, seinen Bekanntenkreis nach und nach zu erweitern.

Als Aeschbacher Schweizer Botschafter in Damaskus wurde, erwiesen sich seine Kenntnisse des Landes, die er während seines Aufenthalts in Syrien in der Studienzeit erworben hatte, als sehr wertvoll. Die syrische Geschichte und Gesellschaft unterscheide sich stark von der libyschen, sagt der Schweizer Diplomat.

Trotzdem habe er Mühe gehabt, die ersten Anzeichen der Revolution zu verstehen. Als in den Vororten von Damaskus die ersten Aufstände ausbrachen, musste der Aeschbacher erkennen, dass seine Kenntnisse über diese Gebiete, in denen er sich früher auch aufgehalten und weiterhin Kontakte mit Bewohnern aufrechterhalten hatte, nicht ausreichten.

«Kurz bevor ich Damaskus im August 2011 verlassen habe, musste ich feststellen, dass mir in Syrien trotz meiner langen Erfahrung noch Vieles unbekannt war», sagt Aeschbacher heute aus einer gewissen Distanz.

«Für einen Diplomaten ist es leicht, mit Syrern eine Beziehung aufzubauen, weil sie weniger konservativ sind als andere arabische Völker. Man muss auch präzisieren, dass die lokalen Behörden die Bürger nicht daran hinderten, Kontakte mit den Botschaften zu pflegen.»

Mehr

Mehr

Was macht einen guten Schweizer Diplomaten aus?

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Ein Artikel in der renommierten deutschen Wochenzeitung Die Zeit von Anfang Jahr hatte drei Kritikerinnen eine überraschend grosse Plattform geboten, ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung über das Auswahlverfahren, den «Concours diplomatique», Luft zu machen. «Ein solches Auswahlverfahren ist unprofessionell und nicht mehr zeitgemäss. […] Den Diplomaten, den das aktuelle Verfahren hervorbringt, können wir uns nicht…

Mehr Was macht einen guten Schweizer Diplomaten aus?

Auch Botschafter fürs Volk

Obwohl er von den hohen syrischen Vertretern immer korrekt empfangen worden sei, habe er oft Mühe gehabt, politische Informationen zu erhalten. Nach dem Beginn der Revolution sei dies zwar einfacher geworden, nicht aber die Beurteilung des Wahrheitsgehalts dieser Informationen.

In Syrien betrachtete sich Martin Aeschbacher nicht nur als Botschafter gegenüber der syrischen Regierung, sondern auch gegenüber der Bevölkerung. «Die Regierungen ändern, die Bevölkerung kaum», sagt er.

1954 in Bern geboren. Von 1975 bis 1982 studiert er Islamwissenschaften in Bern, Damaskus und Aleppo.
 
1985 tritt er in den Dienst des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und arbeitet als Diplomat in Moskau.
 
1992 kehrt er in die Bundestadt zurück, wo er Verantwortlicher für die Beziehungen der Schweiz zum Nahen Osten wird.
 
Zwischen 2003 und 2006 war Aeschbacher Leiter des Schweizer Verbindungsbüros in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Dann arbeitete er in der libyschen Hauptstadt Tripolis.
 
Ab 2007 war er Botschafter in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Infolge des Konfliktes in Syrien wurde er im August 2011 zu Konsultationen zurück nach Bern berufen.
 
Am 21. Februar 2012 wurde Aeschbacher definitiv aus Damaskus abberufen und anschliessend zum Botschafter in Doha, der Hauptstadt von Katar, ernannt.
 
Martin Aeschbacher ist mit der Schriftstellerin Elisabeth Horem verheiratet. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder.

Ausserhalb der «Grünen Zone»

Bagdad, wo er drei Jahre lebte und arbeitete, war eine weitere wichtige Etappe in Aeschbachers Karriere. Der Schweizer Diplomat kam in der Irakischen Hauptstadt an, kurz nach dem Husseins Regime durch die amerikanische Offensive zu Fall kam. Danach zirkulierten die Informationen freier als unter dem alten Regime. Trotzdem waren sie widersprüchlich und man musste sie sortieren.

Um sich auf dem Laufenden zu halten, stützte sich Martin Aeschbacher auf die Zeitungsberichte und die Gespräche, die er mit vielen Leuten unterhielt. Er hatte es vorgezogen, sich ausserhalb der hoch gesicherten «Grünen Zone» niederzulassen, um die Lage besser beobachten zu können und Informationen aus dem Umfeld zu erhalten, in dem er lebte.

In Doha, der Hauptstadt von Katar, wo er seit einem Jahr in der neu eröffneten Botschaft der Schweiz amtet, macht Aeschbacher einmalige Erfahrungen. Die Berufung erlaubte es ihm, die Gesellschaft der Golfstaaten zu entdecken. Besonders interessiert sei er, zu verstehen, wie es der Bevölkerung gelinge, lokale Traditionen mit einer Öffnung nach aussen in Einklang zu bringen.     

Die sozialen Beziehungen, die in arabischen Ländern einen hohen Stellenwert hätten, seien natürlich und liebenswürdig. «Ich wurde oft auch bei nicht-offiziellen Einladungen sehr herzlich empfangen.»

In der Karriere eines Diplomaten seien Vorsicht und Durchhaltevermögen wichtig, ist Aeschbacher überzeugt. «Ein Botschafter muss Brücken bauen zwischen seinem Herkunftsland und seinem Bestimmungsort und die Verständigung zwischen den Kulturen begünstigen.»

(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

Mit der Schweiz verbunden

Meistgelesen
Swiss Abroad

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft