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Presseschau vom 24.04.2003

Nicht nur die Zeitungen der Region Bern haben ihn auf den Titelseiten: Den Stadtberner Polizeidirektor Kurt Wasserfallen.

Dem freisinnigen Wasserfallen wurde vom rot-grün-dominierten Gemeinderat die Verantwortung über die Stadtpolizei entzogen.

Die BERNER ZEITUNG setzt ihren Kommentar zum Eklat in der Berner Stadtregierung unter den Titel “Putsch von oben”.

Während der Zürcher TAGES ANZEIGER feststellt: “Die Berner Stadtregierung entmachtet ihren Hardliner”. Die Berner Stadtregierung habe so entschieden, “um einen Exodus von Polizeioffizieren zu verhindern”.

Auf den Punkt bringt es die AARGAUER ZEITUNG: “Nachdem der bissige Kurt zu Beginn des Monats an die kurze Leine gelegt worden war, glaubte man, in der Regierung der Bundesstadt sei Ruhe und Ordnung eingekehrt. Doch der Friede hielt nur eine Ostern lang.”

Die AZ staunt ob der Hartnäckigkeit des strammen FDP-Nationalrats: “Unbeirrt hat er sich der Entkriminalisierung des Drogenkonsums entgegengestellt oder Demonstranten mit chemischen Mitteln zum Weinen gebracht.”

Laut AZ war für Wasserfallens Abgang matchentscheidend, “dass inzwischen selbst seine Polizisten die Welt durch eine andere Brille betrachteten”.

Karriere-Tiefpunkt

Der Stadtberner Polizeidirektor ist laut BASLER ZEITUNG am Tiefpunkt seiner Karriere angelangt: “Wasserfallen hat mit seiner konservativen Politik in der Stadt Bern den Rückhalt verloren.”

Aber wie geht es nun weiter? Wasserfallen selbst hat sich noch nicht dazu geäussert. Die BAZ zeigt zwei Möglichkeiten auf: “Er kann sich trotzig dafür entscheiden, seine verstümmelte Direktion jetzt erst recht weiter führen zu wollen, weil er vom Volk schliesslich gewählt worden ist. Oder er erkennt, dass seine Zeit als Politiker in der Stadt Bern abgelaufen ist und erklärt seinen Rücktritt”.

Der BLICK bedauert überhaupt nicht, dass “Demonstrantenschreck Wasserfallen” nicht mehr Polizeichef ist. Das Boulevardblatt schreibt, dass dieser sich “bei ‘heissen’ Einsätzen gerne auch mal persönlich in die Einsatzzentrale begeben haben soll – um den erfahrenen Berufsleuten als selbsternannter Polizei-Generalissimo auf die Nerven zu gehen”.

“Sicherheit, Ruhe und Ordnung – 24 Stunden am Tag.” So beschreibt der BLICK das Motto von Kurt Wasserfallen. “Doch als Hardliner hat er sich mit einer Sturheit sondergleichen auf ‘Sündenböcke’ in Gestalt von Demonstranten, Kiffern und Junkies eingeschossen. Und dabei nicht bemerkt, wie er jedes Mass verlor.”

Dialog statt Gummischrot

Auf das Zerwürfnis zwischen Polizeidirektor Wasserfallen und seinem Polizeikommandanten Blumer geht der Berner BUND ein: “Blumers Strategie entspricht dem Willen der Mehrheit der Stadt: Deeskalation statt Konfrontation – Dialog statt Gummischrot”.

Der BUND begrüsst, dass die rot-grüne Mehrheit des Gemeinderates – endlich – Verantwortung übernommen habe. Aber: “Dass sich Rot-Grün nach harten Polizeieinsätzen distanzieren und auf den ‘bösen’ Wasserfallen zeigen kann – damit ists vorbei.”

Die Stadtberner Regierungsmehrheit geht aber laut BUND auch ein Risiko ein: “Versagt Blumers deeskalative Strategie, steht sie mit ihm im Regen, und Wasserfallen könnte triumphieren. Gut möglich, dass er darum gestern nicht gleich zurückgetreten ist.”

swissinfo, Etienne Strebel

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