Priester setzt auf Fairtrade-Kosmetika
Padre Bertram Wick aus der Schweiz ist überzeugt von seinen AloeVera-Produkten.
Aloe-Pflanzer in Ecuador spannen mit einem KMU-Helfernetzwerk in der Schweiz zusammen, um die Crèmes via Internet zu vertreiben.
Immer nach Feierabend steigen Gärtnermeister Georg Bucher und seine Frau Bernadette die Kellertreppe hinab. Hier im St. Gallischen Widnau verpackt und frankiert das Ehepaar jeden Abend Kosmetik aus AloeVera.
Dies ohne selber gross Geld damit zu verdienen. Denn der Gewinn aus dem Verkauf von schützenden Crèmes und Reparatur-Gel für verletzte Haut aus AloeVera soll seine segensreiche Wirkung für die Bewohner der Halbinsel St. Helena entfalten.
Auf dem kargen Flecken an der Pazifikküste Ecuadors arbeitet Bertram Wick, der Bruder von Bernadette Bucher, als Priester für gut 10'000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Und der Padre, 1991 in Ecuador zum Priester geweiht, hat Grundsätze, beispielsweise: "Wenn jemand immer nur ans Überleben denkt, ist es schwierig, christliche Werte zu predigen."
Selbsthilfe: Maisanbau als Fiasko
Deshalb reist Bertram Wick immer wieder nach Europa auf Betteltour. An die 500'000 Dollar hat er in den letzten 10 Jahren gesammelt und mit dem Geld Dächer geflickt, hilfsbedürftigen Witwen über die schlimmste Not hinweggeholfen und Särge für die letzte Ruhe von Habenichtsen bezahlt.
In dem von der Hauptstadt vergessenen Eiland ist der von ihm gegründete Verein "Ecuadorhife" auch für Strassen und die Bezahlung von Lehrergehältern aufgekommen.
Aber dass die Menschen in Colonche am Spendentropf hängen, behagte ihm nicht. "Es braucht nachhaltige Projekte, welche die Maxime 'Hilfe zur Selbsthilfe' verwirklichen", beschloss der Padre vor drei Jahren.
Zuerst animierte der Bauernsohn seine Gemeindemitglieder, Nahrungsmittel anzubauen. Die Maisernte endete jedoch in einem Fiasko: El Niño und die kargen Böden der Halbinsel St. Helena machten die schweisstreibende Arbeit zunichte.
Kam noch hinzu, dass die Dollarisierung der ecuadorianischen Wirtschaft das Land mit Billig-Importen aus den Nachbarländern Kolumbien und Peru überschwemmte und die Preise für Agrarprodukte in den Keller rutschen liess.
Unternehmens-Entscheid göttlich gefügt
Pater Bertram gab nicht auf. An Stelle des heimischen Marktes wollte er für die solidaritätsbewegte Klientel in Europa produzieren. Statt auf Folklore-Kitsch und Pullover aus Alpacawolle setzte er auf Aloe-Kosmetik und damit auf das richtige Nischenprodukt.
Die unternehmerische Weichenstellung war eher zufällig, oder wie Pater Bertram betont, eine "göttliche Fügung". Denn das Projekt des Aloevera-Anbaus war nicht von langer Hand geplant.
Als fünf Dutzend Studenten rund um die Pfarrei ohne sinnvolle Beschäftigung herumlungerten, hielt sie der Gottesmann an, aus Nachbars Garten die alles überwuchernde AloeVera auszugraben und in Reih und Glied auf dem Grund der Kirchgemeinde zu pflanzen.
Die Aloe gedieh prächtig, und langsam enträtselte Pater Bertram die versteckte göttliche Botschaft: Aloe ist der Weg aus dem Armutsproblem. Aloe könnte auch die leere Kasse der von ihm bisher nur mit Spendengeldern finanzierten Schule füllen.
Statt Saft Kosmetik
Schnell waren neben den Schülern noch 100 Familien als AloeVera-Pflanzer gewonnen. Nur Abnehmer für die heilkräftigen Pflanzen fehlten. Der Pater schlug bei seinem Schweizer Netzwerk Alarm, und dies handelte prompt.
Ein Diplomchemiker mit Spitznamen "Miraculix", der schon früher mal dem Padre einen Spendenbatzen hatte zukommen lassen, machte sich daran, Rezepturen und eine Schweizer Produktionsstätte für die Crèmes zu finden. Schwager Georg Bucher und Schwester Bernadette wiederum sagten zu, für den Vertrieb aufzukommen.
"Seit August 2003 können wir liefern und haben schon 60'000 Franken umgesetzt", verkündet Bucher stolz die ersten Erfolgsziffern des jungen Spenden-Startups. Er wirft sich nur vor, nicht rechtzeitig vor den Festtagen Rundbriefe an Firmen verschickt zu haben.
"Weihnachtspräsente mit einem sozialen Image für Geschäftskunden, das wäre doch interessant", sagt er und plant schon für das neue Jahr eine Werbeaktion. Der Macher im Milizamt mobilisierte für den gelungenen Take-Off von "Coloncheline" sein geschäftliches Umfeld. "Ich war überrascht, wie viele sich für die Idee begeistern liessen."
So ist ein schlagkräftiges KMU-Netzwerk entstanden, das die Produkte im deutschsprachigen Raumü ber den Hauptvertriebskanal Internet vertreibt.
Des Bischofs Segen für die Fairtrade-Kosmetika
Gesucht werden aber noch andere Absatzmöglichkeiten. 30 Prozent Rabatt gibt es für Detaillisten. "Alle sollen einen Gewinn machen, nur nicht unverschämt", sagt Georg Bucher.
Und weil die Firma, die das Pressen der Kakteenblätter und den Transport des Aloin-Konzentrats übernommen hatte, sich nicht an den Fairtrade-Kodex hält, ist nun ein weiterer Kirchenmann aktiv geworden.
Der Bischof von Guayaquil, dem Pater Bertram untersteht, will nun Geld auftreiben, um eine Presse für AloeVera zu finanzieren. Der Würdenträger, anfänglich dem Unternehmen skeptisch gesinnt, hat nun Feuer für das Projekt gefangen. Und seine Sekretärin schwört auf die AloeVera-Crème von Coloncheline.
swissinfo, Delf Bucher
In Kürze
Pater Bertram setzt auf mit seinen Crèmes auf ein modernes Nischenprodukt.
Noch ist das Fairtrade-Projekt erst am Anfang. Gestartet wurde im August 2003, bisher beträgt der Umsatz 60'000 Fr.
Schritt für Schritt will er das ecuadorianisch-schweizerische Netzwerk ausbauen.
Es geht um Selbsthilfe statt hängen am Spenden-Tropf: Das Einhalten von Rahmenbedingungen des fairen Handels ist dabei zentral.

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