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Schweizer-Beatjahre – eine gute Popsingle

The Ladybeats: Sie wagten sich als einzige Schweizer Frauen-Band in die von Männern dominierte Beat-Musik. The Ladybeats: Sie wagten sich als einzige Schweizer Frauen-Band in die von Männern dominierte Beat-Musik.

Mit "BeatPopProtest" ist Samuel Mumenthaler ein umfassendes, witziges Buch mit tollen Bildern über den Sound der Schweizer Sixties gelungen.

“Selber mag ich mich noch knapp an einen der letzten Beatles-Songs erinnern. Ich denke ‘Let it be’ habe ich damals vermutlich mitgekriegt”

Damit “outet” sich der Autor des Buches über den Sound der Schweizer Sixties, Samuel “Sam” Mumenthaler: Die Zeit, über die er ein tolles Buch geschrieben hat, ist an seinem Kinderzimmer vorbeigerauscht. Dass er es nicht hautnah mitgekriegt hat, als mit einiger Verspätung der Beat auch über die Schweiz hinwegschwappte, schildert er im Vorwort des Buches als Stolperstein und Chance zugleich.

Nichts wird abgefeiert

Den Stolperstein merkt man “BeatPopProtest” nicht an. Höchstens die witzige Schreibe zeugt von Distanz. Wer die Zeit als junger Mensch mit etwas längeren Haaren verbrachte, merkte ja gar nicht, dass er in einer “historischen” Zeit jung war.

Die Chance andererseits, die wurde genutzt. Da hat einer aus Liebe zur Musik, die er erst in späteren Jahren entdeckt hat, geschrieben. Und, Sam Mumenthaler weiss von was er schreibt. Er war und ist selber Musiker, nämlich einer der im wahrsten Sinn “treibenden” Rockschlagzeuger der Schweiz. Auf die Felle der “Schiessbude” dreschte Sam unter anderem bei Gruppen wie “ZüriWest” und “PhonRoll”.

Nein, die Sixties werden im Buch nicht heraufstilisiert und abgefeiert. Eben gerade nicht! “BeatPopProtest” ist kein Buch für Nostalgiker. Es ist kein Werk, um zu sagen: “Ei seht, damals war alles besser.”

Geschichten, Geschichten

Sam Mumenthaler hat fünf Jahre lang Geschichten zusammengetragen. Geschichten rund um die paar Idealisten – die paar Verrückten – die sich in den 60ern aufmachten und die Musik der Beatles, Stones, Animals und wie sie alle hiessen (nach) zu spielen.

Langhaarige “Souhüng” waren es, denen es galt die Haare abzuschneiden. Es war ein hartes Brot, Vorreiter für eine gesellschaftliche Veränderung sein. Aber weder Musiker, noch Konsumeten waren sich dessen bewusst. Darum wird “BeatPopProtest” erst am Schluss politisch. Aber da hört das Buch denn auch auf.

Die Schweiz und langhaarige (Berufs-)Musiker, das wollte fast nicht zusammenpassen. Dass trotzdem was daraus geworden ist, verdanken wir den Sauterelles, den Sevens und den Dynamites, den Jetmen und den Hellfires und all den andern, die fast nie von der Musik leben konnten, aber doch einige Monate und Jahre überlebten. Dank Sam Mumenthalers Buch, kann man die Geschichten (die man im Buch wohl zum ersten Mal hört) und Namen und Bandmitglieder kennenlernen.

Tolles Bildmaterial

Und wer sich das alles nicht vorstellen kann, der findet reichhaltiges Bildmaterial vor. Bilder, die man in dieser Fülle noch nie sah. Dazu kommt eine dem Buch beigelegte CD mit seltenen, meist unveröffentlichten Tondokumenten aus der Echtzeit.

Alles in allem, ein Buch das alle Alterstufen lesen können, ob man die Zeit selber erlebt hat oder nicht. Ein gute Popsingle sei das Buch geworden, sagt Autor Mumethaler. “Weil man in der Musik der Sixties in zwei drei Minuten alles sagen konnte oder wohl musste.” Für eine Longplay, eine LP, hat es nicht gereicht. Dazu war die Zeit der “unschuldigen Musik”, die eher gespielt wurde, um Girls und Boys aufzureissen, denn um die Welt zu verändern, doch zu kurz.

Die Schweizer Sixties endeten auch am 31. Dezember 1969. Das Buch allerdings ist etwas früher zu Ende. Im Mai 1968 trat auch in der Schweiz Jimmy Hendrix auf, seine jaulende und verzerrte Gitarre, seinen Stoff, den er rauchte, das alles kündete eine andere Zeit an. Auch im Mai 68 flogen in Zürich die ersten Steine. Die Haare wurden ganz lang, die Wasserwerfer salonfähig und mit der “Unschuld” war es vorbei.

“BeatPopProtest” – der Sound der Schweizer Sixties von Samuel Mumenthaler ist erschienen in der Editions Plus Sàrl in Lausanne. Das Buch hat die ISBN-Nummer 3-9521676-7-3 und ist im Buchladen oder im Internet unter www.editionsplus.ch oder anderen Internet-Bookshops erhältlich.

Urs Maurer

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