Gibt es in der Schweiz im internationalen Vergleich zu viele Beamte?

Nach dem Vorbild von Donald Trump und Elon Musk in den USA wollen auch Politiker:innen in anderen Ländern die öffentliche Verwaltung verkleinern. Ein Überblick über die Situation in der Schweiz in Zahlen.
Die neue internationale Mode: Finanzen sollen durch eine Kürzung der öffentlichen Verwaltung geglättet werden. Argentinien und die USA haben diesen Trend ausgelöst, es folgten Grossbritannien, Kanada und Vietnam.
Nun schielen einige Schweizer Politiker:innen mit Appetit auf die «Bürokratie-Kettensäge», die Elon Musk vor sich herträgt. «Zu viele Beamte», «zu viel Geld», «auf Kosten des Privatsektors» – all dies sind Aussagen, die in Bern häufig zu hören sind.
Bräuchte die Schweiz eine Reduktion? Laut Avenir Suisse arbeiten 23% der Bevölkerung in der öffentlichen Verwaltung. Der liberale Think Tank ist der MeinungExterner Link, dass dies zu viel ist, und spricht sich für starke Massnahmen aus, die bereits unter der Bundeshauskuppel diskutiert wurden.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) pfeift jedoch ein anderes Lied: Nur einer von zehn Erwerbstätigen arbeitet demnach für den Bund, einen Kanton oder eine Gemeinde.
Wer arbeitet alles im öffentlichen Sektor? Ein RTS-Faktencheck (auf Französisch):
Das liegt unter anderem daran, dass Avenir Suisse die Angestellten der Post, der SBB, der Universitätsspitäler, der SRG oder auch die subventionierten Landwirte und Landwirtinnen in die Berechnung einbezieht.
Mit anderen Worten: 23% sind die Summe der öffentlichen, halböffentlichen und subventionierten Arbeitsplätze.
Die OECD verwendet eine einheitliche Definition für alle Länder (siehe S. 188 des BerichtsExterner Link), was den Vorteil hat, dass ein internationaler Vergleich möglich ist.
Nach dieser einheitlichen Berechnung arbeiteten im Jahr 2022 etwas weniger als 595’000 Personen in der öffentlichen Verwaltung, vom Bund bis zu den Gemeinden, was 11,2% der Erwerbsbevölkerung entspricht.
Damit liegt die Schweiz im unteren Drittel der OECD-Mitglieder. In Deutschland liegt die Zahl bei 12%, in Frankreich bei über 20%. In Norwegen und den nördlichen Ländern liegt die Quote bei rund 30 %.
Nicht mehr Beamte in der Schweiz
Ein weiteres Argument ist, dass die Verwaltung immer grösser werde. Doch während die Bevölkerung der Schweiz zwischen 2003 und 2023 um 20% gewachsen ist, ist die Zahl der Stellen (in Vollzeitäquivalenten) beim Bund nur um 11,5% gestiegen.
Im Vergleich zum Bevölkerungswachstum ist die Zahl der Beamten pro 1000 Einwohner um fast 0,3 Prozentpunkte von 4,6% im Jahr 2004 auf 4,3% im Jahr 2024 gesunken.
Höher qualifiziert und älter
Ein weiterer häufiger Kritikpunkt ist, dass öffentliche Angestellte zu gut bezahlt werden. Der Präsident der FDP, Thierry Burkart, spricht von einem Durchschnittsgehalt von 130’000 Franken pro Jahr im öffentlichen Sektor.
Laut BFS liegt der monatliche Medianlohn im öffentlichen Dienst bei 8094 Franken gegenüber 6510 Franken in der Privatwirtschaft.
Dieser Unterschied lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass im öffentlichen Sektor höher qualifizierte, oftmals ältere Personen beschäftigt sind. Eine StudieExterner Link des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik der Universität Luzern beziffert diese Unterschiede auf 19% bei Niedriglöhnen und nur 4% bei Kaderstellen.
Eine VergleichsstudieExterner Link, die vom Bundesrat in Auftrag gegeben und von PricewaterhouseCoopers durchgeführt wurde, geht davon aus, dass die Löhne im öffentlichen Dienst im Grossen und Ganzen ähnlich hoch sind wie in der Privatwirtschaft.
Einige Positionen werden im öffentlichen Sektor sogar schlechter bezahlt, insbesondere Führungspositionen.
Öffentlich und privat nicht gegeneinander ausspielen
Ebenfalls laut Avenir Suisse würde all dies dem Privatsektor schaden. Dennoch hängt alles davon ab, auf welcher Seite des Lohnzettels man sich befindet. Während Arbeitgeber etwas dagegen haben können, ist es für Arbeitnehmende von Vorteil, wenn der öffentliche und der private Sektor nicht systematisch gegeneinander ausgespielt werden.
Laut einer StudieExterner Link der Europäischen Zentralbank sind sie sogar eng miteinander verknüpft: Ein Anstieg des Reallohnwachstums im öffentlichen Sektor um 1% bedeutet einen Anstieg der Löhne im privaten Sektor um 0,3%. Ein Anstieg der Beschäftigung im öffentlichen Sektor um 1% führt zu einem Lohnwachstum im privaten Sektor von fast 0,3%.
Übertragung aus dem Französischen: Giannis Mavris

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