
Heute in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Mutmasslicher Sittenzerfall am Bundesstrafgericht in Bellinzona; erstes offizielles Bordell im Kanton Zug; Bestattungsmesse in Basel; "Ehe für alle": Das gibt hier zu reden!
Herzliche Grüsse aus Bern

Das Vertrauen in die Justiz ist hierzulande hoch. Aber derzeit beschädigen Berichte über erstaunliche Sitten am Bundesstrafgericht in Bellinzona das gute Image der Dritten Gewalt. Das ist alarmierend, und die Rufe nach einer Klärung durch die Aufsichtsbehörde werden immer lauter.
Arbeitsscheue Richter, Sexismus, Spesenexzesse, Günstlingswirtschaft: Die negativen Schlagzeilen über die Zustände am höchsten Strafgericht im Land reissen nicht ab. Die Bevölkerung habe ein Recht darauf, aufgeklärt zu werden, kommentiert heute die Neue Zürcher Zeitung (NZZ).
Die Aufsicht – das ist die Verwaltungskommission des Bundesgerichts in Lausanne – müsse die Sache klären, verlangt die NZZ, und zwar richtig. Die Mitglieder müssten beweisen, dass sie ihre Aufgabe ernst nähmen und nicht nur «einmal im Jahr zum Kaffeetrinken in trauter Runde nach Bellinzona kommen».
- Weshalb die Vorwürfe für das Bundesstrafgericht zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt kommen, erfahren Sie im erwähnten KommentarExterner Link.
- Wegen des «Sittenzerfalls in Bellinzona» schalte sich der höchste Schweizer Richter ein, berichteten Medien der CH-Media-GruppeExterner Link.
- Ein renommierter Strafrechtsprofessor spricht in der NZZExterner Link von Schlamperei.
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Wenn der Kanton Zug schweizweit von sich reden macht, geht es meistens um die niedrigen Steuern oder die hohe Lebensqualität. Nun ereigne sich dort Historisches, berichten Medien der Tamedia-Gruppe: «Ein Puff für das prüde Zug.»
Selbstverständlich gibt es käufliche Liebesdienste im kleinen Zentralschweizer Kanton wie überall auf der Welt seit eh und je. Aber im Versteckten. Nun hat sich erstmals in der Kantonsgeschichte offiziell ein Bordell angemeldet.
Politiker konnten in Zug offizielle Bordelle jahrelang verhindern, indem sie ausländischen Frauen keine L-Aufenthaltsbewilligung, den sogenannten Cabaret-Status erteilten. Dafür gab es sogar Applaus aus den katholischen Frauenklöstern.
- «Nutzungsänderung Wohnen zu Erotikgewerbe», steht im Zuger Amtsblatt bei den Baugesuchen, berichtete die Zuger ZeitungExterner Link.
- «Am liebsten habe er Studentinnen und Hausfrauen», sagt der Geschäftsleiter des ersten Bordells in Zug in der Basler ZeitungExterner Link.
- Einen Bericht über Sexualbegleitung im Alter sehen Sie bei SRFExterner Link.
- Sexarbeit habe ihr ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, erzählt eine Prostituierte. In der RepublikExterner Link finden Sie ein Porträt.

Was die meisten Menschen im Alltag aus ihren Gedanken verdrängen, ist für manche Berufsleute Arbeit und Geschäft: Der Umgang mit dem Tod. In Basel findet im März eine Messe statt, die der Endlichkeit des irdischen Lebens gewidmet ist.
«Der Tod komme nach Basel», kündigte Johannes Ruchti, der Organisator der Basler Bestattungsmesse, an. Und er legte der Ankündigung ein «Interview mit dem Tod» und ein Foto von sich als Sensenmann bei.
Er wolle aufrütteln, begründet Ruchti seine Provokation, weil der Tod Tabu sei in unserer Gesellschaft. «Mir sagt man nur ungern Auf Wiedersehen», sagt er in Interviews. Wer sich aber mit dem Thema befasse, lebe nicht ängstlicher, sondern befreiter.
- «Man muss über den Tod auch lachen können», sagt Ruchti im Interview mit der Basler ZeitungExterner Link (BAZ). (Paywall)
- «Man stirbt eben nicht zweimal», erzählt der Leiter einer grossen Sargfabrik im Gespräch mit dem Zürcher OberländerExterner Link.
- Was bei einem Todesfall zu tun ist: Hier geht’s zur ChecklisteExterner Link.
- Das Porträt eines «lebenswerten Friedhofs für alle» finden Sie bei swissinfo.ch.

Die «Ehe für alle» soll möglichst bald umgesetzte werden können, wenn es nach dem Willen des Bundesrats geht. Dieser unterstützt eine entsprechende Vorlage, welche die Rechtskommission des Nationalrats ausgearbeitet hat.
Die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren solle beseitigt werden, erklärt die Landesregierung ihren Entscheid. Homosexuelle Paare sollen deshalb ebenso heiraten dürfen wie gemischtgeschlechtliche Paare.
Heute können gleichgeschlechtliche Paare zwar keine Ehe schliessen, aber ihre Partnerschaft registrieren lassen. Zudem besteht in eingetragenen Partnerschaften kein Recht auf die gemeinschaftliche Adoption von Kindern. Seit Anfang 2018 ist für diese Paare aber die Stiefkindadoption möglich.
Bundesrat und Kommission sind der Meinung, dass die «Ehe für alle» am meisten Chancen habe, wenn die politisch heiklen Forderungen vorerst ausgeklammert würden.
Zu den heiklen Forderungen gehören der Zugang gleichgeschlechtlicher Paare zur Fortpflanzungsmedizin, also zum Beispiel die Samenspende für lesbische Paare.
- Die Stellungnahme des Bundesrats zur Vorlage «Ehe für alle» finden Sie hierExterner Link.
- Eine Diskussion zur Streitfrage «Ehe für alle» mit Vertretern der reformierten und katholischen Kirche sehen Sie bei SRFExterner Link.
- Wie steinig der Weg für Homosexuelle ist, Eltern zu werden, erzählte ein lesbisches Paar meiner Kollegin Katy Romy.
- Wie im Ausland mit der Frage umgegangen wird, darüber berichtete SRFExterner Link.

Der Druck auf die Landwirtschaft, für immer weniger Geld immer mehr aus dem Boden und den Nutztieren herauszuholen, zwingt auch in der Schweiz viele Bauern zum Aufgeben. Aber hier und dort sind Betriebe entstanden, die sich dem Preisdiktat entziehen können.
«Solidarische Landwirtschaft (Solawi)» nennt sich die Bewegung, in der Konsumenten unter der Leitung von wenigen professionellen Bäuerinnen und Bauern auf dem Feld und im Stall mitarbeiten. Anstatt Geld erhalten sie Gemüse, Getreide oder auch Fleisch vom Betrieb.
In der solidarischen Landwirtschaft tragen Produzenten und Konsumenten das Risiko gemeinsam. Das oberste Ziel ist nicht Ertragsmaximierung, sondern eine Produktion von gesunden Lebensmitteln im Einklang mit der Umwelt.
Trotz bescheidenem Lohn habe sie einen Traumberuf, sagt Marion Salzmann vom «Radiesli». Ein Porträt des Betriebs finden Sie bei swissinfo.ch.
Auch auf dem Mooshof in Lenzburg setzt man auf solidarische Landwirtschaft. Wie es dort zu und her geht, hören Sie bei SRFExterner Link.
Weshalb sich Städter auf einem Bio-Betrieb in der Nähe von Zürich die Hände schmutzig machen, erfahren Sie in der NZZExterner Link.
In der Bündner Surselva gibt es eine «Bergsolawi». Die WochenzeitungExterner Link hat sie besucht.
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«Meiner Meinung nach ist es eine sehr altmodische Einstellung, dass Mütter nicht arbeiten sollen oder wollen…», schreibt Nina Grant Gesell Henzen aus Kanada.
Sie bezieht sich auf das Interview von meiner Kollegin Sibilla Bondolfi mit Andrea Schmid-Fischer über das Einkommen von Schweizer Familien. Schmid-Fischer ist Präsidentin des Dachverbandes Budgetberatung Schweiz.
Früher sei es in der Schweiz üblich gewesen, dass ein Familienvater mit einem Lohn eine ganze Familie ernährte – und stolz darauf war. Heute würden in den meisten Familien die Mütter dazuverdienen gehen. Sibilla Bondolfi hat nachgefragt: «Wollen die Mütter arbeiten oder müssen sie?»
Einige Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer berichten aus ihren Aufenthaltsländern: «Hier arbeiten beide Elternteile.» So etwa in Holland, Polen oder Kanada.
Nicht nur im Interview, sondern auch in den Kommentaren ist der erhöhte Lebensstandard ein Thema. So heisst es aus der Community: «Man könnte mit einem Einkommen leben, wenn man sich seinen Verhältnissen anpassen würde.» oder «Wenn man auf allen Hochzeiten tanzen will, da reichen wohl bald zwei Einkommen nirgends mehr hin.»
Man könne ja auf Hobbies oder Ferien verzichten, heisst es aus der Community. Daniel Jacques auf Frankreich schreibt: «Das Leben besteht nicht nur aus Essen.» Für ein ausgewogenes Leben würden Kinder auch die Möglichkeit brauchen, Hobbies nachgehen zu können. Und: «Die richtige Ernährung hängt oft vom Einkommen ab.»
- Den Artikel dazu finden Sie hier.
- Lesen Sie ebenfalls die Kommentare Externer Linkvon Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.
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