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Wie der Tessiner Emilio Balli in 472 Tagen um die Welt reiste

Ein Mann in einer Rikscha wird von Männern gezogen und geschoben
Emilio Balli in Japan im Februar 1879. Museo di Valmaggia

Zwischen 1878 und 1879 begab sich Emilio Balli aus dem Kanton Tessin, inspiriert durch das Buch "In 80 Tagen um die Welt" von Jules Verne, auf eine Entdeckungsreise in die Ferne. Ein Abenteuer, an das jetzt ebenfalls ein Buch erinnert.

Inspiriert von Jules Vernes Buch «In 80 Tagen um die Welt» aus dem Jahr 1872, verwirklichte Emilio BalliExterner Link aus dem Maggiatal zwischen 1878 und 1879 ein für die damalige Zeit einzigartiges Projekt: eine interkontinentale Reise, die 472 Tage dauerte und jeden Punkt der Erde ansteuerte, vom amerikanischen bis zum asiatischen Kontinent.

Und er schrieb darüber. In Hunderten von Briefen berichtete der studierte Naturwissenschaftler seiner Familie in Cavergno von seinen Etappen.

Eine Weltreise voller Erlebnisse und Unvorhergesehenem, wie er selbst in seinem sorgfältig geführten Reisetagebuch Etappe für Etappe festhielt.

Dieses Tagebuch bildet heute zusammen mit seinen Briefen ein aussergewöhnliches Archiv, das durch unzählige Fotografien, Erinnerungsstücke und vor allem zahlreiche Sammlerstücke bereichert wird – von Muscheln und Kräutern über Blumen bis hin zu ausgestopften Tieren und Münzen.

All diese Objekte, die normalerweise in verschiedenen Museen ausgestellt sind, wurden in den Jahren 2023 und 2024 für die Sonderausstellung im Museo di ValmaggiaExterner Link zusammengetragen.

In der Ausstellung waren auch Funde zu sehen, die von der Familie Balli zur Verfügung gestellt wurden. Nach über 140 Jahren hat diese ihr Privatarchiv in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Geografie und Umwelt der Universität Genf geöffnet.

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Ein Buch über eine unglaubliche Reise

Ein Projekt, eine Reise und vor allem eine unglaubliche Lebenserfahrung sind im Buch «In 472 Tagen um die Welt» nachzulesen, das jüngst von Dadò in Zusammenarbeit mit dem Museo Valmaggia herausgegeben wurde und das Alessandro Botteri Balli, Raphaël Pieroni und Jean-François Staszak redigiert haben.

Zweihundert Seiten mit Farbbildern, die zum ersten Mal veröffentlicht werden, zusammengestellt aus dem aussergewöhnlichen Material, das der Forscher aus dem Valle Maggia von seiner Reise mitgebracht hat.

Zwei Männer vor den Niagarafällen im Schnee
Vor den Niagarafällen im Dezember. Museo di Valmaggia

Im Buch lassen sich seine Reisespuren nachverfolgen: Die erste Etappe war das Schiff der «Société des Voyages d’Études Autour du Monde» aus Paris, eines der ersten «All-Inclusive»-Reiseprojekte in der Geschichte des Tourismus.

Die Schiffreise endete jedoch abrupt in Panama, wo alle Passagiere gezwungen waren, an Land zurückzukehren.

Balli wurde von seinem Freund Alfred Bertrand begleitet und konnte seine Weltreise, von der er schon lange geträumt und die er minutiös vorbereitet hatte, fortsetzen – dank der Hilfe europäischer Diplomaten, Kaufleute und Missionare, die sich überall niedergelassen hatten.

Eine Familie, die in Holland reich wurde

Der Tessiner Balli wurde 1855 in Cavergno als jüngstes von elf Kindern einer wohlhabenden Familie aus dem Maggiatal geboren.

Sein Vater, Valentino Alessandro Balli, war nach Holland emigriert, wo er sich als Kaufmann einen Namen machte. Dies ermöglichte es dem jungen Emilio, diese für damalige Verhältnisse kostspielige Reise anzutreten.

Abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten zeichnete sich Balli durch Eigenschaften aus, die für die Durchführung eines ähnlichen Projekts von grundlegender Bedeutung waren.

Obwohl erst 23 Jahre alt, besass er nicht nur die Reife, sondern auch die Entschlossenheit und die Neugier eines Gelehrten und konnte von allen Aspekten und Perspektiven profitieren, die ein solches Abenteuer mit sich bringt.

Eine wichtige Persönlichkeit im Tessin

Am 26. September 1879 kehrte Balli nach Europa zurück, zunächst nach Marseille, und reiste von dort wieder ins Tessin.

Bald wurde er zu einer wichtigen Persönlichkeit im kulturellen Leben des Kantons und brachte eine reiche Reiseerfahrung mit, die ihn in die Lage versetzte, sich auf unternehmerischem, sozialem, kulturellem und politischem Gebiet zu betätigen.

Seine Leidenschaft für die Naturgeschichte, die Numismatik und die Archäologie brachte ihn dazu, 1900 die Gründung des Museums für Archäologie und Naturgeschichte in Locarno zu initiieren, das er mehrere Jahre lang selbst leitete.

Wie das Historische Lexikon der Schweiz berichtetExterner Link, gehörte Emilio Balli auch zu den Gründern der kantonalen Ackerbaugesellschaft (1885), des Tessiner Alpenclubs (1886) und der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft des Tessins (1903) sowie zu den Förderern archäologischer Ausgrabungen in Tenero, Cavigliano und Muralto.

Emilio Balli, der am 29. November 1934 in Locarno starb, wurde auf dem Friedhof von Cavergno begraben.

Dank seiner Arbeit haben wir zahlreiche und wertvolle Informationen über den historischen und sozialen Kontext, in dem er lebte und der es ihm ermöglichte, sein grosses Abenteuer zu unternehmen.

Seine Reise zeigt anschaulich, was im 19. Jahrhundert dazu geführt hat, dass sich der Globus zu einer wahren Tourismusattraktion entwickelte.

Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub

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