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Gebirgskantone wollen mehr Geld für ihr Wasser

Das kostbare Nass aus den Bergen soll teurer werden. Keystone

Angesichts der drohenden Energieengpässe wird das Wasser zu einem kostbaren Gut. Die Schweizer Gebirgskantone verlangen deshalb einen höheren Preis für ihre Wasserkraft.

Konkret fordern sie, dass der so genannte Wasserzins um einen Viertel erhöht wird. Der Strompreis würde dadurch um rund 0,3 Rappen pro Kilowattstunde teurer.

Die gute Wirtschaftslage ermögliche diese “moderate Anpassung”, ohne dass dadurch die Konsumenten noch die Stromwirtschaft ungebührlich zur Kasse gebeten würden, argumentieren die Gebirgskantone.

Nach den Vorstellungen der Konferenz der Gebirgskantone (RKGK) soll das zulässige Maximum für den Wasserzins von heute 80 auf neu 100 Franken pro Kilowatt Bruttoleistung erhöht werden.

Damit soll einerseits die seit der letzten Erhöhung im Jahr 1997 aufgelaufene Teuerung von 9,3% abgegolten, andererseits aber auch die Bedeutung des Wassers als umweltfreundliche Energiequelle besser anerkannt werden, wie der Walliser Staatsrat und RKGK-Präsident Thomas Burgener sagte.

Zusammen mit einem neuen Speicherzuschlag für die Produktion von Spitzenstrom soll der Strompreis um höchstens 0,3 Rappen pro Kilowattstunde zusätzlich belastet werden, was deutlich unter dem heutigen Ertragspotenzial der Speicherkraftwerke liege.

Wasser wird wertvoller

Für Investitionen wie auch für die Abdeckung von Marktrisiken blieben damit den Kraftwerksgesellschaften noch genügend Mittel, sagte der Bündner Regierungsrat Stefan Engler.

Das Ziel der Gebirgskantone sei daher auch keinesfalls die Brüskierung der Stromproduzenten, sondern ein lediglich ein angemessenes Entgelt für den Rohstoff Wasser, der angesichts der drohenden Stromlücke und der Klimaprobleme immer wertvoller wird.

Mehreinnahmen ohne Zweckbindung

Insgesamt erhoffen sich die sieben Gebirgskantone der RKGK von der verlangten Anpassung der Wasserzinsen zusätzliche Einnahmen von rund 68 Mio. Franken pro Jahr.

Der neue Speicherzuschlag für die Produktion von teurerer Spitzenenergie von maximal 50 Franken pro Kilowatt Bruttoleistung soll nochmals 77 Mio. Fr. in die Kassen spülen, so dass sich die Gebirgskantone von ihrem Forderungspaket insgesamt Mehreinnahmen in der Höhe von rund 145 Mio. Fr. jährlich erhoffen.

Werden auch die nicht der RKGK angehörenden übrigen Wasserkraftkantone – wie etwa Aargau oder Bern – in die Rechnung miteinbezogen, so dürfte gar mit Mehreinnahmen von jährlich 195 Millionen Franken zu rechnen sein.

Eine Zweckbindung dieser Einnahmen – beispielsweise für Massnahmen im Bereich des Gewässerschutzes – wird von der RKGK “aus grundsätzlichen Überlegungen” abgelehnt.

Hoffnungen ruhen auf Ständerat

Eine indexierte und damit automatische Anpassung der Wasserzinsen ist aus ihrer Sicht hingegen überfällig. Sie ist deshalb ebenfalls in dem am Montag vorgestellten Forderungspaket enthalten, dem nun via das eidgenössische Parlament der gewünschte Nachdruck verliehen werden soll.

Hoffnungen setzen die sieben Gebirgskantone dabei primär auf den Ständerat, der als Kantonskammer auch die Interessen der Wasserkantone wahrzunehmen habe. Auf einen Zeitrahmen für die Umsetzung ihrer Forderungen legten sich die Vertreter der RKGK jedoch nicht fest.

Kraftwerksbetreiber und Pro Natura dagegen

Das Bundesamt für Energie (BFE) wollte die Forderung der RKGK nicht näher kommentieren. Die Forderung sei aber legitim, sagte Pascal Previdoli, Leiter der Abteilung Internationales, Strategie und Politik beim BFE.

Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) lehnt dagegen eine höhere Entschädigung der Wasserkraft ab. Damit werde die Wettbewerbskraft dieser umweltfreundlichen Energie geschmälert.

Auch Pro Natura ist gegen die Forderungen der RKGK. Die Wasserzinsen für die Gebirgskantone können laut der Umweltschutzorganisation nur erhöht werden, wenn sie an ökologische Bedingungen geknüpft sind.

swissinfo und Agenturen

Die Wasserkraft ist die traditionsreichste und wichtigste erneuerbare Energiequelle der Schweiz. Rund 60% des schweizerischen Strombedarfs wird durch Wasserkraft gedeckt.

Weil es kaum mehr Standorte für den Bau grosser neuer Wasserkraftwerke gibt, soll künftig vermehrt in die Kleinwasserkraftwerke (Anlagen mit einer Leistung von bis zu 10 Megawatt) investiert werden.

Gemäss Bundesamt für Energie besteht hier ein Ausbaupotential von rund 2200 Gigawattstunden pro Jahr.

Das Bundesamt für Energie (BFE) erwartet ohne Gegenmassnahmen mittelfristig einen Energie-Engpass. Es rechnet in den nächsten 30 Jahren mit einem starken Anstieg des Energiekonsums in der Schweiz.

Ein Engpass zeichnet sich vor allem bei der Elektrizitätsversorgung ab, weil um 2020 die ersten Atomkraftwerke aus Altersgründen vom Netz gehen und gleichzeitig langfristige Strombezugsverträge mit Frankreich auslaufen.

Das BFE geht davon aus, dass sich der Stromverbrauch je nach Szenario bis 2035 um 18 bis 24% ansteigen wird.

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