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Mit Satellit und Schweizer Technik Gravitationswellen auf der Spur

(Keystone-SDA) Der Countdown läuft: Am Mittwoch wird bei planmässigem Verlauf der Satellit LISA Pathfinder ins All starten. Beim Projekt zum Nachweis von Gravitationswellen ist auch die Schweiz mit an Bord.

Bei kosmischen Katastrophen wie der Kollision von Schwarzen Löchern geraten Raum und Zeit ins Schwanken. Dabei verursachte Änderungen des Gravitationsfelds jagen als Welle in der Raumzeit durch das All. Vorausgesagt wurden diese Gravitationswellen vor fast 100 Jahren von Albert Einstein im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie.

Direkt beobachtet wurde die Wellen jedoch noch nie. Sämtliche Versuche, die mit Hilfe riesiger Detektoren auf der Erde durchgeführt werden, blieben bisher erfolglos. Nun hofft die Europäische Raumfahrtagentur (ESA), dem Phänomen mit einem Experiment im All auf die Spur zu kommen.

Der Satellit LISA Pathfinder soll dazu den Weg ebnen. Sein Start mit einer Vega-Rakete vom Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch-Guayana) ist für Mittwoch um 5 Uhr morgens (Schweizer Zeit) geplant. Am Projekt sind die ETH und die Universität Zürich sowie der Schweizer Technologiekonzern RUAG massgeblich beteiligt

Würfel im freien Fall

Der Nachweis der Gravitationswellen soll gemäss RUAG Space mit Hilfe von Testkörpern gelingen, die sich physikalisch gesehen im freien Fall befinden. Die einzige Kraft, der diese Körper ausgesetzt sind, ist die Schwerkraft. Gibt es tatsächlich Gravitationswellen, so müsste sich unter ihrem Einfluss der Abstand zwischen diesen Körpern minimal verändern.

Den eigentlichen Nachweis der Gravitationswellen soll die ab 2034 geplante ESA-Mission eLISA führen, ein Projekt aus drei zusammengeschalteten Satelliten. Von LISA Pathfinder erhoffen sich die Forscher den Beweis, dass es möglich ist, die Distanz zwischen zwei Testkörpern im All extrem genau zu messen.

Im Innern des Satelliten schweben im Abstand von 38 cm zwei je 1,96 kg schwere Würfel aus einer Gold-Platin-Legierung. Von RUAG Space hergestellte Mechanismen halten die Würfel während des Starts an ihrem Platz und positionieren sie danach in ihren Testkammern. Die Elektronik wurde am Institut für Geophysik der ETH Zürich entwickelt. Von RUAG stammt neben weiteren Bauteilen des Satelliten auch der Laser-Modulator.

Unvorstellbare Genauigkeit

Schweben die beiden Würfel erst einmal in ihren Kammern, wird der Abstand zwischen ihnen von einem hochpräzisen Laser-Interferometer überwacht. Die dabei geforderte Genauigkeit wird von den Physikern der Uni Zürich als “atemberaubend” beschrieben.

Sie liegt im Grössenbereich eines Bruchteils eines Atomkerns, das heisst im Pikobereich (10 hoch minus 12). Zum Vergleich: In einer Pikosekunde legt Licht, das in einer Sekunde die Strecke von der Erde bis zum Mond bewältigt, lediglich drei Haaresbreiten zurück.

LISA Pathfinder soll für seinen sechsmonatigen Einsatz an einem speziellen Punkt rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt “geparkt” werden, dort, wo sich die Schwerkraft von Sonne und Erde aufheben. Um exakt der Bahn der Testmassen folgen zu können, wird deren relative Position laufend gemessen.

Mit Hilfe sogenannter Kaltgas-Mikro-Newton-Triebwerke erfolgt dann die Anpassung der Bahn des Satelliten. Die Schubkräfte dieser Triebwerke liegen im Bereich von Mikronewton – das entspricht der Gewichtskraft eines Sandkorns auf der Erde.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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