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NGO fordern Menschenrechtsdialog bei Migrationspartnerschaften

Ein politischer Flüchtling aus Sri Lanka zeigt Mitte 2017 während eines Interviews in London seine Folterspuren. Er und weitere rund 50 Tamilen gaben an, von den Sicherheitskräften des jetzigen Regimes entführt, vergewaltigt und gefoltert worden zu sein. (Archivbild) Keystone/AP/FRANK AUGSTEIN sda-ats

(Keystone-SDA) Menschenrechtsorganisationen stehen den Migrationspartnerschaften zwar nicht grundsätzlich negativ gegenüber. Doch diese dürften nur mit verlässlichen Partnerländern abgeschlossen werden und die Sicherheit der Schutzsuchenden müsse jederzeit gewährleistet sein.

Im Fall von Sri Lanka geben verschiedene Entwicklungen Anlass zur Sorge: So sind gemäss der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) Folter und Misshandlungen in Haft weiterhin verbreitet. Vor allem Personen mit angeblichen Verbindungen zu den ehemaligen Tamil Tigers (LTTE) würden überwacht, schikaniert oder verhaftet.

Es lägen auch Berichte von Entführungen und Folterungen von tamilischen Personen vor. Bei einer Rückkehr nach Sri Lanka könnten Tamilen mit Verbindungen zur LTTE deshalb weiterhin gefährdet sein.

Die gesamte Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs von 1983 bis 2009 sei bisher “völlig ungenügend”. Gemäss Amnesty International (AI) wurde zum Beispiel eine Parlamentsdebatte über ein Gesetz gegen das Verschwindenlassen von Personen aus unbekannten Gründen verschoben.

Die Familien von 80’000 “Verschwundenen” wissen seit dem Bürgerkrieg nicht, was mit ihren Angehörigen passiert ist. Und auch sonst seien zahlreiche Versprechen aus dem Wahlkampf kaum oder überhaupt nicht umgesetzt worden. So sei das Antiterrorgesetz (PTA) nach wie vor in Kraft. Dieses erlaubt die 18-monatige Inhaftierung von Verdächtigen ohne Verfahren.

Keine Lippenbekenntnisse mehr

Und obwohl Sri Lanka die Folterkonvention im letzten Dezember ratifiziert habe, gehe der Staat weiterhin nicht aktiv gegen vermeintliche Folterer vor. Menschenrechtethemen müssten deshalb unbedingt in die Absichtserklärung über die Migrationspartnerschaft aufgenommen werden.

Bei Nigeria und Kosovo sei in dieser Hinsicht viel zu wenig gemacht worden. So sei zum Beispiel in Nigeria die Reintergration von Opfern von Menschenhandel “absolut ungenügend geregelt”. Die Gefahr, dass sie wieder vom Menschenhandelsnetzwerk aufgegriffen würden, sei sehr gross. Und in der Partnerschaft mit Kosovo werde der Roma- und der Minderheitenfrage zu wenig Gewicht eingeräumt.

Im Fall von Sri Lanka genügten Lippenbekenntnisse nicht mehr. AI fordert deshalb “massgebliche Fortschritte” im Demokratisierungsprozess, bei der Ausbildung der Polizei und im Justizsystem. Ausserdem müssten die Minderheiten und ihre Rechte anerkannt werden. AI verfüge über Informationen von systematischer Diskriminierung von Tamilen, Christen und Muslimen.

Rajapakse wieder im Aufwind

Für die Menschenrechtsorganisationen steht die Sicherheit der zurückgewiesenen Asylbewerber im Vordergrund. In diesem Zusammenhang gibt die SFH zu bedenken, dass die Zukunftsaussichten des Landes alles andere als klar sind: Denn die Partei des ehemaligen, langjährigen Präsidenten Mahinda Rajapakse befinde sich in der Umfrage zu den Wahlen 2020 bereits wieder im Aufwind.

Die SFH begrüsse zwar die Möglichkeit, dass die Schweiz durch Migrationspartnerschaften positiven Einfluss auf die Herkunftsländer von Schutzsuchenden ausübe, was die Einhaltung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und gute Regierungsführung anbelange.

Doch dafür brauche es klare Kriterien und auch Konsequenzen, wenn sich die Ausgangslage verschlechtere. Bei Bundesamt für Justiz (BJ) hiess es dazu, dass Bedingungen für eine Beendigung dem Charakter der Absichtserklärung widersprechen würden. Doch bei einem Putsch oder einer offenen Konfrontation würde man sich die weitere Zusammenarbeit sicher überlegen.

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