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Pressen statt Brennen: Eine kühle Herstellungsmethode für Keramik

Mit etwas Wasser und hohem Druck erzeugen ETH-Forscher aus Nanopulver kleine Keramikplättchen. ETH Zürich / Peter Rüegg sda-ats

(Keystone-SDA) Ob Backstein oder Porzellanteller: Um Keramik herzustellen, braucht es Temperaturen von über 1000 Grad Celsius. ETH-Forscher stellen ein Verfahren vor, das ohne Brennofen auskommt: Es gelang ihnen, robuste Keramikstücke aus einem Nanopulver zusammenzupressen.

Die Methode lehne sich an die geologische Gesteinsbildung an, erklärte Florian Bouville von der ETH Zürich gemäss einer Mitteilung der Hochschule vom Dienstag. Sedimentgestein entsteht, wenn Sedimente durch die darüber liegenden Schichten unter grossem Druck während Millionen von Jahren verdichtet werden. So wird beispielsweise Kalziumkarbonat zu Kalkstein.

Beim neuen Verfahren geht es zum Glück deutlich schneller: Innerhalb einer Stunde konnten die Forscher aus Kalziumkarbonat-Nanopulver Keramikstücke in der Grösse eines Ein-Franken-Stücks herstellen. Dafür versetzten sie es mit etwas Wasser und pressten es mit einer hydraulischen Presse zusammen. Hitze sei dabei nicht nötig, schrieb die ETH. Einen solchen Prozess bezeichnet man auch als “kaltes Sintern”.

Zehnmal robuster als Beton

Das so erzeugte Material ist zudem sehr robust: Es hält zehnmal höhere Kräfte aus als Beton, bevor es bricht. Ausserdem ist es ähnlich steif wie Stein oder Beton, lässt sich also schlecht verformen, berichten Bouville und Studienleiter André Studart im Fachblatt “Nature Communications”.

“Die Herausforderung ist, für den Verdichtungsprozess einen genügend hohen Druck zu erzielen”, sagte Bouville. “Um grössere Werkstücke herzustellen, sind entsprechend grössere Kräfte nötig.” Kleine Badezimmerfliesen sollten sich mit der Methode aber wahrscheinlich herstellen lassen. Nun gilt es, das Verfahren weiter zu entwickeln für eine breite Anwendung.

Gut für den Klimaschutz

Der grosse Vorteil des Verfahrens sei, dass es viel weniger Energie braucht als das Härten im Brennofen, erklärte Studart gemäss der Mitteilung. Zudem liessen sich damit eventuell dereinst umweltfreundlichere Alternativen zu Zement-Baustoffen herstellen, die weniger Energie benötigen und weniger CO2 produzieren, schrieb die ETH.

Und ein weiterer Pluspunkt für die Technik: Sie könnte sogar als CO2-Senke dienen. Um das Ausgangsmaterial – also das Kalziumkarbonat-Nanopulver – zu erzeugen, liesse sich beispielsweise CO2 aus der Atmosphäre oder aus dem Abgas von Wärmekraftwerken verwenden. So könnte man allenfalls das klimaschädliche CO2 langfristig in Form von Keramik binden.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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