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Sterben als zentrales Thema von Gnädingers letzten Filmen

(Keystone-SDA) Mathias Gnädinger hat im letzten Herbst vor den Dreharbeiten in Japan für einen Kinofilm einen Abschiedsbrief an seine Frau, Kinder und Brüder geschrieben, den diese nach seinem Tod entgegennahmen. “Seid nicht traurig”, lautete die Botschaft darin.

Das sagte sein jüngster Bruder Angelo Gnädinger am Samstag vor den Medien in Zürich. Der Schauspieler, der schon seit längerer Zeit an Herzproblemen litt, war am 5. März zu Hause in Stein am Rhein SH ausgerutscht und hatte sich eine Oberschenkelfraktur zugezogen, die einen Operation nötig machte.

Vor gut zwei Wochen wurde er dann wegen akutem Lungenversagen in die Intensivstation des Zürcher Universitätsspitals eingeliefert. In den letzten Tagen sei er nicht mehr ansprechbar gewesen, sagte sein Bruder. Während seine Frau und die vier Brüder am Karfreitag von den Ärzten über die Krankheit informiert worden sind, ist Mathias Gnädinger gestorben.

“Usfahrt Oerlike” letzter grosser Erfolg

“Er wollte alt werden”, sagte Angelo Gnädinger, seit Längerem habe er sich aber auch mit dem Thema Sterben und Tod auseinandergesetzt. Auch in seinen letzten Filmen ging es ums Sterben, so auch im neusten Kinofilm “Usfahrt Oerlike”.

Mit dem Film von Paul Riniker feierte Gnädinger an den vergangenen Solothurner Filmtagen seinen letzten grossen Erfolg. Er verkörperte Willi, den sein lebensmüder Freund Hans (Jörg Schneider) bittet, ihm beim Sterben zu helfen. “Usfahrt Oerlike” rührte das Publikum in Solothurn derart zu Tränen, dass es den Spielfilm zum “Prix du Public”-Gewinner wählte.

Die Beziehung zum zweiten Hauptdarsteller Jörg Schneider, der nach den Dreharbeiten von einer schweren Erkrankung erfuhr, sei ihm auch sehr wichtig gewesen. Als Willi sagte Gnädinger in “Usfahrt Oerlike” zum Lebensmüden Hans (Schneider): “Ich stirbe na vor dir”.

Und auch die Figur “Louis Lauener”, die Gnädinger in der TV-Serie “Der Bestatter” spielt”, ist in der letzten Folge gestorben. Im letzten Herbst in Japan gedrehten Kinofilm “Der grosse Sommer”, der im Herbst ins Kino kommen soll, geht es ebenfalls ums Altern.

“In die Welt hinaus und zurück in die Heimat”

Angelo Gnädinger, der ein Vierteljahrhundert lang für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) war, erinnert sich an seine Kindheit, wie “Mathis” seinen Brüdern immer wieder Geschichten erzählt hat. Er sei dann – als Schauspieler – als erster in die Welt hinausgegangen, aber immer auch wieder zurück in seine Heimat gekommen. Und dies habe er auch seinen Brüdern empfohlen.

Ganz wichtig für seine Schauspielerkarriere sei dessen Onkel und Künstler Josef (Seppel) Gnädinger gewesen. Dieser habe ihn als Regisseur des Dorftheaters erstmals auftreten lassen und ihn dann später an der Schauspielschule in Zürich angemeldet. Die Beziehung zu Seppel sei ein Leben lang wichtig geblieben.

Bauer, Bösewicht und Kommissär

Bekannt ist der Schaffhauser Gnädinger auch aus dem Fernsehen. Seine letzte Rolle hatte er in der Serie “Bestatter” inne. Er spielt den Bösewicht Louis Lauener, der dem detektivischen Bestatter Luc Conrad (Mike Müller) das Leben schwer macht.

Seine bekanntesten Rollen spielte Gnädinger in Filmen wie “Die plötzliche Einsamkeit des Konrad Steiner” (1976), “Das Boot ist voll” (1981), “Leo Sonnyboy” (1989), “Reise der Hoffnung” (1990). und “Sternenberg” (2004). Insgesamt spielte Gnädinger rund 130 Bühnenrollen. Zudem machte er ab 1968 in 60 Kino- und TV-Filmen mit.

In der Fernseh-Serie “Lüthi & Blanc” (2002-2007) spielte er den Bauern Ruedi. Als Schaffhauser Dialekt sprechender, immer wieder mal Kraftausdrucke gebrauchender und in Basel ermittelnder Kommissär Hunkeler war er in der Serie “Hunkeler” (2004-2012) zu sehen. Mehrere Male trat Gnädinger auch in der Krimi-Serie “Tatort” auf.

Der 1941 in Ramsen SH geborene Gnädinger erhielt für sein Schaffen zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1985 den Zürcher Filmpreis. 2012 ehrte ihn das Schweizer Fernsehen mit dem Lifetime Award für sein Lebenswerk (2012). Die grossen Schauspiel-Ehren – Hans-Reinhart-Ring und Prix Walo (1996) sowie den Schweizer Filmpreis (2003 für “Big Deal”) – erhielt er relativ spät.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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