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“Costa”-Kapitän bittet um Verzeihung – und nennt sich Opfer

(Keystone-SDA) Der schwer beschuldigte Kapitän der “Costa Concordia”, Francesco Schettino, hat alle Betroffenen der Schiffskatastrophe um Entschuldigung gebeten. Er sieht sich selbst auch als Opfer.

“Meine Trauer, meine aufrichtigsten Gefühle gelten den Personen, die leider nicht mehr sind”, sagte Schettino am Dienstagabend in einem Interview mit dem Fernsehsender Canale 5. Bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffes der Reederei Costa Crociere vor der Insel Giglio waren am 13. Januar 30 Menschen umgekommen.

“Ich habe nie gedacht, dass so etwas passieren könnte”, erklärte Schettino, der sich selbst ein “Opfer dieses ganzen Systems” nannte: “Es ist, als hätte es in allen Köpfen und auch in den Instrumenten einen black-out gegeben.”

Er habe die manuelle Navigation angeordnet und nicht mehr das Kommando gehabt, denn die Richtung sei vorgegeben gewesen. Das Kreuzfahrtschiff war in der Unglücksnacht vor knapp sechs Monaten zu nahe an die Insel herangefahren, hatte einen Felsen gerammt und war mit mehr als 4200 Menschen an Bord gekentert.

Von Anruf abgelenkt

Schettino bezeichnete die Havarie als einen “banalen Unfall”. Sollte ihn eine Schuld treffen, dann bestehe diese darin, unkonzentriert gewesen zu sein. Er war nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt des Unglücks von einem Telefonanruf abgelenkt.

Ansonsten habe er sich nicht viel anderes vorzuwerfen, sagte er: “Am Ende ist es mir gelungen, einen frontalen Aufprall zu verhindern.” Während der Evakuierung kam Schettino an Land.

Es ihm dann unmöglich gewesen, zum Schiff zurückzukehren, wie es der Offizier der Küstenwache, Gregorio De Falco, wiederholt vom ihm telefonisch verlangt hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kapitän unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen seines Schiffes während der nächtlichen Evakuierung vor.

Kritik an Canale 5

Das Schettino-Interview löste im Internet eine Welle der Kritik aus, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. So habe es die Aufforderung gegeben, die Sendung zu boykottieren.

In Blogs sei auch von einem Honorar von mindestens 50’000 Euro für Schettino die Rede gewesen. Die Verantwortlichen der Sendereihe haben diese Angaben dementiert. Vergangene Woche hatte ein italienisches Gericht Schettino aus dem Hausarrest entlassen.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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