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Bauernverband für faire Preise oder Orientierung an Direktzahlungen

(Keystone-SDA) Der Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV), Markus Ritter, hat Migros-Chef Herbert Bolliger scharf kritisiert. Die Klagen an die Adresse der Bauern dienten nur dazu, die Produzentenpreise weiter zu drücken und die eigene Marge zu erhöhen.

An der Neujahresmedienkonferenz des SBV am Dienstag in Diemerswil BE sagte Ritter, Bolliger habe in einem Interview kurz vor Weihnachten die Landwirtschaft frontal angegriffen und behauptet, es sei die Schuld der zu hohen Produzentenpreise – zum Beispiel beim Fleisch in der Schweiz – dass der Einkaufstourismus floriere.

Tatsache sei aber: Die Schweizer Bauern könnten ihre Tiere gratis abgeben und das Fleisch wäre in der Schweiz immer noch teurer als in Deutschland, sagte Ritter gemäss Redetext.

Eigene Marge erhöhen

Vom höheren Umwelt- und Tierschutzniveau der einheimischen Landwirtschaft wolle er gar nicht sprechen. Kosmetik- und Pflegeprodukte seien in der Schweiz mehr als doppelt so teuer als in Deutschland und dies bei komplett identischen Produkten.

Aber darüber klage der Migros-Chef nicht, sagte Ritter weiter. Der Grund dafür sei, dass der Detailhandel von hohen Preisen profitiere und die höhere Schweizer Kaufkraft gerne abschöpfe. Die Klagen an die Adresse der Bauern dienten nur dazu, die Produzentenpreise weiter zu drücken um die eigene Marge zu erhöhen.

So hätten die Bauern vor 25 Jahren die besseren Preise als heute erhalten, und dies trotz Teuerung. Der Kunde habe damals aber weniger für das Fleisch bezahlt.

Gerade mal 25 Rappen, oder wenn man dem Bundesrat glaube 20 Rappen, eines Konsumentenfrankens fürs Lebensmittel landeten heute durchschnittlich beim Produzenten. Vor 25 Jahren seien es noch knapp 40 Prozent gewesen. Das gebe ihm zu denken, sagte der St. Galler CVP-Nationalrat Ritter.

Faire Preise gefordert

Wenn die Bauern nicht mehr verdienten, dann hätten sie auch keine Perspektive. Die Forderung nach fairen Preisen höre man oft im Zusammenhang mit Entwicklungsländern. Faire Preise und ein angemessener Teil an der Wertschöpfung seien aber auch in der Schweiz eine zentrale Forderung.

Denn sinkende Erlöse bei steigenden Kosten würden die Bauernfamilien dazu zwingen, sich mehr und mehr an einem anderen Markt zu orientieren: jenem der Direktzahlungen.

Der Bauernverband möchte dies ändern. Um die Wertschöpfung auf Stufe der Produktion zu verbessern, seien vier Achsen notwendig: dem Importdruck entgegenhalten, die Konsumenten begeistern, die Produkte der Schweizer Landwirtschaft unersetzlich machen und die Landwirtschaft auf Augenhöhe der Abnehmer bringen.

Keine Chance im Vergleich mit Ausland

Bei den Importzöllen und -kontingenten handle es sich um eine der wirkungsvollsten agrarpolitischen Massnahmen. Ohne gehe es nicht: Die Schweizer Landwirtschaft habe keine Chance, im aktuellen Kostenumfeld preislich mit dem Ausland mitzuhalten.

Der Konsument kenne die Vorzüge und Vorteile der Schweizer Produktion. Diese seien ihm wichtig und deshalb achte er beim Einkauf gezielt auf die Herkunft Schweiz. Neben viel Kommunikationsarbeit müssten Schweizer Produkte klar gekennzeichnet und als solche erkennbar sein.

Während viele Konsumenten bei Frischprodukten auf die Herkunft achteten, spiele diese bei Verarbeitungsprodukten eine geringere Rolle. Umso wichtiger sei es, dass Produkte mit ausschliesslich Schweizer Rohstoffen auch als solche erkannt würden und beim Einkauf bevorzugt werden könnten.

Die Landwirtschaft auf Augenhöhe der Abnehmer zu bringen, sei die schwierigste Achse. Gerade das Beispiel des Milchmarkts zeige, wie schwach die Position der Produzenten innerhalb der Lebensmittelwertschöpfungskette sei.

Die Koordination zwischen den Produzenten müsse verbessert und eine gemeinsame Stossrichtung definiert werden, um gegenüber den Marktpartnern geeint und stark auftreten zu können. Dazu sei 2014 eine neue Koordinationsgruppe Markt geschaffen worden.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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