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Baumeister lehnen Verhandlungen über neuen GAV vorderhand ab

(Keystone-SDA) Der Zwist zwischen den Baumeistern und den Gewerkschaften spitzt sich zu: Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) lehnt Verhandlungen über einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ab.

Stattdessen soll der bestehende Vertrag über das laufende Jahr hinaus verlängert werden. Stein des Anstosses für die Baumeister ist die Fachstelle “Risikoanalyse” der Gewerkschaft Unia.

Mit dieser Fachstelle unterlaufe die Unia den sozialpartnerschaftlichen Vollzug, also die Anwendung und die Kontrolle des Gesamtarbeitsvertrags, schreibt der Verband in einer Mitteilung am Dienstag.

Die Unia hatte die “Fachstelle Risikoanalyse” Anfang 2013 geschaffen, um für Baufirmen zu überprüfen, ob deren Subunternehmen Lohndumping begehen. Nötig sind solche Abklärungen, weil seit Mitte 2013 Bauunternehmen auch für Unternehmen haften, die in ihrem Auftrag arbeiten.

Umstrittene Fachstelle

Die Fachstelle ist der Bauwirtschaft seit längerem ein Dorn im Auge. In einem Gutachten Anfang April war der Zürcher Rechtsprofessor Urs Saxer zum Schluss gelangt, dass die Unia einem Interessenkonflikt ausgesetzt sei, der den Vollzug des GAV im Baugewerbe unterlaufe.

Konkret kritisierte Saxer den Umstand, dass die Gewerkschaft für Dritte Baufirmen abklärt, bei denen sie gleichzeitig als Mitglied der paritätischen Kommission die Einhaltung des GAV überwacht. Ein unbefangener, unabhängiger Vollzug der Gesamtarbeitsverträge sei damit nicht gewährleistet.

Diesen Vorwurf will die Unia nicht auf sich sitzen lassen. Die Gewerkschaften hätten dem SBV bereits mehrere Verhandlungstermine vorgeschlagen, welche allesamt abgelehnt worden seien, schreibt die Unia in einer gemeinsamen Mitteilung mit der Gewerkschaft Syna am Dienstag. Mehrmals hätten die Gewerkschaften den Baumeistern angeboten, gemeinsam wirksam gegen Lohndumping vorzugehen, was diese jedoch abgelehnt hätten.

Gewerkschaften lehnen Verlängerung ab

Damit der Vertragsschutz bei einer allfälligen Verlängerung des bestehenden GAV weiterhin für alle Bauarbeiter gilt, muss der GAV vom Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt werden. Dies setzt allerdings die Zustimmung der Gewerkschaften voraus.

Er könne sich nicht vorstellen, dass eine Gewerkschaft, die sich ernsthaft für ihre Arbeitnehmer einsetzt, sich da querstelle, wird Gian-Luca Lardi, der Zentralpräsident des Verbands in der Mitteilung des SBV zitiert.

Die Gewerkschaften sehen dies freilich anders. Eine Verlängerung des Vertrags ohne die dringenden Probleme zu lösen, komme nicht in Frage. Insbesondere fordern Unia und Syna mehr Schutz für die Bauarbeiter, vor allem bei Schlechtwetter. Zudem müsse die Rente mit 60 gesichert werden, was von verschiedenen Baumeistern derzeit in Frage gestellt werde.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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